Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit und daß man es so zu sagen greiffen kan/ ver-mehret oder verringert/ das wird auch von denen Unvernünfftigsten für gut oder böse gehalten: Wo aber die Wirckung der Vermehrung oder Verringerung nicht so augenscheinlich zu spüh- ren/ oder auff die Applicirung der äußerlichen Dinge an den Menschen langsam erfolget/ das betrachten die Unweisen nicht/ da hingegentheil einer der das wahre Gute auffrichtig suchet/ sich darumb eyfferig bekümmert/ weil er verspüh- ret/ daß durch Unterlassung dieser hochnöthigen Untersuchung dem menschlichen Leben der gröste Schade geschiehet. 27. Denn es gehet dißfalls fast eben so zu/ wie 28. Derowegen muß bald Anfangs ein junger es
Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit und daß man es ſo zu ſagen greiffen kan/ ver-mehret oder verringert/ das wird auch von denen Unvernuͤnfftigſten fuͤr gut oder boͤſe gehalten: Wo aber die Wirckung der Vermehrung oder Verringerung nicht ſo augenſcheinlich zu ſpuͤh- ren/ oder auff die Applicirung der aͤußerlichen Dinge an den Menſchen langſam erfolget/ das betrachten die Unweiſen nicht/ da hingegentheil einer der das wahre Gute auffrichtig ſuchet/ ſich darumb eyfferig bekuͤmmert/ weil er verſpuͤh- ret/ daß durch Unterlaſſung dieſer hochnoͤthigen Unterſuchung dem menſchlichen Leben der groͤſte Schade geſchiehet. 27. Denn es gehet dißfalls faſt eben ſo zu/ wie 28. Derowegen muß bald Anfangs ein junger es
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Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
und daß man es ſo zu ſagen greiffen kan/ ver-
mehret oder verringert/ das wird auch von denen
Unvernuͤnfftigſten fuͤr gut oder boͤſe gehalten:
Wo aber die Wirckung der Vermehrung oder
Verringerung nicht ſo augenſcheinlich zu ſpuͤh-
ren/ oder auff die Applicirung der aͤußerlichen
Dinge an den Menſchen langſam erfolget/ das
betrachten die Unweiſen nicht/ da hingegentheil
einer der das wahre Gute auffrichtig ſuchet/
ſich darumb eyfferig bekuͤmmert/ weil er verſpuͤh-
ret/ daß durch Unterlaſſung dieſer hochnoͤthigen
Unterſuchung dem menſchlichen Leben der groͤſte
Schade geſchiehet.
27. Denn es gehet dißfalls faſt eben ſo zu/ wie
mit der Erkaͤntniß der Wahrheit und denen
Jrrthuͤmern. Was unmittelbahr durch die
Sinnen begriffen wird oder denenſelben zuwider
iſt/ das begꝛeiffen ja auch die jenigen die ungelehꝛt
ſeyn/ und die noch in denen Præjudiciis ſtecken/
was aber die aus unſtreitigen Warheiten herge-
leitete entfernete oder wahrſcheinliche Lehrſaͤtze
anlanget/ darzu iſt die behutſame Attention ei-
nes weiſen Mannes alleine geſchickt.
28. Derowegen muß bald Anfangs ein junger
Menſch/ der in Erkaͤntniß des Guten und Boͤſen
was rechtſchaffenes thun wil/ dieſes was wir bis-
her demonſtriret/ als einen ohnzweiffelhafften
Grund feſte ſetzen/ daß das jenige alleine gut
ſey/ was des Menſchen Weſen und Kraͤffte
am dau erhaffteſten erhaͤlt/ und vermehret/
es
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