Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 9. H. von der vernünfftigen Liebe de man nicht sagen können/ daß zwischen Herrnund Knecht eine allgemeine Liebe zu finden sey/ die doch/ wie wir oben erwehnet/ allezeit bey dieser Gesellschafft angetroffen werden soll. 23. Jst nun der Herr und Knecht so glücklich/ 24. Endlich was die bürgerliche Gesell- und
Das 9. H. von der vernuͤnfftigen Liebe de man nicht ſagen koͤnnen/ daß zwiſchen Herrnund Knecht eine allgemeine Liebe zu finden ſey/ die doch/ wie wir oben erwehnet/ allezeit bey dieſer Geſellſchafft angetroffen werden ſoll. 23. Jſt nun der Herr und Knecht ſo gluͤcklich/ 24. Endlich was die buͤrgerliche Geſell- und
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Das 9. H. von der vernuͤnfftigen Liebe
de man nicht ſagen koͤnnen/ daß zwiſchen Herrn
und Knecht eine allgemeine Liebe zu finden ſey/
die doch/ wie wir oben erwehnet/ allezeit bey dieſer
Geſellſchafft angetroffen werden ſoll.
23. Jſt nun der Herr und Knecht ſo gluͤcklich/
daß ſie befinden/ daß ihre Gemuͤther einander
gleichfoͤrmig ſind/ und auf beyden Theilen nach
der Tugend trachten/ oder die Tugend allbereit
in gleichen Grad beſitzen; ſo kan es nicht fehlen/
ſie muͤſſen ſich ſo dann durch eine naͤhere Ver-
einigung in den Stand einer abſonderlichen
vernuͤnfftigen Liebe/ zu ſetzen trachten. Und
dieſes geſchicht auf keine andere Weiſe/ als daß
ſie uͤber die Dienſte der Leutſeeligkeit einander
Wechſels-Weiſe durch muͤhſame oder koſtbare
Gutthaten ihr Verlangen dißfalls zu erkennen
geben. Weßhalben auch nicht zu zweiffeln/ daß
ein Knecht/ er ſey ſo leibeigen als er wolle/
dennoch vermoͤgend ſey/ ſeinem Herrn viel-
faͤltige Gutthaten zu erweiſen/ wie ſolches
Seneca in ſeinen Buͤchern von Gutthaten weit-
laͤufftig ausgefuͤhret/ und die dißfalls ſich ereigne-
ten Zweiffel gruͤndlich und gelehrt eroͤrtert hat.
24. Endlich was die buͤrgerliche Geſell-
ſchafft anlanget/ ſo bezeugen die Regeln allge-
meiner Liebe ebenmaͤßig/ daß diejenige unmoͤg-
lich vernuͤnfftig ſeyn koͤnne/ worinnen der Fuͤrſte
den Unterthanen/ und dieſe hinwiederum dem
Fuͤrſten die Dienſte der Leutſeeligkeit/ Wahr-
hafftigkeit/ Beſcheidenheit/ Vertraͤgligkeit
und
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