Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 9. H. von der vernünfftigen Liebe sagten Gesellschafften sich befinden solle/ son-dern daß die Liebe in allen dene nselben solle gleichsam das Regiment führen/ und der Be- fehl und Zwang ihr nur an die Hand gehen müsse/ nicht zwar Liebe durch Zwang und Be- fehl zu erwecken/ welches ohnmöglich/ sondern die Liebe wider den Haß und dessen Beleydigun- gen zu beschützen. Und also höret der Befehl und der Zwang nothwendig in diesen Gesellschafften auf/ oder man braucht ihn zum wenigsten nicht/ wenn die Menschen in denenselbigen der Liebe freywillig Platz geben. 7. Jedoch obschon der Befehl und Zwang 8. Nemlich/ wenn man obbesagte vier Ge- und
Das 9. H. von der vernuͤnfftigen Liebe ſagten Geſellſchafften ſich befinden ſolle/ ſon-dern daß die Liebe in allen dene nſelben ſolle gleichſam das Regiment fuͤhren/ und der Be- fehl und Zwang ihr nur an die Hand gehen muͤſſe/ nicht zwar Liebe durch Zwang und Be- fehl zu erwecken/ welches ohnmoͤglich/ ſondern die Liebe wider den Haß und deſſen Beleydigun- gen zu beſchuͤtzen. Und alſo hoͤret der Befehl und der Zwang nothwendig in dieſen Geſellſchafften auf/ oder man braucht ihn zum wenigſten nicht/ wenn die Menſchen in denenſelbigen der Liebe freywillig Platz geben. 7. Jedoch obſchon der Befehl und Zwang 8. Nemlich/ wenn man obbeſagte vier Ge- und
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Das 9. H. von der vernuͤnfftigen Liebe
ſagten Geſellſchafften ſich befinden ſolle/ ſon-
dern daß die Liebe in allen dene nſelben ſolle
gleichſam das Regiment fuͤhren/ und der Be-
fehl und Zwang ihr nur an die Hand gehen
muͤſſe/ nicht zwar Liebe durch Zwang und Be-
fehl zu erwecken/ welches ohnmoͤglich/ ſondern
die Liebe wider den Haß und deſſen Beleydigun-
gen zu beſchuͤtzen. Und alſo hoͤret der Befehl und
der Zwang nothwendig in dieſen Geſellſchafften
auf/ oder man braucht ihn zum wenigſten nicht/
wenn die Menſchen in denenſelbigen der Liebe
freywillig Platz geben.
7. Jedoch obſchon der Befehl und Zwang
zu keiner von dieſen vier Geſellſchafften gehoͤ-
ret/ wenn man dererſelben Endzweck an und fuͤr
ſich ſelbſt betrachtet; ſo iſt doch derſelbige mit
einer Geſellſchafft mehr verknuͤpfft als mit
der andern/ und wird ſolcher Geſtalt nicht un-
fuͤglich geſagt werden koͤnnen/ daß gleichwie die
Liebe zu dem Weſen aller Geſellſchafften
gehoͤre/ alſo hingegentheil der Zwang zufaͤlli-
ger Weiſe in etliche Geſellſchafften gerathen/ bey
etlichen aber gleichſam einen Theil des We-
ſens derſelben mache.
8. Nemlich/ wenn man obbeſagte vier Ge-
ſellſchafften ein wenig gegen einander haͤlt/ ſo
wird man gar bald befinden/ daß zwey von de-
nenſelben unter dem menſchlichen Geſchlecht in
Schwange gehen wuͤrden/ wenn gleich alle Men-
ſchen tugendhafft waͤren/ und einander liebten/
und
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 358[354]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/386>, abgerufen am 04.03.2025. |