Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.vernünfftigen Liebe überhaupt. Güter eine grosse und ungerechte Ungleich-heit zwischen faulen und arbeitsamen Leu- ten zugleich eingeführet werden müsse/ indem er gantz offenbahrlich gewiesen/ wie gar leichte es anzustellen sey/ daß auch bey der Geweinschafft der Güter das gantze Volck gleiche Arbeit und gleiche Ruhe oder Zeitvertreib habe/ wenn nur der Müßigang als eines der schändlichsten und schädlichsten Laster scharff gestraffet werde. 94. Jch wil davon nichts erwehnen/ daß die 95. Aber sprichst du/ wenn das Eigenthum die
vernuͤnfftigen Liebe uͤberhaupt. Guͤter eine groſſe und ungerechte Ungleich-heit zwiſchen faulen und arbeitſamen Leu- ten zugleich eingefuͤhret werden muͤſſe/ indem er gantz offenbahrlich gewieſen/ wie gar leichte es anzuſtellen ſey/ daß auch bey der Geweinſchafft der Guͤter das gantze Volck gleiche Arbeit und gleiche Ruhe oder Zeitvertreib habe/ wenn nur der Muͤßigang als eines der ſchaͤndlichſten und ſchaͤdlichſten Laſter ſcharff geſtraffet werde. 94. Jch wil davon nichts erwehnen/ daß die 95. Aber ſprichſt du/ wenn das Eigenthum die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb n="307[303]" facs="#f0335"/><fw type="header" place="top">vernuͤnfftigen Liebe uͤberhaupt.</fw><lb/><hi rendition="#fr">Guͤter eine groſſe und ungerechte Ungleich-<lb/> heit zwiſchen faulen und arbeitſamen Leu-<lb/> ten zugleich eingefuͤhret werden muͤſſe/</hi> indem<lb/> er gantz offenbahrlich gewieſen/ wie gar leichte es<lb/> anzuſtellen ſey/ daß auch bey der Geweinſchafft<lb/> der Guͤter das gantze Volck gleiche Arbeit und<lb/> gleiche Ruhe oder Zeitvertreib habe/ wenn nur<lb/> der Muͤßigang als eines der ſchaͤndlichſten und<lb/> ſchaͤdlichſten Laſter ſcharff geſtraffet werde.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>94.</head> <p>Jch wil davon nichts erwehnen/ daß die<lb/><hi rendition="#fr">Faulheit</hi> und der <hi rendition="#fr">Muͤßiggang</hi> die groͤſſeſten<lb/> Anzeigungen <hi rendition="#fr">unvernuͤnfftiger Menſchen ſeyn/</hi><lb/> und daß das gemeine Weſen nicht wohl beſtellet<lb/> ſeyn muͤſſe/ wenn viel Faullentzer und Muͤßiggaͤn-<lb/> ger darinnen ſeyn. Der Menſch iſt zur Arbeit<lb/> geſchaffen. Die Arbeit erhaͤlt ſeine Geſundheit/<lb/> verlaͤngert ſein Leben/ ja ſie macht ihn nicht allein<lb/> geſchickt/ alle rechtſchaffene wahre Luſt zu ſchme-<lb/> cken/ und zu genieſſen/ ſondern ſie giebt ihm auch<lb/> das groͤſte Vergnuͤgen/ indem ſie ihm die Zeit nie-<lb/> mahlen lang werden laͤſt. Derowegen iſt es un-<lb/> moͤglich/ daß die Gemeinſchafft der Guͤter faule<lb/> Leute machen koͤnne/ weil ſie unter niemand als<lb/> vernuͤnfftigen Perſonen ſtatt haben ſol.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>95.</head> <p>Aber ſprichſt du/ <hi rendition="#fr">wenn das Eigenthum<lb/> aufgehoben iſt/ ſo iſt alle Gutthaͤtigkeit auf-<lb/> gehoben/</hi> weil ich die Gutthaͤtigkeit darinnen aus-<lb/> uͤbe/ wenn ich dem andern von meinen Guͤtern<lb/> was anſehnliches mittheile/ nicht aber wenn ich<lb/> ihm die gemeinen Guͤter genieſſen laſſe. Jſt denn<lb/> <fw type="catch" place="bottom">die</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307[303]/0335]
vernuͤnfftigen Liebe uͤberhaupt.
Guͤter eine groſſe und ungerechte Ungleich-
heit zwiſchen faulen und arbeitſamen Leu-
ten zugleich eingefuͤhret werden muͤſſe/ indem
er gantz offenbahrlich gewieſen/ wie gar leichte es
anzuſtellen ſey/ daß auch bey der Geweinſchafft
der Guͤter das gantze Volck gleiche Arbeit und
gleiche Ruhe oder Zeitvertreib habe/ wenn nur
der Muͤßigang als eines der ſchaͤndlichſten und
ſchaͤdlichſten Laſter ſcharff geſtraffet werde.
94. Jch wil davon nichts erwehnen/ daß die
Faulheit und der Muͤßiggang die groͤſſeſten
Anzeigungen unvernuͤnfftiger Menſchen ſeyn/
und daß das gemeine Weſen nicht wohl beſtellet
ſeyn muͤſſe/ wenn viel Faullentzer und Muͤßiggaͤn-
ger darinnen ſeyn. Der Menſch iſt zur Arbeit
geſchaffen. Die Arbeit erhaͤlt ſeine Geſundheit/
verlaͤngert ſein Leben/ ja ſie macht ihn nicht allein
geſchickt/ alle rechtſchaffene wahre Luſt zu ſchme-
cken/ und zu genieſſen/ ſondern ſie giebt ihm auch
das groͤſte Vergnuͤgen/ indem ſie ihm die Zeit nie-
mahlen lang werden laͤſt. Derowegen iſt es un-
moͤglich/ daß die Gemeinſchafft der Guͤter faule
Leute machen koͤnne/ weil ſie unter niemand als
vernuͤnfftigen Perſonen ſtatt haben ſol.
95. Aber ſprichſt du/ wenn das Eigenthum
aufgehoben iſt/ ſo iſt alle Gutthaͤtigkeit auf-
gehoben/ weil ich die Gutthaͤtigkeit darinnen aus-
uͤbe/ wenn ich dem andern von meinen Guͤtern
was anſehnliches mittheile/ nicht aber wenn ich
ihm die gemeinen Guͤter genieſſen laſſe. Jſt denn
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/335 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 307[303]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/335>, abgerufen am 04.03.2025. |