Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.vernünfftigen Liebe überhaupt. Menschen sich nicht schicke. So weiset es auchdie Kirchen Historie/ daß bey dem Anfang des Christenthums/ als die Christliche Liebe annoch ihte gehörige Brünstigkeit gehabt/ auch alle Gü- ter unter denen ersten Christen gemein ge- wesen. Jedoch wollen wir dieses Letzte allhier nicht als den stärcksten Beweißthum anführen/ theils weil die Christliche Liebe viel edler ist als die vernünfftige liebe/ von der wir alleine in dieser Sitten-Lehre handeln/ theils weil unterschiedene Gelehrte der Meinung sind/ daß unter denen er- sten Christen nicht eben alle Güter gemein gewe- sen; Welchen Streit ausführlich zu erörtern/ an- jetzo nicht unsers Vorhabens ist. 84. So wollen wir uns auch nicht des An- 85. Und T 5
vernuͤnfftigen Liebe uͤberhaupt. Menſchen ſich nicht ſchicke. So weiſet es auchdie Kirchen Hiſtorie/ daß bey dem Anfang des Chriſtenthums/ als die Chriſtliche Liebe annoch ihte gehoͤrige Bruͤnſtigkeit gehabt/ auch alle Guͤ- ter unter denen erſten Chriſten gemein ge- weſen. Jedoch wollen wir dieſes Letzte allhier nicht als den ſtaͤrckſten Beweißthum anfuͤhren/ theils weil die Chriſtliche Liebe viel edler iſt als die vernuͤnfftige liebe/ von der wir alleine in dieſer Sitten-Lehre handeln/ theils weil unterſchiedene Gelehrte der Meinung ſind/ daß unter denen er- ſten Chriſten nicht eben alle Guͤter gemein gewe- ſen; Welchen Streit ausfuͤhrlich zu eroͤrtern/ an- jetzo nicht unſers Vorhabens iſt. 84. So wollen wir uns auch nicht des An- 85. Und T 5
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vernuͤnfftigen Liebe uͤberhaupt.
Menſchen ſich nicht ſchicke. So weiſet es auch
die Kirchen Hiſtorie/ daß bey dem Anfang des
Chriſtenthums/ als die Chriſtliche Liebe annoch
ihte gehoͤrige Bruͤnſtigkeit gehabt/ auch alle Guͤ-
ter unter denen erſten Chriſten gemein ge-
weſen. Jedoch wollen wir dieſes Letzte allhier
nicht als den ſtaͤrckſten Beweißthum anfuͤhren/
theils weil die Chriſtliche Liebe viel edler iſt als die
vernuͤnfftige liebe/ von der wir alleine in dieſer
Sitten-Lehre handeln/ theils weil unterſchiedene
Gelehrte der Meinung ſind/ daß unter denen er-
ſten Chriſten nicht eben alle Guͤter gemein gewe-
ſen; Welchen Streit ausfuͤhrlich zu eroͤrtern/ an-
jetzo nicht unſers Vorhabens iſt.
84. So wollen wir uns auch nicht des An-
ſehens des Plato bedienen/ welcher/ wie bekant iſt/
zu der Vollkommenheit des geweinen Weſens
erfordert/ daß alle Dinge in demſelben gemein
ſeyn ſolten/ ſo wohl weil dieſer etwas zu weit ge-
het/ und dieſe Gemeinſchafft auch auf die Ge-
meinſchafft der Weiber erſtrecket/ davon wir
im letzten Hauptſtuͤck etwas vernehmen wollen/
(wiewohl ein gelehrter Mann unſerer Zeit nicht
ohne Wahrſcheinlichkeit den Plato disfalls ver-
theidiget/ oder vielmehr entſchuldiget) theils weil
wir nicht gewohnet ſind zu Behauptung unſerer
Lehren uns der Autoritaͤt einiges Menſchen zu be-
dienen. Genug iſt es/ daß wir dieſelbe allbereit
aus dem Weſen der Liebe ſelbſt klar und deutlich
hergeleitet haben.
85. Und
T 5
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