Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.vernüufftigen Liebe überhaupt. ren benöthiget sind. Man wünschet denen an-dern ein grosses Unglück oder Verdruß an Halß/ daß man seine milde und Gutthätigkeit an ihm bezeigen/ und sie dadurch uns verpflichten möge. 73. Letzlich weil die unvernünfftige Liebe alle- 74. Und also verstehestu nunmehro/ worumb zu T 2
vernuͤufftigen Liebe uͤberhaupt. ren benoͤthiget ſind. Man wuͤnſchet denen an-dern ein groſſes Ungluͤck oder Verdruß an Halß/ daß man ſeine milde und Gutthaͤtigkeit an ihm bezeigen/ und ſie dadurch uns verpflichten moͤge. 73. Letzlich weil die unvernuͤnfftige Liebe alle- 74. Und alſo verſteheſtu nunmehro/ worumb zu T 2
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vernuͤufftigen Liebe uͤberhaupt.
ren benoͤthiget ſind. Man wuͤnſchet denen an-
dern ein groſſes Ungluͤck oder Verdruß an
Halß/ daß man ſeine milde und Gutthaͤtigkeit an
ihm bezeigen/ und ſie dadurch uns verpflichten
moͤge.
73. Letzlich weil die unvernuͤnfftige Liebe alle-
zeit auff ein unruhiges Vergnuͤgen gegruͤndet iſt/
ſo erweiſet man auch dem andern ſolche Liebes-
Dienſte am liebſten/ die der Tugend zuwider
ſeyn/ und die Gemuͤths-Ruhe ſtoͤhren/ theils da-
mit wir den Freund zu gleichmaͤßigen unruhigen
Dienſten wiederbrauchen koͤnnen; theils weil
wir aus deren Begehren ſpuͤhren/ daß er uns
gleich ſeyn muͤſſe. Ja wenn man ſiehet/ daß der-
ſelbe/ weil er nicht ſo unvernuͤnfftig iſt als wir/ ſich
ſchaͤmet/ dieſelben von uns zu begehren/ ſo friſchet
man ihn deſto mehr darzu an/ und wenn er hinge-
gentheil was loͤbliches von uns verlanget/ lachet
man ihn aus als einen unverſtaͤndigen Menſchen/
oder hintergehet ihn ſonſten/ in dem man aller-
hand Erfindungen hervor ſucht/ ihm ſein Begeh-
ren unter einem Schein abzuſchlagen.
74. Und alſo verſteheſtu nunmehro/ worumb
wir oben in Beſchreibung der Gutthaͤtigkeit ge-
dacht/ daß man dieſelbe ohne Begehꝛung eini-
ges Entgeldts verrichten muͤſſe/ weil wir nem-
lich in derſelben nicht unſer Intereſſe, ſondern das
Vergnuͤgen der geliebten Perſon ſuchen. Wir
ſuchen ja dadurch das allbereit gewonnene Hertze
unſers Freundes immer naͤher und naͤher mit uns
zu
T 2
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