Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 6. Hauptst von der absonderlichen von unterschiedenen Geschlechte seyn. n. 5. GemeinerUnterscheid zwischen der Freundschaffe und Liebe. n. 6. Die Liebe hat nicht eben die Vermischung der Leiber von nöthen/ und die Freundschafft/ kan nicht ohne Ver- einigung der Seelen bestehen. n. 7. Wegen der allge- meinen bösen Exempel pfleget man in beyden Stücken das Gegentheil zu verthäydigen. n. 8. Vernünfftige Freundschafft und Liebe haben allgemeine Reguln/ und die Zuläßigkeit der Liebe dependiret nicht alleine vom E- hestande. n. 9. Vnvernünfftiger allgemeiner Gebrauch/ die Conversation zweyer Personen von unterschie- denen Geschlecht betreffend. n. 10. Nothwendige und wahrhafftige gute Dinge/ sollen wegen Befahrung des Mißbrauchs nicht abgeschafft werden. n. 11. Die ver- botene vertrauliche Converlation des männlichen und weiblichen Geschlechtes reitzet vielmehr zu unordentli- cher Liebe an/ n. 12. und befördert sie vielmehr/ als daß sie sie hindert. n. 13. Gelegenheit macht Diebe n. 14. aber Gelegenheit probiret auch einen ehrlichen Kerl. n. 15. Die verstatteten öffentlichen Conversationes zwischen M. und W. sind irraisonabel n. 16. und das z. e. ein Lauteniste mehr Freyheit hat/ als sonst ein an- derer tugendhaffter Mensch. n. 17. Unser Mißtrauen gegen die unserigen treibet sie destomehr an solches zu verdienen. n. 18. Die Liebe erfordert zum wenigsten zweyer Seelen Veneinigung/ aber je mehr einan- der lieben/ je vernünfftiger ist es. n. 19. Es ist unvernünfftig jemand zu hassen/ daß er das liebet was wir lieben/ oder daß es neben uns jemaud anders liebet; Denn es ist nicht in unsern Vermögen der Lie- be zu widerstehen. n. 20. Ein anderer hat eben das Recht als wir dasjenige zu lieben was uns gefället/ und seine Liebe bringet uns mehr Nutzen als Schaden. n. 21. Und die Person die neben uns jemand anders liebet/ ist entweder zu loben oder zu verachten/ niemahlen aber zu hassen. n. 22. Was Tugendliebende Personen heissen
Das 6. Hauptſt von der abſonderlichen von unterſchiedenen Geſchlechte ſeyn. n. 5. GemeinerUnterſcheid zwiſchen der Freundſchaffe und Liebe. n. 6. Die Liebe hat nicht eben die Vermiſchung der Leiber von noͤthen/ und die Freundſchafft/ kan nicht ohne Ver- einigung der Seelen beſtehen. n. 7. Wegen der allge- meinen boͤſen Exempel pfleget man in beyden Stuͤcken das Gegentheil zu verthaͤydigen. n. 8. Vernuͤnfftige Freundſchafft und Liebe haben allgemeine Reguln/ und die Zulaͤßigkeit der Liebe dependiret nicht alleine vom E- heſtande. n. 9. Vnvernuͤnfftiger allgemeiner Gebrauch/ die Converſation zweyer Perſonen von unterſchie- denen Geſchlecht betreffend. n. 10. Nothwendige und wahrhafftige gute Dinge/ ſollen wegen Befahrung des Mißbrauchs nicht abgeſchafft werden. n. 11. Die ver- botene vertrauliche Converlation des maͤnnlichen und weiblichen Geſchlechtes reitzet vielmehr zu unordentli- cher Liebe an/ n. 12. und befoͤrdert ſie vielmehr/ als daß ſie ſie hindert. n. 13. Gelegenheit macht Diebe n. 14. aber Gelegenheit probiret auch einen ehrlichen Kerl. n. 15. Die verſtatteten oͤffentlichen Converſationes zwiſchen M. und W. ſind irraiſonabel n. 16. und das z. e. ein Lauteniſte mehr Freyheit hat/ als ſonſt ein an- derer tugendhaffter Menſch. n. 17. Unſer Mißtrauen gegen die unſerigen treibet ſie deſtomehr an ſolches zu verdienen. n. 18. Die Liebe erfordert zum wenigſten zweyer Seelen Veneinigung/ aber je mehr einan- der lieben/ je vernuͤnfftiger iſt es. n. 19. Es iſt unvernuͤnfftig jemand zu haſſen/ daß er das liebet was wir lieben/ oder daß es neben uns jemaud anders liebet; Denn es iſt nicht in unſern Vermoͤgen der Lie- be zu widerſtehen. n. 20. Ein anderer hat eben das Recht als wir dasjenige zu lieben was uns gefaͤllet/ und ſeine Liebe bringet uns mehr Nutzen als Schaden. n. 21. Und die Perſon die neben uns jemand anders liebet/ iſt entweder zu loben oder zu verachten/ niemahlen aber zu haſſen. n. 22. Was Tugendliebende Perſonen heiſſen
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Das 6. Hauptſt von der abſonderlichen
von unterſchiedenen Geſchlechte ſeyn. n. 5. Gemeiner
Unterſcheid zwiſchen der Freundſchaffe und Liebe. n. 6.
Die Liebe hat nicht eben die Vermiſchung der Leiber
von noͤthen/ und die Freundſchafft/ kan nicht ohne Ver-
einigung der Seelen beſtehen. n. 7. Wegen der allge-
meinen boͤſen Exempel pfleget man in beyden Stuͤcken
das Gegentheil zu verthaͤydigen. n. 8. Vernuͤnfftige
Freundſchafft und Liebe haben allgemeine Reguln/ und
die Zulaͤßigkeit der Liebe dependiret nicht alleine vom E-
heſtande. n. 9. Vnvernuͤnfftiger allgemeiner Gebrauch/
die Converſation zweyer Perſonen von unterſchie-
denen Geſchlecht betreffend. n. 10. Nothwendige und
wahrhafftige gute Dinge/ ſollen wegen Befahrung des
Mißbrauchs nicht abgeſchafft werden. n. 11. Die ver-
botene vertrauliche Converlation des maͤnnlichen und
weiblichen Geſchlechtes reitzet vielmehr zu unordentli-
cher Liebe an/ n. 12. und befoͤrdert ſie vielmehr/ als daß
ſie ſie hindert. n. 13. Gelegenheit macht Diebe n. 14.
aber Gelegenheit probiret auch einen ehrlichen Kerl.
n. 15. Die verſtatteten oͤffentlichen Converſationes
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z. e. ein Lauteniſte mehr Freyheit hat/ als ſonſt ein an-
derer tugendhaffter Menſch. n. 17. Unſer Mißtrauen
gegen die unſerigen treibet ſie deſtomehr an ſolches zu
verdienen. n. 18. Die Liebe erfordert zum wenigſten
zweyer Seelen Veneinigung/ aber je mehr einan-
der lieben/ je vernuͤnfftiger iſt es. n. 19. Es
iſt unvernuͤnfftig jemand zu haſſen/ daß er das liebet
was wir lieben/ oder daß es neben uns jemaud anders
liebet; Denn es iſt nicht in unſern Vermoͤgen der Lie-
be zu widerſtehen. n. 20. Ein anderer hat eben das
Recht als wir dasjenige zu lieben was uns gefaͤllet/ und
ſeine Liebe bringet uns mehr Nutzen als Schaden. n. 21.
Und die Perſon die neben uns jemand anders liebet/ iſt
entweder zu loben oder zu verachten/ niemahlen aber
zu haſſen. n. 22. Was Tugendliebende Perſonen
heiſſen
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