Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Liebe anderer Menschen überhaupt. 47. Denn indem er siehet/ daß dieser Trieb/ 48. Untersucht er hernach die Natur des 49. Bey dieser Gegeneinanderhaltung aber gleich M 2
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt. 47. Denn indem er ſiehet/ daß dieſer Trieb/ 48. Unterſucht er hernach die Natur des 49. Bey dieſer Gegeneinanderhaltung aber gleich M 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="179" facs="#f0211"/> <fw type="header" place="top">Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.</fw><lb/> <div n="3"> <head>47.</head> <p>Denn indem er ſiehet/ daß dieſer Trieb/<lb/> wenn er den Menſchen ſtarck antreibet/ deſſen<lb/> Gemuͤth dergeſtalt einnimt/ daß er eine Sache<lb/> als <hi rendition="#fr">das hoͤchſte Gut</hi> betrachtet/ fuͤr der er<lb/> doch bald hernach/ wenn dieſe Hitze ein wenig<lb/> verrauchet iſt/ <hi rendition="#fr">einen rechtmaͤßigen Eckel</hi> uͤber-<lb/> koͤmmt/ ſo kan er nicht anders ſchlieſſen/ als daß<lb/> er ſo <hi rendition="#aq">raiſonabel</hi> nicht ſeyn koͤnne/ weil Vernunfft<lb/> und Vernunfft einander nicht zuwider ſeyn.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>48.</head> <p>Unterſucht er hernach die Natur des<lb/> menſchlichen Coͤrpers/ ſo befindet er/ daß es<lb/> zwar natuͤrlich ſey/ daß das Kinder-Zeugen eine<lb/> Wolluſt verurſache; aber er befindet auch/ daß<lb/> wie die Beſtien mehrentheils des Jahres zu ei-<lb/> ner gewiſſen Zeit dieſen Trieb an ſich befinden;<lb/> alſo der Menſch mehr durch einen unvernuͤnffti-<lb/> gen Gebrauch Speiſe und Trancks/ und durch<lb/> Muͤßiggang und andere boͤſe Gewohnheiten/ als<lb/> durch ſeine Natur <hi rendition="#fr">zu allen Zeiten des Jah-<lb/> res eine</hi> Neigung hierzu bey ſich erwecke. Und<lb/> daß es gar natuͤrlich ſey/ daß ein arbeitſamer/<lb/> wachſamer Menſch und der ſich hitziger Speiſe<lb/> und Trancks enthaͤlt/ bey weiten ſo einen ſtar-<lb/> cken Trieb zu dieſer Wolluſt nicht bey ſich<lb/> ſpuͤre.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>49.</head> <p>Bey dieſer Gegeneinanderhaltung aber<lb/> ſchlieſſet endlich ein weiſer Mann/ daß eine ver-<lb/> nuͤnfftige Liebe niemahlen auf die <hi rendition="#fr">Vermiſchung<lb/> des Leibes ihr hauptſaͤchliches</hi> oder auch<lb/><hi rendition="#fr">gleichmaͤßiges</hi> Abſehen richten muͤſſe; ob ſie<lb/> <fw type="sig" place="bottom">M 2</fw><fw type="catch" place="bottom">gleich</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [179/0211]
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.
47. Denn indem er ſiehet/ daß dieſer Trieb/
wenn er den Menſchen ſtarck antreibet/ deſſen
Gemuͤth dergeſtalt einnimt/ daß er eine Sache
als das hoͤchſte Gut betrachtet/ fuͤr der er
doch bald hernach/ wenn dieſe Hitze ein wenig
verrauchet iſt/ einen rechtmaͤßigen Eckel uͤber-
koͤmmt/ ſo kan er nicht anders ſchlieſſen/ als daß
er ſo raiſonabel nicht ſeyn koͤnne/ weil Vernunfft
und Vernunfft einander nicht zuwider ſeyn.
48. Unterſucht er hernach die Natur des
menſchlichen Coͤrpers/ ſo befindet er/ daß es
zwar natuͤrlich ſey/ daß das Kinder-Zeugen eine
Wolluſt verurſache; aber er befindet auch/ daß
wie die Beſtien mehrentheils des Jahres zu ei-
ner gewiſſen Zeit dieſen Trieb an ſich befinden;
alſo der Menſch mehr durch einen unvernuͤnffti-
gen Gebrauch Speiſe und Trancks/ und durch
Muͤßiggang und andere boͤſe Gewohnheiten/ als
durch ſeine Natur zu allen Zeiten des Jah-
res eine Neigung hierzu bey ſich erwecke. Und
daß es gar natuͤrlich ſey/ daß ein arbeitſamer/
wachſamer Menſch und der ſich hitziger Speiſe
und Trancks enthaͤlt/ bey weiten ſo einen ſtar-
cken Trieb zu dieſer Wolluſt nicht bey ſich
ſpuͤre.
49. Bey dieſer Gegeneinanderhaltung aber
ſchlieſſet endlich ein weiſer Mann/ daß eine ver-
nuͤnfftige Liebe niemahlen auf die Vermiſchung
des Leibes ihr hauptſaͤchliches oder auch
gleichmaͤßiges Abſehen richten muͤſſe; ob ſie
gleich
M 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/211 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/211>, abgerufen am 04.03.2025. |