Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 4. Hauptst. von der vernünfftigen nicht verstehen/ sie sind aber geschickt/ daß wirnach der natürlichen Ordnung GOttes unser und anderer Menschen gutes dadurch befördern können. Dannenhero suchen wir in ihrer Liebe/ wenn sie anders vernünfftig seyn sol/ eine solche Vereinigung/ daß sie unsern Willen unter- worffen seyn/ das ist/ daß wir sie nach unsern Gefallen zu unseren und anderer Nutzen gebrau- chen/ und wenn dieser Nutzen nicht allen Men- schen sufficient seyn kan/ und dieselbe zu eigen machen mögen. 15. Letzlich aber ist die Vereinigung/ die wir dem
Das 4. Hauptſt. von der vernuͤnfftigen nicht verſtehen/ ſie ſind aber geſchickt/ daß wirnach der natuͤrlichen Ordnung GOttes unſer und anderer Menſchen gutes dadurch befoͤrdern koͤnnen. Dannenhero ſuchen wir in ihrer Liebe/ wenn ſie anders vernuͤnfftig ſeyn ſol/ eine ſolche Vereinigung/ daß ſie unſern Willen unter- worffen ſeyn/ das iſt/ daß wir ſie nach unſern Gefallen zu unſeren und anderer Nutzen gebrau- chen/ und wenn dieſer Nutzen nicht allen Men- ſchen ſufficient ſeyn kan/ und dieſelbe zu eigen machen moͤgen. 15. Letzlich aber iſt die Vereinigung/ die wir dem
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Das 4. Hauptſt. von der vernuͤnfftigen
nicht verſtehen/ ſie ſind aber geſchickt/ daß wir
nach der natuͤrlichen Ordnung GOttes unſer
und anderer Menſchen gutes dadurch befoͤrdern
koͤnnen. Dannenhero ſuchen wir in ihrer Liebe/
wenn ſie anders vernuͤnfftig ſeyn ſol/ eine ſolche
Vereinigung/ daß ſie unſern Willen unter-
worffen ſeyn/ das iſt/ daß wir ſie nach unſern
Gefallen zu unſeren und anderer Nutzen gebrau-
chen/ und wenn dieſer Nutzen nicht allen Men-
ſchen ſufficient ſeyn kan/ und dieſelbe zu eigen
machen moͤgen.
15. Letzlich aber iſt die Vereinigung/ die wir
in der Liebe GOttes intendiren ſollen/ von de-
nen vorigen beyden unterſchieden. GOtt thut
uns alles gutes/ und indem er der Urſprung deſ-
ſelbigen iſt/ verſtehet er unſer Gutes beſſer als
wir/ wir aber koͤnnen vor uns GOtt nicht das
geringſte Gutes thun/ ja wir ſind mehrentheils
in Erkaͤntniß deſſen/ was uns gut iſt/ blind.
Deshalben waͤre es ſehr unvernuͤnfftig/ daß wir
in der Vereinigung mit GOtt trachten ſolten/
daß GOtt ſeinen Willen mit dem unſrigen zu-
gleichen Theilen vereinigen ſolte; noch viel un-
vernuͤnfftiger aber waͤre es/ wenn wir begehren
ſolten/ GOtt ſolle ſeinen Willen gaͤntzlich nach
dem unſerigen richten/ ſondern es weiſet uns
auch das ſchwache Liecht der Vernunfft/ daß die-
ſe Vereinigung in nicht anders beſtehen ſolle/
als daß wir unſern Willen dem ſeinigen un-
terwerffen/ und unſer Thun und Laſſen nach
dem
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