Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 4. Hauptst. von der vernünfftigen kan/ dieser Gedancken aber gleichfalls von de-nen Bestien/ als die gar nicht gedencken/ auch nicht gesaget werden mag. Und solchergestalt ist die Liebe die von den Bestien gesaget wird etwas viel unvollkommeners als die Liebe der Menschen. 9. Gleicherweise und weil man GOTT einen 10. So folget auch ferner aus dieser Be- seyn/
Das 4. Hauptſt. von der vernuͤnfftigen kan/ dieſer Gedancken aber gleichfalls von de-nen Beſtien/ als die gar nicht gedencken/ auch nicht geſaget werden mag. Und ſolchergeſtalt iſt die Liebe die von den Beſtien geſaget wird etwas viel unvollkommeners als die Liebe der Menſchen. 9. Gleicherweiſe und weil man GOTT einen 10. So folget auch ferner aus dieſer Be- ſeyn/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0192" n="160"/><fw place="top" type="header">Das 4. Hauptſt. von der vernuͤnfftigen</fw><lb/> kan/ dieſer Gedancken aber gleichfalls von de-<lb/> nen Beſtien/ als die gar nicht gedencken/ auch<lb/> nicht geſaget werden mag. Und ſolchergeſtalt<lb/> iſt die Liebe die von den Beſtien geſaget wird<lb/> etwas <hi rendition="#fr">viel unvollkommeners</hi> als die Liebe der<lb/> Menſchen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>9.</head> <p>Gleicherweiſe und weil man GOTT einen<lb/> Verſtand und Willen gantz auff eine andere<lb/> und unbegreifflichere Weiſe als denen Men-<lb/> ſchen zuſchreibet/ ſo iſt auch die Liebe die von<lb/> GOtt geſagt wird/ <hi rendition="#fr">gantz eine andere Liebe/</hi><lb/> zumahlen die geſunde Vernunfft weiſet/ daß<lb/> weil Gott von ſich ſelbſten iſt/ und das We-<lb/> ſen ſeiner Geſchoͤpffe ſtetswehrend erhaͤlt/ auch<lb/> GOtt auſſer ſich nichts finde/ daß er in Anſe-<lb/> hen ſeiner fuͤr gut halten koͤnne. Und alſo ſie-<lb/> het der Menſch/ daß die Liebe Gottes <hi rendition="#fr">viel ver-<lb/> wunderſamer und unbegreifflich</hi> ſey/ weil er<lb/> alles thut/ was ein liebender zu thun pfleget/ und<lb/> doch keine Urſache auſſer ihm ſelbſt findet/ die<lb/> ihn hierzu antreiben koͤnne.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>10.</head> <p>So folget auch ferner aus dieſer Be-<lb/> ſchreibung der Liebe/ daß man eigentlich davon<lb/> zu reden <hi rendition="#fr">ſich ſelbſt</hi> nicht lieben koͤnne/ weil wir<lb/> allbereit im vorhergehenden Capitel geſagt/ daß<lb/> kein Geſchoͤpffe ſich ſelbſt erhalten koͤnne/ viel-<lb/> weniger aber eine Vereinigung ohne zwey un-<lb/> terſchiedene Dinge begriffen werden kan; Und<lb/> muß demnach die <hi rendition="#fr">Selbſt-Liebe</hi> entweder eine<lb/><hi rendition="#fr">eitele Einbildung</hi> unvernuͤnfftiger Menſchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſeyn/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0192]
Das 4. Hauptſt. von der vernuͤnfftigen
kan/ dieſer Gedancken aber gleichfalls von de-
nen Beſtien/ als die gar nicht gedencken/ auch
nicht geſaget werden mag. Und ſolchergeſtalt
iſt die Liebe die von den Beſtien geſaget wird
etwas viel unvollkommeners als die Liebe der
Menſchen.
9. Gleicherweiſe und weil man GOTT einen
Verſtand und Willen gantz auff eine andere
und unbegreifflichere Weiſe als denen Men-
ſchen zuſchreibet/ ſo iſt auch die Liebe die von
GOtt geſagt wird/ gantz eine andere Liebe/
zumahlen die geſunde Vernunfft weiſet/ daß
weil Gott von ſich ſelbſten iſt/ und das We-
ſen ſeiner Geſchoͤpffe ſtetswehrend erhaͤlt/ auch
GOtt auſſer ſich nichts finde/ daß er in Anſe-
hen ſeiner fuͤr gut halten koͤnne. Und alſo ſie-
het der Menſch/ daß die Liebe Gottes viel ver-
wunderſamer und unbegreifflich ſey/ weil er
alles thut/ was ein liebender zu thun pfleget/ und
doch keine Urſache auſſer ihm ſelbſt findet/ die
ihn hierzu antreiben koͤnne.
10. So folget auch ferner aus dieſer Be-
ſchreibung der Liebe/ daß man eigentlich davon
zu reden ſich ſelbſt nicht lieben koͤnne/ weil wir
allbereit im vorhergehenden Capitel geſagt/ daß
kein Geſchoͤpffe ſich ſelbſt erhalten koͤnne/ viel-
weniger aber eine Vereinigung ohne zwey un-
terſchiedene Dinge begriffen werden kan; Und
muß demnach die Selbſt-Liebe entweder eine
eitele Einbildung unvernuͤnfftiger Menſchen
ſeyn/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/192 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/192>, abgerufen am 16.02.2025. |