Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 3. Hauptst. von Gott als dem dadurch zubefördern/ oder sich die täglich für-fallenden Verdrießligkeiten von Hals zuschaf- fen. Hierdurch verfehlet er aber gantz offen- bahr der Gemüths-Ruhe/ wiewohl er sie suchet/ theils weil die von ihm muthwillig untergedruck- te Erkäntniß GOttes zuweilen rege wird und ihm angst machet/ theils weil die heimlich be- gangenen Boßheiten ihm viel Sorge ma- chen/ wie sie ferner heimlich bleiben mögen/ und mehr und mehr andere Boßheiten nach sich zie- hen/ woraus hernach zugeschehen pfleget/ daß ein Atheiste/ ob er schon viel von seiner Freyheit pralet/ zuletzt eben so wohl ein Sclave anderer Menschen wird als ein abergläubischer Mensch. 71. Jedoch ist es nicht zu läugnen/ daß ein zu
Das 3. Hauptſt. von Gott als dem dadurch zubefoͤrdern/ oder ſich die taͤglich fuͤr-fallenden Verdrießligkeiten von Halſ zuſchaf- fen. Hierdurch verfehlet er aber gantz offen- bahr der Gemuͤths-Ruhe/ wiewohl er ſie ſuchet/ theils weil die von ihm muthwillig untergedruck- te Erkaͤntniß GOttes zuweilen rege wird und ihm angſt machet/ theils weil die heimlich be- gangenen Boßheiten ihm viel Sorge ma- chen/ wie ſie ferner heimlich bleiben moͤgen/ und mehr und mehr andere Boßheiten nach ſich zie- hen/ woraus hernach zugeſchehen pfleget/ daß ein Atheiſte/ ob er ſchon viel von ſeiner Freyheit pralet/ zuletzt eben ſo wohl ein Sclave anderer Menſchen wird als ein aberglaͤubiſcher Menſch. 71. Jedoch iſt es nicht zu laͤugnen/ daß ein zu
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Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
dadurch zubefoͤrdern/ oder ſich die taͤglich fuͤr-
fallenden Verdrießligkeiten von Halſ zuſchaf-
fen. Hierdurch verfehlet er aber gantz offen-
bahr der Gemuͤths-Ruhe/ wiewohl er ſie ſuchet/
theils weil die von ihm muthwillig untergedruck-
te Erkaͤntniß GOttes zuweilen rege wird und
ihm angſt machet/ theils weil die heimlich be-
gangenen Boßheiten ihm viel Sorge ma-
chen/ wie ſie ferner heimlich bleiben moͤgen/ und
mehr und mehr andere Boßheiten nach ſich zie-
hen/ woraus hernach zugeſchehen pfleget/ daß
ein Atheiſte/ ob er ſchon viel von ſeiner Freyheit
pralet/ zuletzt eben ſo wohl ein Sclave anderer
Menſchen wird als ein aberglaͤubiſcher Menſch.
71. Jedoch iſt es nicht zu laͤugnen/ daß ein
Aberglaͤubiſcher noch elender dran iſt/ weil es
viel unvernuͤnfftiger iſt/ einen Menſchen oder
Thier oder Bild u. ſ. w. GOtt zu ſeyn glauben/
als GOtt gar nicht erkennen. Denn gleichwie
er ſich einmahl von GOttes Weſen Dinge be-
redet/ die aller Vernunfft zuwieder ſind; alſo
laͤſt er ſich anch von deſſen Willen dergleichen
bereden; und iſt nichts ſo abſurd das man ihn
nicht koͤnne Glauben machen/ daß er GOtt ei-
nen Dienſt damit thun werde. Ja weil er auf
dieſe Weiſe ſeine Vernunfft gantz und gar zu
Boden getreten/ und ſich von ſeinen Luͤſten nach
Gefallen herum ſchleppen laͤſt; ſo beredet er ſich
auch/ daß GOtt eben ſo paſſioniret ſeyn werde
als er iſt/ und ob er ſchon ja ſo ſehre gluͤcklich
zu
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