Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. Hauptst. von Gott als dem
macht/ auch folgends selbige Gott nicht gleich
ewig seyn
könne; welches das jenige ist/ wel-
ches wir wider die Lehr-Sätze der Heydnischen
Philosophie haben weisen wollen.

12.

Und haben sich dannenhero die Heydni-
schen Philosophen allesamt darinnen gröblich
betrogen/ wenn sie diesen Lehr-Satz als unstrei-
tig wahr angenommen/ daß es unmöglich sey/
daß aus nichts etwas werden soll
e/ indem sie
hätten entscheiden sollen/ daß ein grosser Unter-
schied darinnen sey/ ob man sage daß nichts et-
was
sey/ und das aus nichts etwas werde.
Jenes ist wieder alle Vernunfft und dannen-
hero falsch/ dieses aber ist wie jetzo erwiesen
worden/ der Vernunfft allerdings gemäß und
folglich unstreitig wahr/ ob es gleich über die
Vernunfft ist die Art und Weise zu begreiffen/
wie es zugegangen/ daß Gott aus nichts etwas
gemacht habe.

13.

Derowegen muß auch ein ächter Philo-
sophus,
der seine Vernunfft recht gebrauchen/
und derselben Gräntze nicht überschreiten wil/
disfalls für zweyen extremis sich hüten; eines
theils/ daß er die Schöpffung überhaupt mit
denen Heyden nicht für ein der Vernunfft zu-
wider
lauffendes Ding halte; anders Theils
aber daß er mit vielen von denen heutigen Phi-
losophis
mit seiner Vernunfft nicht zuweit gehe/
und durch subtile Vernunfft-Schlüsse die Art
und Weise der Schöpffung auszugrübeln

sucht/

Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
macht/ auch folgends ſelbige Gott nicht gleich
ewig ſeyn
koͤnne; welches das jenige iſt/ wel-
ches wir wider die Lehr-Saͤtze der Heydniſchen
Philoſophie haben weiſen wollen.

12.

Und haben ſich dannenhero die Heydni-
ſchen Philoſophen alleſamt darinnen groͤblich
betrogen/ wenn ſie dieſen Lehr-Satz als unſtrei-
tig wahr angenommen/ daß es unmoͤglich ſey/
daß aus nichts etwas werden ſoll
e/ indem ſie
haͤtten entſcheiden ſollen/ daß ein groſſer Unter-
ſchied darinnen ſey/ ob man ſage daß nichts et-
was
ſey/ und das aus nichts etwas werde.
Jenes iſt wieder alle Vernunfft und dannen-
hero falſch/ dieſes aber iſt wie jetzo erwieſen
worden/ der Vernunfft allerdings gemaͤß und
folglich unſtreitig wahr/ ob es gleich uͤber die
Vernunfft iſt die Art und Weiſe zu begreiffen/
wie es zugegangen/ daß Gott aus nichts etwas
gemacht habe.

13.

Derowegen muß auch ein aͤchter Philo-
ſophus,
der ſeine Vernunfft recht gebrauchen/
und derſelben Graͤntze nicht uͤberſchreiten wil/
disfalls fuͤr zweyen extremis ſich huͤten; eines
theils/ daß er die Schoͤpffung uͤberhaupt mit
denen Heyden nicht fuͤr ein der Vernunfft zu-
wider
lauffendes Ding halte; anders Theils
aber daß er mit vielen von denen heutigen Phi-
loſophis
mit ſeiner Vernunfft nicht zuweit gehe/
und durch ſubtile Vernunfft-Schluͤſſe die Art
und Weiſe der Schoͤpffung auszugruͤbeln

ſucht/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0156" n="124"/><fw place="top" type="header">Das 3. Haupt&#x017F;t. von Gott als dem</fw><lb/>
macht/ auch folgends &#x017F;elbige Gott <hi rendition="#fr">nicht gleich<lb/>
ewig &#x017F;eyn</hi> ko&#x0364;nne; welches das jenige i&#x017F;t/ wel-<lb/>
ches wir wider die Lehr-Sa&#x0364;tze der Heydni&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> haben wei&#x017F;en wollen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>12.</head>
            <p>Und haben &#x017F;ich dannenhero die Heydni-<lb/>
&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophen</hi> alle&#x017F;amt darinnen gro&#x0364;blich<lb/>
betrogen/ wenn &#x017F;ie die&#x017F;en Lehr-Satz als un&#x017F;trei-<lb/>
tig wahr angenommen/ <hi rendition="#fr">daß es unmo&#x0364;glich &#x017F;ey/<lb/>
daß aus nichts etwas werden &#x017F;oll</hi><hi rendition="#aq">e/</hi> indem &#x017F;ie<lb/>
ha&#x0364;tten ent&#x017F;cheiden &#x017F;ollen/ daß ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter-<lb/>
&#x017F;chied darinnen &#x017F;ey/ ob man &#x017F;age daß <hi rendition="#fr">nichts et-<lb/>
was</hi> &#x017F;ey/ und das <hi rendition="#fr">aus nichts etwas</hi> werde.<lb/><hi rendition="#fr">Jenes</hi> i&#x017F;t wieder alle Vernunfft und dannen-<lb/>
hero fal&#x017F;ch/ <hi rendition="#fr">die&#x017F;es</hi> aber i&#x017F;t wie jetzo erwie&#x017F;en<lb/>
worden/ der Vernunfft allerdings gema&#x0364;ß und<lb/>
folglich un&#x017F;treitig wahr/ ob es gleich u&#x0364;ber die<lb/>
Vernunfft i&#x017F;t die Art und Wei&#x017F;e zu begreiffen/<lb/>
wie es zugegangen/ daß Gott aus nichts etwas<lb/>
gemacht habe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>13.</head>
            <p>Derowegen muß auch ein a&#x0364;chter <hi rendition="#aq">Philo-<lb/>
&#x017F;ophus,</hi> der &#x017F;eine Vernunfft recht gebrauchen/<lb/>
und der&#x017F;elben Gra&#x0364;ntze nicht u&#x0364;ber&#x017F;chreiten wil/<lb/>
disfalls fu&#x0364;r zweyen <hi rendition="#aq">extremis</hi> &#x017F;ich hu&#x0364;ten; eines<lb/>
theils/ daß er <hi rendition="#fr">die Scho&#x0364;pffung</hi> u&#x0364;berhaupt mit<lb/>
denen Heyden nicht fu&#x0364;r ein <hi rendition="#fr">der Vernunfft zu-<lb/>
wider</hi> lauffendes Ding halte; anders Theils<lb/>
aber daß er mit vielen von denen heutigen <hi rendition="#aq">Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophis</hi> mit &#x017F;einer Vernunfft nicht zuweit gehe/<lb/>
und durch <hi rendition="#aq">&#x017F;ubtile</hi> Vernunfft-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">die Art<lb/>
und Wei&#x017F;e der Scho&#x0364;pffung auszugru&#x0364;beln</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ucht/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0156] Das 3. Hauptſt. von Gott als dem macht/ auch folgends ſelbige Gott nicht gleich ewig ſeyn koͤnne; welches das jenige iſt/ wel- ches wir wider die Lehr-Saͤtze der Heydniſchen Philoſophie haben weiſen wollen. 12. Und haben ſich dannenhero die Heydni- ſchen Philoſophen alleſamt darinnen groͤblich betrogen/ wenn ſie dieſen Lehr-Satz als unſtrei- tig wahr angenommen/ daß es unmoͤglich ſey/ daß aus nichts etwas werden ſolle/ indem ſie haͤtten entſcheiden ſollen/ daß ein groſſer Unter- ſchied darinnen ſey/ ob man ſage daß nichts et- was ſey/ und das aus nichts etwas werde. Jenes iſt wieder alle Vernunfft und dannen- hero falſch/ dieſes aber iſt wie jetzo erwieſen worden/ der Vernunfft allerdings gemaͤß und folglich unſtreitig wahr/ ob es gleich uͤber die Vernunfft iſt die Art und Weiſe zu begreiffen/ wie es zugegangen/ daß Gott aus nichts etwas gemacht habe. 13. Derowegen muß auch ein aͤchter Philo- ſophus, der ſeine Vernunfft recht gebrauchen/ und derſelben Graͤntze nicht uͤberſchreiten wil/ disfalls fuͤr zweyen extremis ſich huͤten; eines theils/ daß er die Schoͤpffung uͤberhaupt mit denen Heyden nicht fuͤr ein der Vernunfft zu- wider lauffendes Ding halte; anders Theils aber daß er mit vielen von denen heutigen Phi- loſophis mit ſeiner Vernunfft nicht zuweit gehe/ und durch ſubtile Vernunfft-Schluͤſſe die Art und Weiſe der Schoͤpffung auszugruͤbeln ſucht/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/156
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/156>, abgerufen am 25.11.2024.