Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].teutsche Sprachen Schul/ von dem Dantzmeister auff die Kir- Derowegen sey es so/ man ahme denen Frantzosen nach/ denn man
teutſche Sprachen Schul/ von dem Dantzmeiſter auff die Kir- Derowegen ſey es ſo/ man ahme denen Frantzoſen nach/ denn man
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teutſche Sprachen Schul/ von dem Dantzmeiſter auff die Kir-
meſſen/ von unſern Mode Schneidern an einen Dorffſtoͤrer/ oder
von denen Koͤchen/ ſo die Speiſen wohl zuzurichten wiſſen auff die
altvaͤteriſchen Sudelkoͤche/ die einen guten Hirſenbrey mit Biere
und dergleichen Leckerbißlein aus denen alten Kochbuͤchern anrich-
ten koͤnnen/ verweiſen wolte. Ein weiſer Mann ſo in der Welt le-
ben muß/ muß nicht allein das jenige/ ſo nicht zu aͤndern iſt/ ohne
murren mit Gedult ertragen/ ſondern auch vielm ahlen was gutes
zuſtifften und andere zugewinnen allen allerley werden/ oder doch
meiſtens auch das jenige/ was leichtlich mißbraucht werden kan/
ſich wiſſen zu nutze zu machen und zum beſten zukehren.
Derowegen ſey es ſo/ man ahme denen Frantzoſen nach/ denn
ſie ſind doch heut zu tage die geſchickteſten Leute/ und wiſſen al-
len Sachen ein recht Leben zugeben. Sie verfertigen die Klei-
der wohl und beqvem/ und erſinnen ſolche artige Moden/ die nicht
nur das Auge beluſtigen/ ſondern mit der Jahrszeit wohl uͤberein-
kommen. Sie wiſſen die Speiſen ſo gut zu præpariren/ daß ſo
wohl der Geſchmack als der Magen vergnuͤget wird. Jhr
Haußrath iſt reimlich und propre, ihre Sprache anmuthig und
liebreitzend/ und ihre ohnerzwungene ehrerbietige Freyheit iſt ge-
ſchickter ſich in die Gemüther der Menſchen einzuſchleichen als
eine affectirte bauerſtoltze gravitaͤt. Nichts deſto weniger iſt
auch nicht zu leugnen/ daß wenn man iemand/ der hochgeachtet
wird/ nachahmen will/ man ſich in Kleinigkeiteu/ welche nichts zur
Sache thun/ nicht vertieffen muß/ ſondern das Hauptwerck er-
gruͤnden/ durch welches ſich derjenige/ ſo nachgeahmet wird/ ſeine
Hochachtung erworben. Maͤnniglich lacht Baſſianum aus/
daß er mit aller Gewalt Alexander den groſſen nachaͤffen wol-
len/ ſo gar daß er den Kopff auff eine Seite zutragen ſich ange-
wehnet/ und des ehrlichen Ariſtotelis Buͤcher mit groſſen Leyd-
weſen derer Herren Peripateticorum verbrennen laſſen/ weil
man
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