Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].die Rede-Kunst so weit verstünde/ daß sie einen wohlgesetz- neues D
die Rede-Kunſt ſo weit verſtuͤnde/ daß ſie einen wohlgeſetz- neues D
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="25"/><hi rendition="#fr">die Rede-Kunſt</hi> ſo weit verſtuͤnde/ <hi rendition="#fr">daß ſie einen wohlgeſetz-<lb/> ten Brieff</hi> verfertigen und <hi rendition="#fr">einen geſchickten</hi> <hi rendition="#aq">Diſcurs formi-</hi><lb/> ren koͤnte; wenn ſie in denen <hi rendition="#aq">Mathemati</hi><hi rendition="#fr">tiſchen Wiſſenſchaff-<lb/> ten</hi> ſo weit bewandert waͤre/ daß ſie von niemand in ſelbigen ver-<lb/> rathen zu werden ſich befuͤrchten duͤrffte; wenn ſie <hi rendition="#fr">von denen<lb/> Geſchoͤpffen Gottes und deren natuͤrlichen Eigenſchafften/</hi><lb/> ſo viel die Schwachheit des menſchlichen Verſtandes zulaͤſt/ ver-<lb/> nuͤnfftig reden; wenn ſie von <hi rendition="#fr">der menſchlichen Pflicht ſo<lb/> wohl gegen GOtt als Menſchen in allen Staͤnden</hi> nicht<lb/> ungeſchickte nachricht geben koͤnte; wenn ſie ferner wuͤſte/ was<lb/> ehe deſſen von dieſem allen <hi rendition="#aq">Pythagoras, Zeno, Epicurus,<lb/> Plato</hi> und <hi rendition="#aq">Ariſtoteles</hi> fuͤr Meinungen gehabt/ wie dieſer <hi rendition="#aq">Phi-<lb/> ſophen</hi> <hi rendition="#fr">ihre Secten bald ab bald zugenommen/ wie die<lb/> Barbarey im Roͤmiſchen Reich</hi> und ſonſt in der gautzen Welt<lb/> uͤberhand genommen/ wie an deren Statt eine <hi rendition="#aq">Scholaſti</hi>ſche<lb/><hi rendition="#aq">Pedanterey</hi> lange Zeit Mode worden/ wie zur Zeit der <hi rendition="#aq">Refor-<lb/> mation</hi> <hi rendition="#fr">gute Kuͤnſte wieder empor kom̄en/ was</hi> <hi rendition="#aq">Ramus</hi> <hi rendition="#fr">ehe<lb/> deſſen in der Vernunfft Lehre/ was nach dieſen der beruf-<lb/> fene</hi> <hi rendition="#aq">des Cartes</hi> <hi rendition="#fr">und deſſen Schuͤler abſonderlich</hi> <hi rendition="#aq">Male-<lb/> branche</hi> <hi rendition="#fr">in nachſorſchung der Warheit/ was ebenfals die</hi><lb/><hi rendition="#aq">Carteſianer,</hi> <hi rendition="#fr">was</hi> <hi rendition="#aq">Gaſſendus,</hi> <hi rendition="#fr">was</hi> <hi rendition="#aq">Digby</hi> <hi rendition="#fr">in der natuͤrli-<lb/> chen Wiſſenſchafft/ was</hi> <hi rendition="#aq">Grotius, Hobbes,</hi> <hi rendition="#fr">der Herr</hi> <hi rendition="#aq">Pu-<lb/> fendorff,</hi> <hi rendition="#fr">und derer Nachfolger/ oder Wiederſacher in der<lb/> Sittenlehre</hi> theils geneuert/ theils gebeſſert; wenn ſie von <hi rendition="#fr">Ur-<lb/> ſprung und Fortgang derer</hi> <hi rendition="#aq">Republiqven</hi> <hi rendition="#fr">in der Welt/<lb/> von dererſelbigen heutigen Zuſtand/ abſonderlich aber von<lb/> Beſchaffenheit des H. Roͤmiſchen Reichs/ und deſſen<lb/> Haupt und Gliedern/ von derer andern</hi> <hi rendition="#aq">Europæi</hi>ſchen<lb/><hi rendition="#aq">Potentaten</hi> und <hi rendition="#aq">Republiqven deſſein</hi> und <hi rendition="#aq">interét</hi> <hi rendition="#fr">wohl</hi> <hi rendition="#aq">in-<lb/> formiret</hi> waͤre: wenn ſie <hi rendition="#fr">von dem Zuſtand der Kirchen al-<lb/> tes Teſtaments</hi> etwas weniges/ von denen <hi rendition="#fr">Spaltungen</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">neues</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0027]
die Rede-Kunſt ſo weit verſtuͤnde/ daß ſie einen wohlgeſetz-
ten Brieff verfertigen und einen geſchickten Diſcurs formi-
ren koͤnte; wenn ſie in denen Mathematitiſchen Wiſſenſchaff-
ten ſo weit bewandert waͤre/ daß ſie von niemand in ſelbigen ver-
rathen zu werden ſich befuͤrchten duͤrffte; wenn ſie von denen
Geſchoͤpffen Gottes und deren natuͤrlichen Eigenſchafften/
ſo viel die Schwachheit des menſchlichen Verſtandes zulaͤſt/ ver-
nuͤnfftig reden; wenn ſie von der menſchlichen Pflicht ſo
wohl gegen GOtt als Menſchen in allen Staͤnden nicht
ungeſchickte nachricht geben koͤnte; wenn ſie ferner wuͤſte/ was
ehe deſſen von dieſem allen Pythagoras, Zeno, Epicurus,
Plato und Ariſtoteles fuͤr Meinungen gehabt/ wie dieſer Phi-
ſophen ihre Secten bald ab bald zugenommen/ wie die
Barbarey im Roͤmiſchen Reich und ſonſt in der gautzen Welt
uͤberhand genommen/ wie an deren Statt eine Scholaſtiſche
Pedanterey lange Zeit Mode worden/ wie zur Zeit der Refor-
mation gute Kuͤnſte wieder empor kom̄en/ was Ramus ehe
deſſen in der Vernunfft Lehre/ was nach dieſen der beruf-
fene des Cartes und deſſen Schuͤler abſonderlich Male-
branche in nachſorſchung der Warheit/ was ebenfals die
Carteſianer, was Gaſſendus, was Digby in der natuͤrli-
chen Wiſſenſchafft/ was Grotius, Hobbes, der Herr Pu-
fendorff, und derer Nachfolger/ oder Wiederſacher in der
Sittenlehre theils geneuert/ theils gebeſſert; wenn ſie von Ur-
ſprung und Fortgang derer Republiqven in der Welt/
von dererſelbigen heutigen Zuſtand/ abſonderlich aber von
Beſchaffenheit des H. Roͤmiſchen Reichs/ und deſſen
Haupt und Gliedern/ von derer andern Europæiſchen
Potentaten und Republiqven deſſein und interét wohl in-
formiret waͤre: wenn ſie von dem Zuſtand der Kirchen al-
tes Teſtaments etwas weniges/ von denen Spaltungen
neues
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690], S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_discours_1690/27>, abgerufen am 16.07.2024. |