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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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der Warheit nachzudencken.
ja allenfalls diese meine Meinung iemand är-
gernso lte/ der darff nur bedencken/ daß man in
Beurtheilung der Traumdeuterey (mit wel-
cher sie eine grosse Verwandschafft haben) ins-
gemein eben so argumentire, und einen gros-
sen Unterscheid unter einen Joseph oder
Daniel/
und unter denen AEgyptischen o-
der
Persianischen Zauberern zu machen
pflege.

132. Wilstu daß ich dir in einen kurtzen Be-
griff sagen solle/ in was für einer Wissenschafft
du die wahre Weißheit finden soltest. Su-
che sie nicht ausser dir/ sondern in dir sel-
ber/
denn die Vernunfft-Lehre hat dir gezei-
get/ daß die criteria veritatis in dir selbst seyn.

133. Damit du aber der Weißheit in dir
nicht verfehlest/ darffstn nichts mehr beobach-
ten/ als: Lerne dich selbst erkennen.
Jn dieser eintzigen Erkentniß steckt alle Weiß-
heit/ und ohne dieselbe ist alle Weißheit Thor-
heit. Aber wundere dich nicht wie es komme/
daß öffters unter tausend Gelehrten kein
Weiser ist/
weil nicht nur niemaud die Lehre
von der Selbst-Erkentniß practiciret, son-
dern wir leider in einem solchen Seculo leben/
darinnen die Leute/ die das Nosce teipsum in-

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der Warheit nachzudencken.
ja allenfalls dieſe meine Meinung iemand aͤr-
gernſo lte/ der darff nur bedencken/ daß man in
Beurtheilung der Traumdeuterey (mit wel-
cher ſie eine groſſe Verwandſchafft haben) ins-
gemein eben ſo argumentire, und einen groſ-
ſen Unterſcheid unter einen Joſeph oder
Daniel/
und unter denen Ægyptiſchen o-
der
Perſianiſchen Zauberern zu machen
pflege.

132. Wilſtu daß ich dir in einen kurtzen Be-
griff ſagen ſolle/ in was fuͤr einer Wiſſenſchafft
du die wahre Weißheit finden ſolteſt. Su-
che ſie nicht auſſer dir/ ſondern in dir ſel-
ber/
denn die Vernunfft-Lehre hat dir gezei-
get/ daß die criteria veritatis in dir ſelbſt ſeyn.

133. Damit du aber der Weißheit in dir
nicht verfehleſt/ darffſtn nichts mehr beobach-
ten/ als: Lerne dich ſelbſt erkennen.
Jn dieſer eintzigen Erkentniß ſteckt alle Weiß-
heit/ und ohne dieſelbe iſt alle Weißheit Thor-
heit. Aber wundere dich nicht wie es komme/
daß oͤffters unter tauſend Gelehrten kein
Weiſer iſt/
weil nicht nur niemaud die Lehre
von der Selbſt-Erkentniß practiciret, ſon-
dern wir leider in einem ſolchen Seculo leben/
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[65/0091] der Warheit nachzudencken. ja allenfalls dieſe meine Meinung iemand aͤr- gernſo lte/ der darff nur bedencken/ daß man in Beurtheilung der Traumdeuterey (mit wel- cher ſie eine groſſe Verwandſchafft haben) ins- gemein eben ſo argumentire, und einen groſ- ſen Unterſcheid unter einen Joſeph oder Daniel/ und unter denen Ægyptiſchen o- der Perſianiſchen Zauberern zu machen pflege. 132. Wilſtu daß ich dir in einen kurtzen Be- griff ſagen ſolle/ in was fuͤr einer Wiſſenſchafft du die wahre Weißheit finden ſolteſt. Su- che ſie nicht auſſer dir/ ſondern in dir ſel- ber/ denn die Vernunfft-Lehre hat dir gezei- get/ daß die criteria veritatis in dir ſelbſt ſeyn. 133. Damit du aber der Weißheit in dir nicht verfehleſt/ darffſtn nichts mehr beobach- ten/ als: Lerne dich ſelbſt erkennen. Jn dieſer eintzigen Erkentniß ſteckt alle Weiß- heit/ und ohne dieſelbe iſt alle Weißheit Thor- heit. Aber wundere dich nicht wie es komme/ daß oͤffters unter tauſend Gelehrten kein Weiſer iſt/ weil nicht nur niemaud die Lehre von der Selbſt-Erkentniß practiciret, ſon- dern wir leider in einem ſolchen Seculo leben/ darinnen die Leute/ die das Noſce teipſum in- cul- E

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/91>, abgerufen am 28.11.2024.