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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 4. H. Von der Geschickligkeit
wahre Bücher anzutreffen sind/ die aus Man-
gel des Ruhms ihrer Autorum gar nichts ge-
achtet werden.

29. So gemein aber als dieses Praejudicium
ist/ so offenbahr rühret es aus dem Brunnqvell
aller Praejudiciorum, dem Vorurtheil mensch-
licher
Autorität her/ und man könte ja wohl
nur hieraus abnehmen/ wie diese Haupt-Wur-
tzel aller Jrrthümer sich in denen Gemüthern
der Menschen tieff eingesetzt haben müsse/ weil
das Urtheil von guten und bösen Büchern aus
der Autorität und Ansehen der Autorum uns
Menschen so feste anhänget/ daß auch diejeni-
gen/ die dessen Nichtigkeit erkennen/ noch fast
täglich in diese Schwachheit aus Unbedacht-
samkeit fallen/ in dem sie derselben von Jugend
auff so sehr angewohnet sind.

30. Je mehr man sich aber/ wie erwehnet/
darinnen betrieget/ wenn man schliessen wil/ das
Buch müsse gut seyn und viel Wahrheiten in
sich begreiffen/ weil dessen Autor berühmt ist;
Je noch viel mehr Jrrthümer gehen darinnen
vor/ wenn man aus anderen Beschaffenhei-
ten und Zufällen theils der
Autorum,
theils der Bücher selbst/ entweder von dem
Ruhm der
Autorum, oder also fort von

der

Das 4. H. Von der Geſchickligkeit
wahre Buͤcher anzutreffen ſind/ die aus Man-
gel des Ruhms ihrer Autorum gar nichts ge-
achtet werden.

29. So gemein aber als dieſes Præjudicium
iſt/ ſo offenbahr ruͤhret es aus dem Brunnqvell
aller Præjudiciorum, dem Vorurtheil menſch-
licher
Autoritaͤt her/ und man koͤnte ja wohl
nur hieraus abnehmen/ wie dieſe Haupt-Wur-
tzel aller Jrrthuͤmer ſich in denen Gemuͤthern
der Menſchen tieff eingeſetzt haben muͤſſe/ weil
das Urtheil von guten und boͤſen Buͤchern aus
der Autoritaͤt und Anſehen der Autorum uns
Menſchen ſo feſte anhaͤnget/ daß auch diejeni-
gen/ die deſſen Nichtigkeit erkennen/ noch faſt
taͤglich in dieſe Schwachheit aus Unbedacht-
ſamkeit fallen/ in dem ſie derſelben von Jugend
auff ſo ſehr angewohnet ſind.

30. Je mehr man ſich aber/ wie erwehnet/
darinnen betrieget/ wenn man ſchlieſſen wil/ das
Buch muͤſſe gut ſeyn und viel Wahrheiten in
ſich begreiffen/ weil deſſen Autor beruͤhmt iſt;
Je noch viel mehr Jrrthuͤmer gehen darinnen
vor/ wenn man aus anderen Beſchaffenhei-
ten und Zufaͤllen theils der
Autorum,
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Autorum, oder alſo fort von

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[244/0270] Das 4. H. Von der Geſchickligkeit wahre Buͤcher anzutreffen ſind/ die aus Man- gel des Ruhms ihrer Autorum gar nichts ge- achtet werden. 29. So gemein aber als dieſes Præjudicium iſt/ ſo offenbahr ruͤhret es aus dem Brunnqvell aller Præjudiciorum, dem Vorurtheil menſch- licher Autoritaͤt her/ und man koͤnte ja wohl nur hieraus abnehmen/ wie dieſe Haupt-Wur- tzel aller Jrrthuͤmer ſich in denen Gemuͤthern der Menſchen tieff eingeſetzt haben muͤſſe/ weil das Urtheil von guten und boͤſen Buͤchern aus der Autoritaͤt und Anſehen der Autorum uns Menſchen ſo feſte anhaͤnget/ daß auch diejeni- gen/ die deſſen Nichtigkeit erkennen/ noch faſt taͤglich in dieſe Schwachheit aus Unbedacht- ſamkeit fallen/ in dem ſie derſelben von Jugend auff ſo ſehr angewohnet ſind. 30. Je mehr man ſich aber/ wie erwehnet/ darinnen betrieget/ wenn man ſchlieſſen wil/ das Buch muͤſſe gut ſeyn und viel Wahrheiten in ſich begreiffen/ weil deſſen Autor beruͤhmt iſt; Je noch viel mehr Jrrthuͤmer gehen darinnen vor/ wenn man aus anderen Beſchaffenhei- ten und Zufaͤllen theils der Autorum, theils der Buͤcher ſelbſt/ entweder von dem Ruhm der Autorum, oder alſo fort von der

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/270>, abgerufen am 26.11.2024.