Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].andere zu verstehen. nicht fortkommen können/ und dannenherobrauchen sie an statt vernünfftiger Muthmas- sungen offenbahre Gewalt/ sie streichen nach ihrem Gefallen aus/ was ihnen nicht anstehet/ sie machen aus einer bejahenden Rede eine ver- neinende; Sie verändern die signa distinctio- nis nach ihren Gefallen und ohne Raison, aus- ser daß sie sich dieser kahlen Entschuldigung be- dienen: Man müsse eher alles zugeben/ als daß man einräumen solte/ daß ein Autor sich selbst/ oder einer dem andern contradiciret hät- te. Und betrachten nicht/ daß sie solcher gestalt aus Auslegern Gewaltthäter und Hencker an- derer Worte und Gedancken werden/ über die sie doch keine Gewalt haben. 153. Eine gantz andere Sache ist es mit ei- tha- P 2
andere zu verſtehen. nicht fortkommen koͤnnen/ und dannenherobrauchen ſie an ſtatt vernuͤnfftiger Muthmaſ- ſungen offenbahre Gewalt/ ſie ſtreichen nach ihrem Gefallen aus/ was ihnen nicht anſtehet/ ſie machen aus einer bejahenden Rede eine ver- neinende; Sie veraͤndern die ſigna diſtinctio- nis nach ihren Gefallen und ohne Raiſon, auſ- ſer daß ſie ſich dieſer kahlen Entſchuldigung be- dienen: Man muͤſſe eher alles zugeben/ als daß man einraͤumen ſolte/ daß ein Autor ſich ſelbſt/ oder einer dem andern contradiciret haͤt- te. Und betrachten nicht/ daß ſie ſolcher geſtalt aus Auslegern Gewaltthaͤter und Hencker an- derer Worte und Gedancken werden/ uͤber die ſie doch keine Gewalt haben. 153. Eine gantz andere Sache iſt es mit ei- tha- P 2
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andere zu verſtehen.
nicht fortkommen koͤnnen/ und dannenhero
brauchen ſie an ſtatt vernuͤnfftiger Muthmaſ-
ſungen offenbahre Gewalt/ ſie ſtreichen nach
ihrem Gefallen aus/ was ihnen nicht anſtehet/
ſie machen aus einer bejahenden Rede eine ver-
neinende; Sie veraͤndern die ſigna diſtinctio-
nis nach ihren Gefallen und ohne Raiſon, auſ-
ſer daß ſie ſich dieſer kahlen Entſchuldigung be-
dienen: Man muͤſſe eher alles zugeben/ als
daß man einraͤumen ſolte/ daß ein Autor ſich
ſelbſt/ oder einer dem andern contradiciret haͤt-
te. Und betrachten nicht/ daß ſie ſolcher geſtalt
aus Auslegern Gewaltthaͤter und Hencker an-
derer Worte und Gedancken werden/ uͤber die
ſie doch keine Gewalt haben.
153. Eine gantz andere Sache iſt es mit ei-
nem Fuͤrſten/ der/ gleich wie er Gewalt uͤber das
Thun und Laſſen ſeiner Unterthanen hat; Alſo
kan er auch aus ſonderlichen Urſachen befehlen/
daß die Worte ſeiner Unterthanen in ge-
wiſſen Faͤllen auff eine gewiſſe Art und
Weiſe ſollen ausgeleget werden/ ob ſchon zu
weilen dieſe Auslegung wider die obigen Re-
geln zu ſeyn ſcheinet/ oder man nicht eben ſehen
kan/ wie ſie daraus præcisè herkommen. Denn
es ſtehet in des Fuͤrſten Gewalt denen Unter-
tha-
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