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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Wahrheit/ die mich hierzu bewogen/ und wenn ich
die erhalte/ so könte ich gar wohl leiden/ wenn gleich
alle Tage ein anderer auff eben der Catheder wo
ich lehre/ gleich das Widerspiel dociren solte; ja
ich würde meine Auditores selbst vermahnen/ diese
Lectiones zu besuchen. 5. Endlich wil sich es
ferner nun nicht schicken/ nach dem/ was ich in gegen-
wärtiger Ausübung im letzten Capitel von dem all-
gemeinen Mißbrauch der Streit-Schrifften aus-
führlich und gegründet gehandelt/ daß ich meinen
Auditoribus selbst nicht hierinnen mit einem guten
Exempel vorgehen solte. Jedoch wolle niemand
meynen/ ob wolte ich wegen meiner Lehre niemand
Rede und Antwort geben. Jch bin solches nicht
alleine meiner Hohen Obrigkeit/ da es begehret
wird/ allezeit zu praestiren willig/ sondern werde auch
einem jedweden der aus Liebe zur Wahrheit diß-
falls mit mir conferiren wil/ so viel Satisfaction
geben als er verlanget. Doch kan ich meine
Schwachheit nicht läugnen. Jn Schrifften sol-
ches zu thun/ ist wider mein Naturell, als der ich mit
dem Mangel behafftet bin/ daß ich mich zu nichts
weniger als zum Commercio literario schicke/ und
hierinnen durchgehends ein übler Zahler bin/ indem
ich lieber einen gantzen Tag dociren/ oder sonst et-
was verrichten wil/ als daß ich einen eintzigen Brieff
nur eine vierteil Stunde beantworte/ und dannen-
hero bey dieser Gelegenheit alle diejenigen/ denen
ich nun binnen etlichen Jahren dieses Officium
humanitatis
schuldig geblieben/ öffentlich umm Ver-
zeyhung bitte. Hingegen hoffe ich/ daß wenn je-
mand mündlich mit mir zu conferiren hat/ ein jed-

weder

Wahrheit/ die mich hierzu bewogen/ und wenn ich
die erhalte/ ſo koͤnte ich gar wohl leiden/ wenn gleich
alle Tage ein anderer auff eben der Catheder wo
ich lehre/ gleich das Widerſpiel dociren ſolte; ja
ich wuͤrde meine Auditores ſelbſt vermahnen/ dieſe
Lectiones zu beſuchen. 5. Endlich wil ſich es
ferner nun nicht ſchickẽ/ nach dem/ was ich in gegen-
waͤrtiger Ausuͤbung im letzten Capitel von dem all-
gemeinen Mißbrauch der Streit-Schrifften aus-
fuͤhrlich und gegruͤndet gehandelt/ daß ich meinen
Auditoribus ſelbſt nicht hierinnen mit einem guten
Exempel vorgehen ſolte. Jedoch wolle niemand
meynen/ ob wolte ich wegen meiner Lehre niemand
Rede und Antwort geben. Jch bin ſolches nicht
alleine meiner Hohen Obrigkeit/ da es begehret
wird/ allezeit zu præſtiren willig/ ſondeꝛn weꝛde auch
einem jedweden der aus Liebe zur Wahrheit diß-
falls mit mir conferiren wil/ ſo viel Satisfaction
geben als er verlanget. Doch kan ich meine
Schwachheit nicht laͤugnen. Jn Schrifften ſol-
ches zu thun/ iſt wider mein Naturell, als der ich mit
dem Mangel behafftet bin/ daß ich mich zu nichts
weniger als zum Commercio literario ſchicke/ und
hierinnen durchgehends ein uͤbler Zahler bin/ indem
ich lieber einen gantzen Tag dociren/ oder ſonſt et-
was verrichten wil/ als daß ich einen eintzigen Brieff
nur eine vierteil Stunde beantworte/ und dannen-
hero bey dieſer Gelegenheit alle diejenigen/ denen
ich nun binnen etlichen Jahren dieſes Officium
humanitatis
ſchuldig geblieben/ oͤffentlich um̃ Veꝛ-
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[0025] Wahrheit/ die mich hierzu bewogen/ und wenn ich die erhalte/ ſo koͤnte ich gar wohl leiden/ wenn gleich alle Tage ein anderer auff eben der Catheder wo ich lehre/ gleich das Widerſpiel dociren ſolte; ja ich wuͤrde meine Auditores ſelbſt vermahnen/ dieſe Lectiones zu beſuchen. 5. Endlich wil ſich es ferner nun nicht ſchickẽ/ nach dem/ was ich in gegen- waͤrtiger Ausuͤbung im letzten Capitel von dem all- gemeinen Mißbrauch der Streit-Schrifften aus- fuͤhrlich und gegruͤndet gehandelt/ daß ich meinen Auditoribus ſelbſt nicht hierinnen mit einem guten Exempel vorgehen ſolte. Jedoch wolle niemand meynen/ ob wolte ich wegen meiner Lehre niemand Rede und Antwort geben. Jch bin ſolches nicht alleine meiner Hohen Obrigkeit/ da es begehret wird/ allezeit zu præſtiren willig/ ſondeꝛn weꝛde auch einem jedweden der aus Liebe zur Wahrheit diß- falls mit mir conferiren wil/ ſo viel Satisfaction geben als er verlanget. Doch kan ich meine Schwachheit nicht laͤugnen. Jn Schrifften ſol- ches zu thun/ iſt wider mein Naturell, als der ich mit dem Mangel behafftet bin/ daß ich mich zu nichts weniger als zum Commercio literario ſchicke/ und hierinnen durchgehends ein uͤbler Zahler bin/ indem ich lieber einen gantzen Tag dociren/ oder ſonſt et- was verrichten wil/ als daß ich einen eintzigen Brieff nur eine vierteil Stunde beantworte/ und dannen- hero bey dieſer Gelegenheit alle diejenigen/ denen ich nun binnen etlichen Jahren dieſes Officium humanitatis ſchuldig geblieben/ oͤffentlich um̃ Veꝛ- zeyhung bitte. Hingegen hoffe ich/ daß wenn je- mand muͤndlich mit mir zu conferiren hat/ ein jed- weder

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/25>, abgerufen am 24.11.2024.