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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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andere zu verstehen.
die Schein Regel/ deren man sich in der inter-
pretatione
extensiva & restrictiva
zu be-
dienen pfleget. Favorabilia sunt exten-
denda, odiosa restringenda.
Annehmli-
che Dinge muß man auff andere gleich-
falls ausdehnen/ aber verhaste und ver-
drießliche so enge/ als man kan/ einschrän-
cken.

117. Diese Regel ist so gemein und so alt/
daß auch der scharffsinnige Grotius, durch
den allgemeinen Gebrauch zweiffels ohne hin-
tergangen/ sich höchst angelegen seyn lassen/ die-
selbe deutlich zu machen/ und mit unterschie-
denen Exempeln zu bestärcken/ da sie doch
abermahls ohne die obigen Regeln gantz den
geringsten Nutzen nicht hat; ja da man die-
selbe nicht einmahl verstehet/ noch weiß/ was sie
haben will/ sondern sie wie eine wächserne Na-
se hinkehret/ wo man sie sophistischer weise hin
haben wil.

118. Denn alle Dinge in der Welt haben
zweyerley Gestalten und Ansehen/ ein gutes
und ein böses/ und was einem annehmlich
und nützlich ist/ ist gemeiniglich dem andern
verdrießlich. Und wenn man gleich sagen
wolte/ man müste genau betrachten/ ob in einer

Sache
O 2

andere zu verſtehen.
die Schein Regel/ deren man ſich in der inter-
pretatione
extenſiva & reſtrictiva
zu be-
dienen pfleget. Favorabilia ſunt exten-
denda, odioſa reſtringenda.
Annehmli-
che Dinge muß man auff andere gleich-
falls ausdehnen/ aber verhaſte und ver-
drießliche ſo enge/ als man kan/ einſchraͤn-
cken.

117. Dieſe Regel iſt ſo gemein und ſo alt/
daß auch der ſcharffſinnige Grotius, durch
den allgemeinen Gebrauch zweiffels ohne hin-
tergangen/ ſich hoͤchſt angelegen ſeyn laſſen/ die-
ſelbe deutlich zu machen/ und mit unterſchie-
denen Exempeln zu beſtaͤrcken/ da ſie doch
abermahls ohne die obigen Regeln gantz den
geringſten Nutzen nicht hat; ja da man die-
ſelbe nicht einmahl verſtehet/ noch weiß/ was ſie
haben will/ ſondern ſie wie eine waͤchſerne Na-
ſe hinkehret/ wo man ſie ſophiſtiſcher weiſe hin
haben wil.

118. Denn alle Dinge in der Welt haben
zweyerley Geſtalten und Anſehen/ ein gutes
und ein boͤſes/ und was einem annehmlich
und nuͤtzlich iſt/ iſt gemeiniglich dem andern
verdrießlich. Und wenn man gleich ſagen
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Sache
O 2
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[211/0237] andere zu verſtehen. die Schein Regel/ deren man ſich in der inter- pretatione extenſiva & reſtrictiva zu be- dienen pfleget. Favorabilia ſunt exten- denda, odioſa reſtringenda. Annehmli- che Dinge muß man auff andere gleich- falls ausdehnen/ aber verhaſte und ver- drießliche ſo enge/ als man kan/ einſchraͤn- cken. 117. Dieſe Regel iſt ſo gemein und ſo alt/ daß auch der ſcharffſinnige Grotius, durch den allgemeinen Gebrauch zweiffels ohne hin- tergangen/ ſich hoͤchſt angelegen ſeyn laſſen/ die- ſelbe deutlich zu machen/ und mit unterſchie- denen Exempeln zu beſtaͤrcken/ da ſie doch abermahls ohne die obigen Regeln gantz den geringſten Nutzen nicht hat; ja da man die- ſelbe nicht einmahl verſtehet/ noch weiß/ was ſie haben will/ ſondern ſie wie eine waͤchſerne Na- ſe hinkehret/ wo man ſie ſophiſtiſcher weiſe hin haben wil. 118. Denn alle Dinge in der Welt haben zweyerley Geſtalten und Anſehen/ ein gutes und ein boͤſes/ und was einem annehmlich und nuͤtzlich iſt/ iſt gemeiniglich dem andern verdrießlich. Und wenn man gleich ſagen wolte/ man muͤſte genau betrachten/ ob in einer Sache O 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/237>, abgerufen am 25.11.2024.