Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 3. H. Von der Geschickligkeit dern Orte/ man müsse die Ehre über allesschätzen und nichts thun/ woraus man einen Schaden zugewarten hätte; so muß ich die- sen letzten Satz nicht also auslegen/ als ob er dadurch den Ehrgeitz oder den Eigennutz hätte etabliren wollen/ weil diese Auslegung seiner Grund-Regel zu wieder ist. Wenn Cartesius sagt/ daß die Grund-Regeln seiner Philosophie nur auff die speculation, nicht abrr auf das Menschliche Thun und Lassen müsten appliciret werden: und sagt hernach an einem andern Orte daß man an allen zweiffeln müsse/ wo von man nicht eine klare und deutliche Erkäntnüß habe; so muß ich diesen Satz nicht also auslegen/ daß er ha- ben wolle/ ein Bauer solle seiner Obrigkeit keine Contribution geben/ bevor er klar und deutlich erkennete/ ob auch der Nutzen des gemeinen Wesens solches erfordere/ oder ob die Obrigkeit diese Contribution zu Nutzen des gemeinen besten werde anwenden. Al- so wenn ein Fürste bey Leibes-Straffe ver- boten hätte/ man solte kein Geträyde aus der Stad oder dem Lande führen/ damit keine Theurung entstünde/ so muß ich die- ses Gesetze also auslegen/ daß er nicht habe ver-
Das 3. H. Von der Geſchickligkeit dern Orte/ man muͤſſe die Ehre uͤber allesſchaͤtzen und nichts thun/ woraus man einen Schaden zugewarten haͤtte; ſo muß ich die- ſen letzten Satz nicht alſo auslegen/ als ob er dadurch den Ehrgeitz oder den Eigennutz haͤtte etabliren wollen/ weil dieſe Auslegung ſeiner Grund-Regel zu wieder iſt. Wenn Carteſius ſagt/ daß die Grund-Regeln ſeiner Philoſophie nur auff die ſpeculation, nicht abrr auf das Menſchliche Thun und Laſſen muͤſten appliciret werden: und ſagt hernach an einem andern Orte daß man an allen zweiffeln muͤſſe/ wo von man nicht eine klare und deutliche Erkaͤntnuͤß habe; ſo muß ich dieſen Satz nicht alſo auslegen/ daß er ha- ben wolle/ ein Bauer ſolle ſeiner Obrigkeit keine Contribution geben/ bevor er klar und deutlich erkennete/ ob auch der Nutzen des gemeinen Weſens ſolches erfordere/ oder ob die Obrigkeit dieſe Contribution zu Nutzen des gemeinen beſten werde anwenden. Al- ſo wenn ein Fuͤrſte bey Leibes-Straffe ver- boten haͤtte/ man ſolte kein Getraͤyde aus der Stad oder dem Lande fuͤhren/ damit keine Theurung entſtuͤnde/ ſo muß ich die- ſes Geſetze alſo auslegen/ daß er nicht habe ver-
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Das 3. H. Von der Geſchickligkeit
dern Orte/ man muͤſſe die Ehre uͤber alles
ſchaͤtzen und nichts thun/ woraus man einen
Schaden zugewarten haͤtte; ſo muß ich die-
ſen letzten Satz nicht alſo auslegen/ als ob er
dadurch den Ehrgeitz oder den Eigennutz
haͤtte etabliren wollen/ weil dieſe Auslegung
ſeiner Grund-Regel zu wieder iſt. Wenn
Carteſius ſagt/ daß die Grund-Regeln ſeiner
Philoſophie nur auff die ſpeculation, nicht abrr
auf das Menſchliche Thun und Laſſen
muͤſten appliciret werden: und ſagt hernach
an einem andern Orte daß man an allen
zweiffeln muͤſſe/ wo von man nicht eine klare
und deutliche Erkaͤntnuͤß habe; ſo muß ich
dieſen Satz nicht alſo auslegen/ daß er ha-
ben wolle/ ein Bauer ſolle ſeiner Obrigkeit
keine Contribution geben/ bevor er klar und
deutlich erkennete/ ob auch der Nutzen des
gemeinen Weſens ſolches erfordere/ oder ob
die Obrigkeit dieſe Contribution zu Nutzen
des gemeinen beſten werde anwenden. Al-
ſo wenn ein Fuͤrſte bey Leibes-Straffe ver-
boten haͤtte/ man ſolte kein Getraͤyde aus
der Stad oder dem Lande fuͤhren/ damit
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/218>, abgerufen am 28.07.2024. |