Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].Das 3. H. Von der Geschickligkeit se/ daß derselbe bestehe und seine Wirckunghabe. Dannenhero sich Julianus umb ein grosses versehen/ wenn er über diesen casum gefragt worden. Der Testator hatte gesagt: Wenn Titius Erbe seyn wird/ soll Se- jus Erbe seyn/ und wenn Sejus Erbe seyn wird/ soll Titius Erbe seyn. Denn er sagt: das Testament gölte nicht/ weil es un- möglich wäre/ daß die conditiones könten er- füllet werden/ da er doch hätte bedencken sol- len/ daß die Worte auch diesen Verstand an- nehmen: Titius und Sejus sollen alle beyde meine Erben seyn/ und keiner ohne dem an- dern Erben. Gleich als wenn zwey gute Freunde zusammen sprächen: Wenn du wilst spatziren gehen/ so wil ich mit dir gehen/ und der andere machte dem ersten dieses com- pliment hinwiederum. 79. Wenn aber andere Muthmassungen 80. De-
Das 3. H. Von der Geſchickligkeit ſe/ daß derſelbe beſtehe und ſeine Wirckunghabe. Dannenhero ſich Julianus umb ein groſſes verſehen/ wenn er uͤber dieſen caſum gefragt worden. Der Teſtator hatte geſagt: Wenn Titius Erbe ſeyn wird/ ſoll Se- jus Erbe ſeyn/ und wenn Sejus Erbe ſeyn wird/ ſoll Titius Erbe ſeyn. Denn er ſagt: das Teſtament goͤlte nicht/ weil es un- moͤglich waͤre/ daß die conditiones koͤnten er- fuͤllet werden/ da er doch haͤtte bedencken ſol- len/ daß die Worte auch dieſen Verſtand an- nehmen: Titius und Sejus ſollen alle beyde meine Erben ſeyn/ und keiner ohne dem an- dern Erben. Gleich als wenn zwey gute Freunde zuſammen ſpraͤchen: Wenn du wilſt ſpatziren gehen/ ſo wil ich mit dir gehen/ und der andere machte dem erſten dieſes com- pliment hinwiederum. 79. Wenn aber andere Muthmaſſungen 80. De-
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Das 3. H. Von der Geſchickligkeit
ſe/ daß derſelbe beſtehe und ſeine Wirckung
habe. Dannenhero ſich Julianus umb ein
groſſes verſehen/ wenn er uͤber dieſen caſum
gefragt worden. Der Teſtator hatte geſagt:
Wenn Titius Erbe ſeyn wird/ ſoll Se-
jus Erbe ſeyn/ und wenn Sejus Erbe ſeyn
wird/ ſoll Titius Erbe ſeyn. Denn er
ſagt: das Teſtament goͤlte nicht/ weil es un-
moͤglich waͤre/ daß die conditiones koͤnten er-
fuͤllet werden/ da er doch haͤtte bedencken ſol-
len/ daß die Worte auch dieſen Verſtand an-
nehmen: Titius und Sejus ſollen alle beyde
meine Erben ſeyn/ und keiner ohne dem an-
dern Erben. Gleich als wenn zwey gute
Freunde zuſammen ſpraͤchen: Wenn du
wilſt ſpatziren gehen/ ſo wil ich mit dir gehen/
und der andere machte dem erſten dieſes com-
pliment hinwiederum.
79. Wenn aber andere Muthmaſſungen
weiſen/ daß ein Menſche habe wollen un-
vernuͤnfftig handeln oder poſſen treiben/
ſo macht man auch die Auslegungen dar-
nach. Alſo wenn ihrer zwey einander un-
moͤgliche Dinge verſprechen/ oder unter
unmoͤglichen Bedingungen/ ſo gilt das
Verſprechen nichts.
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