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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. von der Geschickligkeit
den zu thun/ denn wen sie schon klar und deut-
lich wären/ brauchten sie keiner Auslegung.

33. Denn ob wohl das menschliche Geschlecht
sich der Worte als der deutlichsten Zeichen be-
dienet/ seine Gedancken und Meinung damit
zu verstehen zugeben/ so geschiehet es doch off-
te/ daß viel mehr Dinge als Worte sind/ oder
weil ein Wort viele Dinge bedeutet/ oder aus
andern Ursachen/ daß man die Gedancken ei-
nes Menschen aus andern signis und Muth-
massungen erforschen muß.

34. Dannenhero siehestu alsbald/ daß ein
anders sey die Worte erklären ohne Anse-
hung der Gedancken; ein anderes eine Mey-
nung eines Menschen aus andern Umb-
ständen als aus denen dunckelen Worten

erklären. Jenes ist ein Werck menschlicher
Gedächtniß/ und gehöret für die Gramma-
tic,
dieses aber gehöret zu der menschlichen
Vernunfft/ und also zur Vernunfft-Leh-
re.

35. Endlich habe ich gesagt/ die Auslegung
erkläre Dinge die schwer zu verstehen sind/
denn wenn sie so gar dunckel wären/ daß man
durch keine Muthmassung die Meinung der-
selben erforschen könte/ so höret die Bemü-

hung

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
den zu thun/ denn wen ſie ſchon klar und deut-
lich waͤren/ brauchten ſie keiner Auslegung.

33. Denn ob wohl das menſchliche Geſchlecht
ſich der Worte als der deutlichſten Zeichen be-
dienet/ ſeine Gedancken und Meinung damit
zu verſtehen zugeben/ ſo geſchiehet es doch off-
te/ daß viel mehr Dinge als Worte ſind/ oder
weil ein Wort viele Dinge bedeutet/ oder aus
andern Urſachen/ daß man die Gedancken ei-
nes Menſchen aus andern ſignis und Muth-
maſſungen erforſchen muß.

34. Dannenhero ſieheſtu alsbald/ daß ein
anders ſey die Worte erklaͤren ohne Anſe-
hung der Gedancken; ein anderes eine Mey-
nung eines Menſchen aus andern Umb-
ſtaͤnden als aus denen dunckelen Worten

erklaͤren. Jenes iſt ein Werck menſchlicher
Gedaͤchtniß/ und gehoͤret fuͤr die Gramma-
tic,
dieſes aber gehoͤret zu der menſchlichen
Vernunfft/ und alſo zur Vernunfft-Leh-
re.

35. Endlich habe ich geſagt/ die Auslegung
erklaͤre Dinge die ſchwer zu verſtehen ſind/
denn wenn ſie ſo gar dunckel waͤren/ daß man
durch keine Muthmaſſung die Meinung der-
ſelben erforſchen koͤnte/ ſo hoͤret die Bemuͤ-

hung
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[166/0192] Das 3. H. von der Geſchickligkeit den zu thun/ denn wen ſie ſchon klar und deut- lich waͤren/ brauchten ſie keiner Auslegung. 33. Denn ob wohl das menſchliche Geſchlecht ſich der Worte als der deutlichſten Zeichen be- dienet/ ſeine Gedancken und Meinung damit zu verſtehen zugeben/ ſo geſchiehet es doch off- te/ daß viel mehr Dinge als Worte ſind/ oder weil ein Wort viele Dinge bedeutet/ oder aus andern Urſachen/ daß man die Gedancken ei- nes Menſchen aus andern ſignis und Muth- maſſungen erforſchen muß. 34. Dannenhero ſieheſtu alsbald/ daß ein anders ſey die Worte erklaͤren ohne Anſe- hung der Gedancken; ein anderes eine Mey- nung eines Menſchen aus andern Umb- ſtaͤnden als aus denen dunckelen Worten erklaͤren. Jenes iſt ein Werck menſchlicher Gedaͤchtniß/ und gehoͤret fuͤr die Gramma- tic, dieſes aber gehoͤret zu der menſchlichen Vernunfft/ und alſo zur Vernunfft-Leh- re. 35. Endlich habe ich geſagt/ die Auslegung erklaͤre Dinge die ſchwer zu verſtehen ſind/ denn wenn ſie ſo gar dunckel waͤren/ daß man durch keine Muthmaſſung die Meinung der- ſelben erforſchen koͤnte/ ſo hoͤret die Bemuͤ- hung

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/192>, abgerufen am 25.11.2024.