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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 2. H. Von der Geschickligkeit
des Lesers affect zu bewegen/ daß dasjeni-
ge/ was unsere Gründe nicht zu thun vermö-
gen/ er sich selbst durch unsere schönen Worte
berede. Die Warheit gleichwie sie selbst na-
ckend ist/ also braucht sie des gekünstelten An-
strichs der Redner-Kunst nicht/ sondern ist für
sich schön genug. Und du must einen grossen
Unterscheid machen/ daß du mit vernünfftigen
Leuten in deinen Schrifften zu thun hast/ und
daß du nicht in willens bist dem unverständigen
Pöbel etwas zu bereden.

253. Ja du wirst dir selbsten durch diese
Schreibart bey weisen Leuten mehr schaden
als nutzen.
Denn an statt daß du vermei-
nest ihre affecten zu rühren/ werden sie viel-
leicht deinen eigenen/ z. e. deinen Hochmuth/
deine Rachgier/ deine fleischlichen Begierden
dadurch kennen lernen/ an statt daß du ihnen
zeigen wilst/ daß du weise seyst/ werden sie dich
vielmehr für einen Sophisten halten.

154. Es ist wohl wahr/ du wirst viel finden/
die an eiteln und ungeschmackten Worten/
noch mehr aber/ die an prächtigen und affe-
ctens-
vollen Redens Arten einen grossen Ge-
fallen haben/ aber du wirst ihrer auch finden/
die ein groß Belieben haben/ den Kern einer süs-

sen

Das 2. H. Von der Geſchickligkeit
des Leſers affect zu bewegen/ daß dasjeni-
ge/ was unſere Gruͤnde nicht zu thun vermoͤ-
gen/ er ſich ſelbſt durch unſere ſchoͤnen Worte
berede. Die Warheit gleichwie ſie ſelbſt na-
ckend iſt/ alſo braucht ſie des gekuͤnſtelten An-
ſtrichs der Redner-Kunſt nicht/ ſondern iſt fuͤr
ſich ſchoͤn genug. Und du muſt einen groſſen
Unterſcheid machen/ daß du mit vernuͤnfftigen
Leuten in deinen Schrifften zu thun haſt/ und
daß du nicht in willens biſt dem unverſtaͤndigen
Poͤbel etwas zu bereden.

253. Ja du wirſt dir ſelbſten durch dieſe
Schreibart bey weiſen Leuten mehr ſchaden
als nutzen.
Denn an ſtatt daß du vermei-
neſt ihre affecten zu ruͤhren/ werden ſie viel-
leicht deinen eigenen/ z. e. deinen Hochmuth/
deine Rachgier/ deine fleiſchlichen Begierden
dadurch kennen lernen/ an ſtatt daß du ihnen
zeigen wilſt/ daß du weiſe ſeyſt/ werden ſie dich
vielmehr fuͤr einen Sophiſten halten.

154. Es iſt wohl wahr/ du wirſt viel finden/
die an eiteln und ungeſchmackten Worten/
noch mehr aber/ die an praͤchtigen und affe-
ctens-
vollen Redens Arten einen groſſen Ge-
fallen haben/ aber du wirſt ihrer auch finden/
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[148/0174] Das 2. H. Von der Geſchickligkeit des Leſers affect zu bewegen/ daß dasjeni- ge/ was unſere Gruͤnde nicht zu thun vermoͤ- gen/ er ſich ſelbſt durch unſere ſchoͤnen Worte berede. Die Warheit gleichwie ſie ſelbſt na- ckend iſt/ alſo braucht ſie des gekuͤnſtelten An- ſtrichs der Redner-Kunſt nicht/ ſondern iſt fuͤr ſich ſchoͤn genug. Und du muſt einen groſſen Unterſcheid machen/ daß du mit vernuͤnfftigen Leuten in deinen Schrifften zu thun haſt/ und daß du nicht in willens biſt dem unverſtaͤndigen Poͤbel etwas zu bereden. 253. Ja du wirſt dir ſelbſten durch dieſe Schreibart bey weiſen Leuten mehr ſchaden als nutzen. Denn an ſtatt daß du vermei- neſt ihre affecten zu ruͤhren/ werden ſie viel- leicht deinen eigenen/ z. e. deinen Hochmuth/ deine Rachgier/ deine fleiſchlichen Begierden dadurch kennen lernen/ an ſtatt daß du ihnen zeigen wilſt/ daß du weiſe ſeyſt/ werden ſie dich vielmehr fuͤr einen Sophiſten halten. 154. Es iſt wohl wahr/ du wirſt viel finden/ die an eiteln und ungeſchmackten Worten/ noch mehr aber/ die an praͤchtigen und affe- ctens-vollen Redens Arten einen groſſen Ge- fallen haben/ aber du wirſt ihrer auch finden/ die ein groß Belieben haben/ den Kern einer ſuͤſ- ſen

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/174>, abgerufen am 25.11.2024.