Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 2. H. von den Gemüths Neig. kommen/ als die Träume und die Phantasien/wenn wir wachende unsere Gedancken nicht an etwas gewisses hafften/ sondern herumb schwär- men lassen. Ob nun wohl etliche von diesen Einbildungen Leidenschafften oder Affecten der Seele sind/ wenn man dieses Wort in einer ei- generen und sonderlichern Bedeutung nimmt; ja ob dieselben alle in einem weitläufftigeren Verstande dafür ausgegeben werden könten; dieweil sie aber doch keine so merckwürdige und determinirte Ursache haben/ als die Empfind- lichkeiten der Nerven/ sondern dieser ihre Schat- ten und Gemählde gleichsam sind; also ist nö- thig/ daß man dieser ihre unterschiedene Arten erwege. b) Denn etliche dererselben werden von uns äuserlichen Dingen die unsere Sinne berühren/ etliche unserm Leibe/ und etliche un- serer Seele zugeschrieben. c) Zu der ersten Classe gehören die Empfindungen dieses Klan- ges/ dieses Lichts/ welches wir der Glocke oder dem Wachslicht/ als wenn es davon herkäme/ zuschreiben. d) Zu der andern Classe gehören die Empfindungen des Hungers und Dursts/ des Schmertzens/ der Wärme/ die wir empfin- den/ als wenn sie in denen Gliedmassen unsers Leibes wären. e) Zu der letzten Classe gehören alle die Einbildungen/ derer Würckungen man gleichsam in der Seele selbst empfindet/ und von welchen der gemeine Mann nicht weiß/ was er ihnen b) Id. art. 21. c) art. 22. d) art. 23. e) art. 24.
Das 2. H. von den Gemuͤths Neig. kommen/ als die Traͤume und die Phantaſien/wenn wir wachende unſere Gedancken nicht an etwas gewiſſes hafften/ ſondern herumb ſchwaͤr- men laſſen. Ob nun wohl etliche von dieſen Einbildungen Leidenſchafften oder Affecten der Seele ſind/ wenn man dieſes Wort in einer ei- generen und ſonderlichern Bedeutung nimmt; ja ob dieſelben alle in einem weitlaͤufftigeren Verſtande dafuͤr ausgegeben werden koͤnten; dieweil ſie aber doch keine ſo merckwuͤrdige und determinirte Urſache haben/ als die Empfind- lichkeiten der Nerven/ ſondern dieſer ihre Schat- ten und Gemaͤhlde gleichſam ſind; alſo iſt noͤ- thig/ daß man dieſer ihre unterſchiedene Arten erwege. b) Denn etliche dererſelben werden von uns aͤuſerlichen Dingen die unſere Sinne beruͤhren/ etliche unſerm Leibe/ und etliche un- ſerer Seele zugeſchrieben. c) Zu der erſten Claſſe gehoͤren die Empfindungen dieſes Klan- ges/ dieſes Lichts/ welches wir der Glocke oder dem Wachslicht/ als wenn es davon herkaͤme/ zuſchreiben. d) Zu der andern Claſſe gehoͤren die Empfindungen des Hungers und Durſts/ des Schmertzens/ der Waͤrme/ die wir empfin- den/ als wenn ſie in denen Gliedmaſſen unſers Leibes waͤren. e) Zu der letzten Claſſe gehoͤren alle die Einbildungen/ derer Wuͤrckungen man gleichſam in der Seele ſelbſt empfindet/ und von welchen der gemeine Mann nicht weiß/ was er ihnen b) Id. art. 21. c) art. 22. d) art. 23. e) art. 24.
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Das 2. H. von den Gemuͤths Neig.
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etwas gewiſſes hafften/ ſondern herumb ſchwaͤr-
men laſſen. Ob nun wohl etliche von dieſen
Einbildungen Leidenſchafften oder Affecten der
Seele ſind/ wenn man dieſes Wort in einer ei-
generen und ſonderlichern Bedeutung nimmt;
ja ob dieſelben alle in einem weitlaͤufftigeren
Verſtande dafuͤr ausgegeben werden koͤnten;
dieweil ſie aber doch keine ſo merckwuͤrdige und
determinirte Urſache haben/ als die Empfind-
lichkeiten der Nerven/ ſondern dieſer ihre Schat-
ten und Gemaͤhlde gleichſam ſind; alſo iſt noͤ-
thig/ daß man dieſer ihre unterſchiedene Arten
erwege. b) Denn etliche dererſelben werden
von uns aͤuſerlichen Dingen die unſere Sinne
beruͤhren/ etliche unſerm Leibe/ und etliche un-
ſerer Seele zugeſchrieben. c) Zu der erſten
Claſſe gehoͤren die Empfindungen dieſes Klan-
ges/ dieſes Lichts/ welches wir der Glocke oder
dem Wachslicht/ als wenn es davon herkaͤme/
zuſchreiben. d) Zu der andern Claſſe gehoͤren
die Empfindungen des Hungers und Durſts/
des Schmertzens/ der Waͤrme/ die wir empfin-
den/ als wenn ſie in denen Gliedmaſſen unſers
Leibes waͤren. e) Zu der letzten Claſſe gehoͤren
alle die Einbildungen/ derer Wuͤrckungen man
gleichſam in der Seele ſelbſt empfindet/ und von
welchen der gemeine Mann nicht weiß/ was er
ihnen
b) Id. art. 21.
c) art. 22.
d) art. 23.
e) art. 24.
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