Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 2. H. von den Gemüths Neig. der nicht halsstarrig ist: als wenn ein behertz-ter fliehen/ ein gedultiger sich rächen will/ aber als bald vermittelst der Vernunfft diese Bewe- gung hintertreibet. Dieses nennen sie eine Ge- müths Bewegung/ und ist noch kein Affect. 3. Der andere unbändige Wille/ wenn durch die folgende Bewegung die Vernunfft über- schritten/ und gleichsamb mit hingerissen wird. Als wenn ich fliehen und mich rächen will/ wo es mir nicht vergönnet ist. Dieses ist nach ihrer Meinung erst die Gemüths-Beunruhigung oder der Affect, (denn es ist ihnen nichts ge- wöhnlicher/ als daß sie den Affect eine Gemüths- Beunruhigung a) nennen/) dieses ist erstlich der Zorn und die Furcht. 4. Hieraus wird endlich eine Gemüths-Kranckheit oder das Laster/ wenn der Affect lange continuiret worden. Denn sie erkennen keinen andern Unterscheid zwischen dem Affect und zwischen dem Laster/ als zwi- schen einer schlimmen That/ und derselben Gewohnheit. b) 16. Nach dieser ihrer Meinung aber war Affe- a) perturbationem animi. b) inter dispositionem & habitum. vid. de Processu isto Senecam Epist 75. p. m. 301. c) Seneca l. 1. de im c. 16.
Das 2. H. von den Gemuͤths Neig. der nicht halsſtarrig iſt: als wenn ein behertz-ter fliehen/ ein gedultiger ſich raͤchen will/ aber als bald vermittelſt der Vernunfft dieſe Bewe- gung hintertreibet. Dieſes nennen ſie eine Ge- muͤths Bewegung/ und iſt noch kein Affect. 3. Der andere unbaͤndige Wille/ wenn durch die folgende Bewegung die Vernunfft uͤber- ſchritten/ und gleichſamb mit hingeriſſen wird. Als wenn ich fliehen und mich raͤchen will/ wo es mir nicht vergoͤnnet iſt. Dieſes iſt nach ihrer Meinung erſt die Gemuͤths-Beunruhigung oder der Affect, (denn es iſt ihnen nichts ge- woͤhnlicher/ als daß ſie den Affect eine Gemuͤths- Beunruhigung a) nennen/) dieſes iſt erſtlich der Zorn und die Furcht. 4. Hieraus wird endlich eine Gemuͤths-Kranckheit oder das Laſter/ wenn der Affect lange continuiret worden. Denn ſie erkennen keinen andern Unterſcheid zwiſchen dem Affect und zwiſchen dem Laſter/ als zwi- ſchen einer ſchlimmen That/ und derſelben Gewohnheit. b) 16. Nach dieſer ihrer Meinung aber war Affe- a) perturbationem animi. b) inter diſpoſitionem & habitum. vid. de Proceſſu iſto Senecam Epiſt 75. p. m. 301. c) Seneca l. 1. de im c. 16.
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Das 2. H. von den Gemuͤths Neig.
der nicht halsſtarrig iſt: als wenn ein behertz-
ter fliehen/ ein gedultiger ſich raͤchen will/ aber
als bald vermittelſt der Vernunfft dieſe Bewe-
gung hintertreibet. Dieſes nennen ſie eine Ge-
muͤths Bewegung/ und iſt noch kein Affect.
3. Der andere unbaͤndige Wille/ wenn durch
die folgende Bewegung die Vernunfft uͤber-
ſchritten/ und gleichſamb mit hingeriſſen wird.
Als wenn ich fliehen und mich raͤchen will/ wo es
mir nicht vergoͤnnet iſt. Dieſes iſt nach ihrer
Meinung erſt die Gemuͤths-Beunruhigung
oder der Affect, (denn es iſt ihnen nichts ge-
woͤhnlicher/ als daß ſie den Affect eine Gemuͤths-
Beunruhigung a) nennen/) dieſes iſt erſtlich der
Zorn und die Furcht. 4. Hieraus wird endlich
eine Gemuͤths-Kranckheit oder das Laſter/
wenn der Affect lange continuiret worden. Denn
ſie erkennen keinen andern Unterſcheid zwiſchen
dem Affect und zwiſchen dem Laſter/ als zwi-
ſchen einer ſchlimmen That/ und derſelben
Gewohnheit. b)
16. Nach dieſer ihrer Meinung aber war
es gantz offenbahr/ daß ſie die Affecten insge-
ſambt fuͤr etwas boͤſes halten muſten/ weil ſie
der Anfang der Gemuͤths-Kranckheiten waren/
und einen kleinen Affect auch fuͤr ein klein Ubel
hielten. c) Jngleichen daß ſie dafuͤr hielten/ die
Affe-
a) perturbationem animi.
b) inter diſpoſitionem
& habitum. vid. de Proceſſu iſto Senecam Epiſt
75. p. m. 301.
c) Seneca l. 1. de im c. 16.
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