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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 15. H. von der Unzulängligkeit
trauische Furcht des Geld-Geitzes mildern/ oder
auf eine Zeit lang verbergen.

12. Was würde nun dieses aber einem Men-
schen/ der die Tugend suchte/ helffen? indem
er hierdurch nichts anders zu wege bringet/ als
daß er von einem Laster in das andere fiele.

Oder wenn es hoch käme/ würde aus aller Phi-
losophi
schen Besserung und Applicirung ver-
nünfftiger Kunst-Regeln nichts anders als eine
Heucheley entstehen/
und er mit aller seiner
Mühe sich nicht mehr als aufs höchste eine
Schein-Tugend
zu wege bringen. Denn
wir haben oben (y) deutlich gezeiget/ daß die
starcken Mixturen des Ehr-Geitzes und der Wol-
lust/ oder des Ehr- und Geld-Geitzes/ solche
Schein-Tugenden und Heucheley zu wege
bringen.

13. Wiewohl auch unsere obige Lehren uns
dieses nicht einmahl beständig hoffen lassen/
indem wir gezeiget haben/ (z) daß die Reitzung
einer geringeren Passion nicht länger daure/ als
so lange das Object, so solche anfeuret/ gegen-
wärtig sey/ und daß alsdann/ wenn dieses Ob-
ject
nicht mehr gegenwärtig ist/ die sonst herr-
schende Passion widerum unser Hertz/ Sinn und
Gedancken regiere. Ja/ ob schon unsere herr-
schende Passion nicht allemahl sich Gelegenheit
schaffen möchte/ ihre unendliche Begierde nach
Wunsch zu sättigen/
so weisen doch gleichfalls

obige
(y) c. 12. n. 3. seq. n. 6. seq.
(z) c. 12. n. 19.

Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit
trauiſche Furcht des Geld-Geitzes mildern/ oder
auf eine Zeit lang verbergen.

12. Was wuͤrde nun dieſes aber einem Men-
ſchen/ der die Tugend ſuchte/ helffen? indem
er hierdurch nichts anders zu wege bringet/ als
daß er von einem Laſter in das andere fiele.

Oder wenn es hoch kaͤme/ wuͤrde aus aller Phi-
loſophi
ſchen Beſſerung und Applicirung ver-
nuͤnfftiger Kunſt-Regeln nichts anders als eine
Heucheley entſtehen/
und er mit aller ſeiner
Muͤhe ſich nicht mehr als aufs hoͤchſte eine
Schein-Tugend
zu wege bringen. Denn
wir haben oben (y) deutlich gezeiget/ daß die
ſtarcken Mixturen des Ehr-Geitzes und der Wol-
luſt/ oder des Ehr- und Geld-Geitzes/ ſolche
Schein-Tugenden und Heucheley zu wege
bringen.

13. Wiewohl auch unſere obige Lehren uns
dieſes nicht einmahl beſtaͤndig hoffen laſſen/
indem wir gezeiget haben/ (z) daß die Reitzung
einer geringeren Paſſion nicht laͤnger daure/ als
ſo lange das Object, ſo ſolche anfeuret/ gegen-
waͤrtig ſey/ und daß alsdann/ wenn dieſes Ob-
ject
nicht mehr gegenwaͤrtig iſt/ die ſonſt herr-
ſchende Paſſion widerum unſer Hertz/ Sinn und
Gedancken regiere. Ja/ ob ſchon unſere herr-
ſchende Paſſion nicht allemahl ſich Gelegenheit
ſchaffen moͤchte/ ihre unendliche Begierde nach
Wunſch zu ſaͤttigen/
ſo weiſen doch gleichfalls

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(y) c. 12. n. 3. ſeq. n. 6. ſeq.
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[508/0520] Das 15. H. von der Unzulaͤngligkeit trauiſche Furcht des Geld-Geitzes mildern/ oder auf eine Zeit lang verbergen. 12. Was wuͤrde nun dieſes aber einem Men- ſchen/ der die Tugend ſuchte/ helffen? indem er hierdurch nichts anders zu wege bringet/ als daß er von einem Laſter in das andere fiele. Oder wenn es hoch kaͤme/ wuͤrde aus aller Phi- loſophiſchen Beſſerung und Applicirung ver- nuͤnfftiger Kunſt-Regeln nichts anders als eine Heucheley entſtehen/ und er mit aller ſeiner Muͤhe ſich nicht mehr als aufs hoͤchſte eine Schein-Tugend zu wege bringen. Denn wir haben oben (y) deutlich gezeiget/ daß die ſtarcken Mixturen des Ehr-Geitzes und der Wol- luſt/ oder des Ehr- und Geld-Geitzes/ ſolche Schein-Tugenden und Heucheley zu wege bringen. 13. Wiewohl auch unſere obige Lehren uns dieſes nicht einmahl beſtaͤndig hoffen laſſen/ indem wir gezeiget haben/ (z) daß die Reitzung einer geringeren Paſſion nicht laͤnger daure/ als ſo lange das Object, ſo ſolche anfeuret/ gegen- waͤrtig ſey/ und daß alsdann/ wenn dieſes Ob- ject nicht mehr gegenwaͤrtig iſt/ die ſonſt herr- ſchende Paſſion widerum unſer Hertz/ Sinn und Gedancken regiere. Ja/ ob ſchon unſere herr- ſchende Paſſion nicht allemahl ſich Gelegenheit ſchaffen moͤchte/ ihre unendliche Begierde nach Wunſch zu ſaͤttigen/ ſo weiſen doch gleichfalls obige (y) c. 12. n. 3. ſeq. n. 6. ſeq. (z) c. 12. n. 19.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/520>, abgerufen am 25.11.2024.