Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.der vern. Kunst/ böse Affect. zu dämpffen. einander vereinigen/ oder wider einander streitenwollen: Also würde ich doch/ wenn von mir als einem einfältigen Layen mein videtur über der quaestione facti & historica, was Lutheri Mei- nung gewesen/ und wie nach denen Grund-Re- geln der Philosophie Herr D. Schmidt das Buch Lutheri erkläret habe/ begehret würde; Eine solche Antwort geben/ daß mir die Sache der- gestalt vorkomme/ als ob entweder man der Re- formirten Lehrer ihre Meinung allzu hart er- kläre/ und die Spaltung mit denenselben gar leichte gehoben werden könte/ wenn man nach der Liebe die Behutsamkeit in Auslegung ihrer Schrifften in acht nähme/ und die Distinctiones, mit denen man sich bemühet/ die harten loca Lu- theri zu mäßigen/ auch auf etlicher Reformirter ih- re harten Redens-Arten applicirte: Oder aber/ daß man in unserer Kirchen heut zu Tage an vie- len Orten von der Meinung Lutheri dißfalls ab- gegangen sey/ und sich vergebens bemühe/ mit ängstlich zusammen gesuchten Distinctionibus diesen Unterscheid zu bedecken/ und Lutherum auf diesen Theil zu zwingen/ dergestalt/ daß ein unpartheyischer Leser/ der nur die Logicam ver- stehet/ und die Regulas interpretandi wohl inne hat/ gar leichte diese Unzulängligkeit und diesen Zwang begreiffen kan. 3. Damit man aber nicht meine/ als wolte fen-
der vern. Kunſt/ boͤſe Affect. zu daͤmpffen. einander vereinigen/ oder wider einander ſtreitenwollen: Alſo wuͤrde ich doch/ wenn von mir als einem einfaͤltigen Layen mein videtur uͤber der quæſtione facti & hiſtorica, was Lutheri Mei- nung geweſen/ und wie nach denen Grund-Re- geln der Philoſophie Herr D. Schmidt das Buch Lutheri erklaͤret habe/ begehret wuͤrde; Eine ſolche Antwort geben/ daß mir die Sache der- geſtalt vorkomme/ als ob entweder man der Re- formirten Lehrer ihre Meinung allzu hart er- klaͤre/ und die Spaltung mit denenſelben gar leichte gehoben werden koͤnte/ wenn man nach der Liebe die Behutſamkeit in Auslegung ihrer Schrifften in acht naͤhme/ und die Diſtinctiones, mit denen man ſich bemuͤhet/ die harten loca Lu- theri zu maͤßigen/ auch auf etlicher Reformirter ih- re harten Redens-Arten applicirte: Oder aber/ daß man in unſerer Kirchen heut zu Tage an vie- len Orten von der Meinung Lutheri dißfalls ab- gegangen ſey/ und ſich vergebens bemuͤhe/ mit aͤngſtlich zuſammen geſuchten Diſtinctionibus dieſen Unterſcheid zu bedecken/ und Lutherum auf dieſen Theil zu zwingen/ dergeſtalt/ daß ein unpartheyiſcher Leſer/ der nur die Logicam ver- ſtehet/ und die Regulas interpretandi wohl inne hat/ gar leichte dieſe Unzulaͤngligkeit und dieſen Zwang begreiffen kan. 3. Damit man aber nicht meine/ als wolte fen-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0505" n="493"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der vern. Kunſt/ boͤſe <hi rendition="#aq">Affect.</hi> zu daͤmpffen.</hi></fw><lb/> einander vereinigen/ oder wider einander ſtreiten<lb/> wollen: Alſo wuͤrde ich doch/ wenn von mir als<lb/> einem einfaͤltigen Layen mein <hi rendition="#aq">videtur</hi> uͤber der<lb/><hi rendition="#aq">quæſtione facti & hiſtorica,</hi> was Lutheri Mei-<lb/> nung geweſen/ und wie nach denen Grund-Re-<lb/> geln der <hi rendition="#aq">Philoſophie</hi> Herr <hi rendition="#aq">D.</hi> Schmidt das Buch<lb/> Lutheri erklaͤret habe/ begehret wuͤrde; Eine<lb/> ſolche Antwort geben/ daß mir die Sache der-<lb/> geſtalt vorkomme/ als ob entweder man der Re-<lb/> formirten Lehrer ihre Meinung allzu hart er-<lb/> klaͤre/ und die Spaltung mit denenſelben gar<lb/> leichte gehoben werden koͤnte/ wenn man nach<lb/> der Liebe die Behutſamkeit in Auslegung ihrer<lb/> Schrifften in acht naͤhme/ und die <hi rendition="#aq">Diſtinctiones,</hi><lb/> mit denen man ſich bemuͤhet/ die harten <hi rendition="#aq">loca Lu-<lb/> theri</hi> zu maͤßigen/ auch auf etlicher Reformirter ih-<lb/> re harten Redens-Arten <hi rendition="#aq">applicir</hi>te: Oder aber/<lb/> daß man in unſerer Kirchen heut zu Tage an vie-<lb/> len Orten von der Meinung Lutheri dißfalls ab-<lb/> gegangen ſey/ und ſich vergebens bemuͤhe/ mit<lb/> aͤngſtlich zuſammen geſuchten <hi rendition="#aq">Diſtinctionibus</hi><lb/> dieſen Unterſcheid zu bedecken/ und Lutherum<lb/> auf dieſen Theil zu zwingen/ dergeſtalt/ daß ein<lb/> unpartheyiſcher Leſer/ der nur die <hi rendition="#aq">Logicam</hi> ver-<lb/> ſtehet/ und die <hi rendition="#aq">Regulas interpretandi</hi> wohl inne<lb/> hat/ gar leichte dieſe Unzulaͤngligkeit und dieſen<lb/> Zwang begreiffen kan.</p><lb/> <p>3. Damit man aber nicht meine/ als wolte<lb/> ich hiermit der Reformirten Parthey vor andern<lb/> ſchmeicheln/ ſo glaub ich doch/ daß man gar of-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fen-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [493/0505]
der vern. Kunſt/ boͤſe Affect. zu daͤmpffen.
einander vereinigen/ oder wider einander ſtreiten
wollen: Alſo wuͤrde ich doch/ wenn von mir als
einem einfaͤltigen Layen mein videtur uͤber der
quæſtione facti & hiſtorica, was Lutheri Mei-
nung geweſen/ und wie nach denen Grund-Re-
geln der Philoſophie Herr D. Schmidt das Buch
Lutheri erklaͤret habe/ begehret wuͤrde; Eine
ſolche Antwort geben/ daß mir die Sache der-
geſtalt vorkomme/ als ob entweder man der Re-
formirten Lehrer ihre Meinung allzu hart er-
klaͤre/ und die Spaltung mit denenſelben gar
leichte gehoben werden koͤnte/ wenn man nach
der Liebe die Behutſamkeit in Auslegung ihrer
Schrifften in acht naͤhme/ und die Diſtinctiones,
mit denen man ſich bemuͤhet/ die harten loca Lu-
theri zu maͤßigen/ auch auf etlicher Reformirter ih-
re harten Redens-Arten applicirte: Oder aber/
daß man in unſerer Kirchen heut zu Tage an vie-
len Orten von der Meinung Lutheri dißfalls ab-
gegangen ſey/ und ſich vergebens bemuͤhe/ mit
aͤngſtlich zuſammen geſuchten Diſtinctionibus
dieſen Unterſcheid zu bedecken/ und Lutherum
auf dieſen Theil zu zwingen/ dergeſtalt/ daß ein
unpartheyiſcher Leſer/ der nur die Logicam ver-
ſtehet/ und die Regulas interpretandi wohl inne
hat/ gar leichte dieſe Unzulaͤngligkeit und dieſen
Zwang begreiffen kan.
3. Damit man aber nicht meine/ als wolte
ich hiermit der Reformirten Parthey vor andern
ſchmeicheln/ ſo glaub ich doch/ daß man gar of-
fen-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/505 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/505>, abgerufen am 24.07.2024. |