Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Tochter der Eyfersucht. liebte Person/ (dieses ist eine Würckung des Ehr-Geitzes/) er fürchtet sich/ er werde ihre Liebe verlieren. Dieses letzte scheinet eine Würckung der Wohllust zu seyn. Zu geschweigen/ daß die Eyfersucht wegen Dinge/ darinnen das for- male der Wohllust bestehet/ am stärcksten aus- bricht/ nemlich in der Liebe mit Personen von un- terschiedenem Geschlechte. 53. Alleine ob ich wohl nicht leugnen wil/ geben/ F f
Tochter der Eyferſucht. liebte Perſon/ (dieſes iſt eine Wuͤrckung des Ehr-Geitzes/) er fuͤrchtet ſich/ er werde ihre Liebe verlieren. Dieſes letzte ſcheinet eine Wuͤrckung der Wohlluſt zu ſeyn. Zu geſchweigen/ daß die Eyferſucht wegen Dinge/ darinnen das for- male der Wohlluſt beſtehet/ am ſtaͤrckſten aus- bricht/ nemlich in der Liebe mit Perſonen von un- terſchiedenem Geſchlechte. 53. Alleine ob ich wohl nicht leugnen wil/ geben/ F f
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Tochter der Eyferſucht.
liebte Perſon/ (dieſes iſt eine Wuͤrckung des Ehr-
Geitzes/) er fuͤrchtet ſich/ er werde ihre Liebe
verlieren. Dieſes letzte ſcheinet eine Wuͤrckung
der Wohlluſt zu ſeyn. Zu geſchweigen/ daß
die Eyferſucht wegen Dinge/ darinnen das for-
male der Wohlluſt beſtehet/ am ſtaͤrckſten aus-
bricht/ nemlich in der Liebe mit Perſonen von un-
terſchiedenem Geſchlechte.
53. Alleine ob ich wohl nicht leugnen wil/
daß zur Eyferſucht alle drey Haupt-Affecten et-
was contribuiren ſolten; Auch dafuͤr halte/ daß
kein Menſch auf der Welt ſey/ der nicht von die-
ſem Affect, wo nicht offt/ doch zuweilen etwas
ausſtehen muͤſſe/ er moͤge nun von einer Mixtur
ſeyn/ von was er wolle; ſo halte ich doch dafuͤr/
weiſet es auch der Augenſchein/ daß ein Menſch
von dieſem Ungeheuer mehr geplaget werde/ als
der andere. Und wenn man dannenhero nach-
forſchen wil/ welcher Haupt-Affect das mei-
ſte/ und welcher das wenigſte zur Eyferſucht
contribuire? So duͤrffte wohl auf die Wohl-
luſt das wenigſte kommen. Es iſt wohl wahr/
die Eyferſucht wuͤtet bey der Wohlluſt am heff-
tigſten/ aber deswegen entſpringt ſie nicht eben
aus derſelbigen/ indem ſie nicht bey aller Wohl-
luſt iſt. Ein Wohlluͤſtiger iſt wanckelmuͤthig/
und alſo achtet ers nicht groß/ wenn man ihn mit
gleicher Muͤntze bezahlet/ ja er laͤſſet denen Per-
ſonen/ die er liebet/ ſelten Zeit/ unbeſtaͤndig zu
werden/ oder ihm Gelegenheit zur Eyferſucht zu
geben/
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