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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Tochter der Eyfersucht.
Schreiber verliebter Bücher haben sich umb
die Wette bemühet/ die Eyfersucht zu canonisi-
ren/ und nicht nur durch Exempel sondern auch
durch Schein-Gründe und falsche demonstra-
tiones
dieselbe zu einer nothwendigen Frucht
vernünfftiger Liebe und zu derer
Kennzei-
chen zu machen/
da sie doch in der That nichts als
ein Neid mit falschen Farben angestrichen ist. Die
Moralisten sind nicht einig/ was sie aus der Ey-
fersucht machen sollen.
Jnsgemein sagt man
wohl/ die Eyfersucht sey ein gemischter Affect.
Aber woraus er eigentlich gemischt sey/ ist man
entweder nicht einig/ oder man erkläret die Sache
nicht deutlich genung.

51. So viel ist unstreitig/ daß die Eyfer-
sucht/
so ferne dieselbe von einem absonderlichen
Affect genommen wird/ sey eine Pein/ die ein
Mensche darüber empfindet/ daß die gelieb-
te Person einen andern liebet/ oder von
einem andern geliebet wird.
Nur ist da-
von die Frage/ woraus diese Pein entstehe/
und zu welchem Haupt-Affect sie zu bringen
sey. Wir haben schon in dem ersten Theile mit
vielen Ursachen dargethan/ daß Eyfersucht zu
vernünfftiger Liebe nicht gehöre/
sondern
daß es unvernünfftig sey/ jemand deswegen zu
hassen/ daß er liebet/ was wir lieben/ oder neben
uns jemand anders liebet. (d)(d) Und mag wohl
die gegenseitige gemeine Meinung/ als ob die
Eyfersucht aus allzugrosser Liebe herrühre/

daher
(d) Part. 1. c. 6, n. 19. seqq.

Tochter der Eyferſucht.
Schreiber verliebter Buͤcher haben ſich umb
die Wette bemuͤhet/ die Eyferſucht zu canoniſi-
ren/ und nicht nur durch Exempel ſondern auch
durch Schein-Gruͤnde und falſche demonſtra-
tiones
dieſelbe zu einer nothwendigen Frucht
vernuͤnfftiger Liebe und zu derer
Kennzei-
chen zu machẽ/
da ſie doch in deꝛ That nichts als
ein Neid mit falſchẽ Faꝛben angeſtrichen iſt. Die
Moraliſten ſind nicht einig/ was ſie aus der Ey-
ferſucht machen ſollen.
Jnsgemein ſagt man
wohl/ die Eyferſucht ſey ein gemiſchter Affect.
Aber woraus er eigentlich gemiſcht ſey/ iſt man
entweder nicht einig/ oder man erklaͤret die Sache
nicht deutlich genung.

51. So viel iſt unſtreitig/ daß die Eyfer-
ſucht/
ſo ferne dieſelbe von einem abſonderlichen
Affect genommen wird/ ſey eine Pein/ die ein
Menſche daruͤber empfindet/ daß die gelieb-
te Perſon einen andern liebet/ oder von
einem andern geliebet wird.
Nur iſt da-
von die Frage/ woraus dieſe Pein entſtehe/
und zu welchem Haupt-Affect ſie zu bringen
ſey. Wir haben ſchon in dem erſten Theile mit
vielen Urſachen dargethan/ daß Eyferſucht zu
vernuͤnfftiger Liebe nicht gehoͤre/
ſondern
daß es unvernuͤnfftig ſey/ jemand deswegen zu
haſſen/ daß er liebet/ was wir lieben/ oder neben
uns jemand anders liebet. (d)(d) Und mag wohl
die gegenſeitige gemeine Meinung/ als ob die
Eyferſucht aus allzugroſſer Liebe herruͤhre/

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(d) Part. 1. c. 6, n. 19. ſeqq.
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[447/0459] Tochter der Eyferſucht. Schreiber verliebter Buͤcher haben ſich umb die Wette bemuͤhet/ die Eyferſucht zu canoniſi- ren/ und nicht nur durch Exempel ſondern auch durch Schein-Gruͤnde und falſche demonſtra- tiones dieſelbe zu einer nothwendigen Frucht vernuͤnfftiger Liebe und zu derer Kennzei- chen zu machẽ/ da ſie doch in deꝛ That nichts als ein Neid mit falſchẽ Faꝛben angeſtrichen iſt. Die Moraliſten ſind nicht einig/ was ſie aus der Ey- ferſucht machen ſollen. Jnsgemein ſagt man wohl/ die Eyferſucht ſey ein gemiſchter Affect. Aber woraus er eigentlich gemiſcht ſey/ iſt man entweder nicht einig/ oder man erklaͤret die Sache nicht deutlich genung. 51. So viel iſt unſtreitig/ daß die Eyfer- ſucht/ ſo ferne dieſelbe von einem abſonderlichen Affect genommen wird/ ſey eine Pein/ die ein Menſche daruͤber empfindet/ daß die gelieb- te Perſon einen andern liebet/ oder von einem andern geliebet wird. Nur iſt da- von die Frage/ woraus dieſe Pein entſtehe/ und zu welchem Haupt-Affect ſie zu bringen ſey. Wir haben ſchon in dem erſten Theile mit vielen Urſachen dargethan/ daß Eyferſucht zu vernuͤnfftiger Liebe nicht gehoͤre/ ſondern daß es unvernuͤnfftig ſey/ jemand deswegen zu haſſen/ daß er liebet/ was wir lieben/ oder neben uns jemand anders liebet. (d) (d) Und mag wohl die gegenſeitige gemeine Meinung/ als ob die Eyferſucht aus allzugroſſer Liebe herruͤhre/ daher (d) Part. 1. c. 6, n. 19. ſeqq.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/459>, abgerufen am 30.11.2024.