Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 13. H. von dem Zorn des Menschen/
"von denenjenigen/ sonderlich die in unserer Ge-
"walt seyn/ als die Knechte/ die Kinder/ die Ehe-
"weiber/ und die Schüler/ derer Missethaten
"uns zur Straffe antreiben. Denn es ist noth-
"wendig/ daß einem ehrlichen und frommen
"Manne dasjenige mißfalle/ was unrecht ist/
"und daß derjenige/ dem das Unrecht mißfället/
"sich ärgere/ wenn er solches sehen muß. De-
"rohalben stehen wir auf zur Rache/ nicht weil
"wir beleydiget seyn/ sondern/ daß gute Disci-
"plin
erhalten/ böse Sitten gebessert/ und der
"Mißbrauch der Freyheit gehemmet werde. Die-
"ses ist der rechtmäßige Zorn/
der/ wie er in
"Menschen nöthig ist/ die Boßheit zu straffen/
"so ist er auch in GOtt/ und der Mensch nimmt da-
"von ein Exempel. Denn gleichwie wir dieje-
"nigen bestraffen sollen/ die unserer Botmäßig-
"keit unterworffen sind/ also soll auch GOtt die
"Sündenaller Menschen straffen: Dieses aber
"zu thun ist nöthig/ daß er zornig werde; weil es
"eines Frommen Natur gemäß ist/ über des an-
"dern seine Missethat beweget und erhitzet zu
"werden. Derohalben hätten sie den Zorn also
"beschreiben sollen. Der Zorn ist eine Ge-
"müths-Bewegung desjenigen/ der sich
"erhebet die Laster zu straffen.
Denn des
"Ciceronis seine Beschreibung/ daß der Zorn
"eine Lust sich zu rächen sey/ ist nicht weit von de-
"nen vorhergehenden unterschieden/ welchen
"wir können eine Tollheit oder eine Rachgier

nen-

Das 13. H. von dem Zorn des Menſchen/
„von denenjenigen/ ſonderlich die in unſerer Ge-
„walt ſeyn/ als die Knechte/ die Kinder/ die Ehe-
„weiber/ und die Schuͤler/ derer Miſſethaten
„uns zur Straffe antreiben. Denn es iſt noth-
„wendig/ daß einem ehrlichen und frommen
„Manne dasjenige mißfalle/ was unrecht iſt/
„und daß derjenige/ dem das Unrecht mißfaͤllet/
„ſich aͤrgere/ wenn er ſolches ſehen muß. De-
„rohalben ſtehen wir auf zur Rache/ nicht weil
„wir beleydiget ſeyn/ ſondern/ daß gute Diſci-
„plin
erhalten/ boͤſe Sitten gebeſſert/ und der
„Mißbrauch der Freyheit gehemmet werde. Die-
„ſes iſt der rechtmaͤßige Zorn/
der/ wie er in
„Menſchen noͤthig iſt/ die Boßheit zu ſtraffen/
„ſo iſt er auch in GOtt/ und der Menſch nim̃t da-
„von ein Exempel. Denn gleichwie wir dieje-
„nigen beſtraffen ſollen/ die unſerer Botmaͤßig-
„keit unterworffen ſind/ alſo ſoll auch GOtt die
„Suͤndenaller Menſchen ſtraffen: Dieſes aber
„zu thun iſt noͤthig/ daß er zornig werde; weil es
„eines Frommen Natur gemaͤß iſt/ uͤber des an-
„dern ſeine Miſſethat beweget und erhitzet zu
„werden. Derohalben haͤtten ſie den Zorn alſo
„beſchreiben ſollen. Der Zorn iſt eine Ge-
„muͤths-Bewegung desjenigen/ der ſich
„erhebet die Laſter zu ſtraffen.
Denn des
Ciceronis ſeine Beſchreibung/ daß der Zorn
„eine Luſt ſich zu raͤchen ſey/ iſt nicht weit von de-
„nen vorhergehenden unterſchieden/ welchen
„wir koͤnnen eine Tollheit oder eine Rachgier

nen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0446" n="434"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 13. H. von dem Zorn des Men&#x017F;chen/</hi></fw><lb/>
&#x201E;von denenjenigen/ &#x017F;onderlich die in un&#x017F;erer Ge-<lb/>
&#x201E;walt &#x017F;eyn/ als die Knechte/ die Kinder/ die Ehe-<lb/>
&#x201E;weiber/ und die Schu&#x0364;ler/ derer Mi&#x017F;&#x017F;ethaten<lb/>
&#x201E;uns zur Straffe antreiben. Denn es i&#x017F;t noth-<lb/>
&#x201E;wendig/ daß einem ehrlichen und frommen<lb/>
&#x201E;Manne dasjenige mißfalle/ was unrecht i&#x017F;t/<lb/>
&#x201E;und daß derjenige/ dem das Unrecht mißfa&#x0364;llet/<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich a&#x0364;rgere/ wenn er &#x017F;olches &#x017F;ehen muß. De-<lb/>
&#x201E;rohalben &#x017F;tehen wir auf zur Rache/ nicht weil<lb/>
&#x201E;wir beleydiget &#x017F;eyn/ &#x017F;ondern/ daß gute <hi rendition="#aq">Di&#x017F;ci-<lb/>
&#x201E;plin</hi> erhalten/ bo&#x0364;&#x017F;e Sitten gebe&#x017F;&#x017F;ert/ und der<lb/>
&#x201E;Mißbrauch der Freyheit gehemmet werde. <hi rendition="#fr">Die-<lb/>
&#x201E;&#x017F;es i&#x017F;t der rechtma&#x0364;ßige Zorn/</hi> der/ wie er in<lb/>
&#x201E;Men&#x017F;chen no&#x0364;thig i&#x017F;t/ die Boßheit zu &#x017F;traffen/<lb/>
&#x201E;&#x017F;o i&#x017F;t er auch in GOtt/ und der Men&#x017F;ch nim&#x0303;t da-<lb/>
&#x201E;von ein Exempel. Denn gleichwie wir dieje-<lb/>
&#x201E;nigen be&#x017F;traffen &#x017F;ollen/ die un&#x017F;erer Botma&#x0364;ßig-<lb/>
&#x201E;keit unterworffen &#x017F;ind/ al&#x017F;o &#x017F;oll auch GOtt die<lb/>
&#x201E;Su&#x0364;ndenaller Men&#x017F;chen &#x017F;traffen: Die&#x017F;es aber<lb/>
&#x201E;zu thun i&#x017F;t no&#x0364;thig/ daß er zornig werde; weil es<lb/>
&#x201E;eines Frommen Natur gema&#x0364;ß i&#x017F;t/ u&#x0364;ber des an-<lb/>
&#x201E;dern &#x017F;eine Mi&#x017F;&#x017F;ethat beweget und erhitzet zu<lb/>
&#x201E;werden. Derohalben ha&#x0364;tten &#x017F;ie den Zorn al&#x017F;o<lb/>
&#x201E;be&#x017F;chreiben &#x017F;ollen. <hi rendition="#fr">Der Zorn i&#x017F;t eine Ge-<lb/>
&#x201E;mu&#x0364;ths-Bewegung desjenigen/ der &#x017F;ich<lb/>
&#x201E;erhebet die La&#x017F;ter zu &#x017F;traffen.</hi> Denn des<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">Ciceronis</hi> &#x017F;eine Be&#x017F;chreibung/ daß der Zorn<lb/>
&#x201E;eine Lu&#x017F;t &#x017F;ich zu ra&#x0364;chen &#x017F;ey/ i&#x017F;t nicht weit von de-<lb/>
&#x201E;nen vorhergehenden unter&#x017F;chieden/ welchen<lb/>
&#x201E;wir ko&#x0364;nnen eine Tollheit oder eine Rachgier<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0446] Das 13. H. von dem Zorn des Menſchen/ „von denenjenigen/ ſonderlich die in unſerer Ge- „walt ſeyn/ als die Knechte/ die Kinder/ die Ehe- „weiber/ und die Schuͤler/ derer Miſſethaten „uns zur Straffe antreiben. Denn es iſt noth- „wendig/ daß einem ehrlichen und frommen „Manne dasjenige mißfalle/ was unrecht iſt/ „und daß derjenige/ dem das Unrecht mißfaͤllet/ „ſich aͤrgere/ wenn er ſolches ſehen muß. De- „rohalben ſtehen wir auf zur Rache/ nicht weil „wir beleydiget ſeyn/ ſondern/ daß gute Diſci- „plin erhalten/ boͤſe Sitten gebeſſert/ und der „Mißbrauch der Freyheit gehemmet werde. Die- „ſes iſt der rechtmaͤßige Zorn/ der/ wie er in „Menſchen noͤthig iſt/ die Boßheit zu ſtraffen/ „ſo iſt er auch in GOtt/ und der Menſch nim̃t da- „von ein Exempel. Denn gleichwie wir dieje- „nigen beſtraffen ſollen/ die unſerer Botmaͤßig- „keit unterworffen ſind/ alſo ſoll auch GOtt die „Suͤndenaller Menſchen ſtraffen: Dieſes aber „zu thun iſt noͤthig/ daß er zornig werde; weil es „eines Frommen Natur gemaͤß iſt/ uͤber des an- „dern ſeine Miſſethat beweget und erhitzet zu „werden. Derohalben haͤtten ſie den Zorn alſo „beſchreiben ſollen. Der Zorn iſt eine Ge- „muͤths-Bewegung desjenigen/ der ſich „erhebet die Laſter zu ſtraffen. Denn des „Ciceronis ſeine Beſchreibung/ daß der Zorn „eine Luſt ſich zu raͤchen ſey/ iſt nicht weit von de- „nen vorhergehenden unterſchieden/ welchen „wir koͤnnen eine Tollheit oder eine Rachgier nen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/446
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/446>, abgerufen am 28.11.2024.