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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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daß er nie indifferent sey.
nun zu ehren/ haben unsere Gelehrte sich ange-
wehnet/ die Begierde das Böse loß zu werden/
Zorn zu nennen/ da doch Aristoteles selbst den
Zorn zu der begierigen Krafft der sinnlichen Nei-
gung die der zornigen entgegen gesetzet ist/ ge-
bracht/ (f) und also selbst gleich sam eingeräumet/
daß die zornige Krafft in uneigentlichen Ver-
stande genommen werde. Zu geschweigen/ daß
wir schon oben erwiesen/ daß die Eintheilung de-
rer Gemüths-Neigungen/ nach dem Verlangen
gegen das Gute oder Böse/ oder nach diesen zwey-
en Kräften in der Lehre von denen Affecten mehr
Confusion als Vortheil bringe. (g)

38. So muß man auch ferner einen Unter-
scheid unter dem Wort Zorn und dem Wort
zürnen machen/ weil dieses/ ob es gleich der
Grammatic nach mit dem Zorn eine Verwand-
schafft hat/ doch in der Sitten-Lehre seiner
Bedeutung nach von dem Zorn entschieden ist.
Zorn ist die Begierde sich zu rächen. Das Auß-
üben oder ausbrechen dieser Begierde heisset
zornig seyn.rnen aber heist nicht den Zorn
außüben/ auch nicht einmahl ein Ubel suchen vom
Halse loß zu werden/ sondern einen Schmertz o-

der
(f) Pater. d. Tab. 4. & 9. & ibi annot. 20. & 44.
(g) cap. 4. n. 5. & 6.

daß er nie indifferent ſey.
nun zu ehren/ haben unſere Gelehrte ſich ange-
wehnet/ die Begierde das Boͤſe loß zu werden/
Zorn zu nennen/ da doch Ariſtoteles ſelbſt den
Zorn zu der begierigen Krafft der ſinnlichen Nei-
gung die der zornigen entgegen geſetzet iſt/ ge-
bracht/ (f) und alſo ſelbſt gleich ſam eingeraͤumet/
daß die zornige Krafft in uneigentlichen Ver-
ſtande genommen werde. Zu geſchweigen/ daß
wir ſchon oben erwieſen/ daß die Eintheilung de-
rer Gemuͤths-Neigungen/ nach dem Verlangen
gegen das Gute oder Boͤſe/ oder nach dieſen zwey-
en Kraͤften in der Lehre von denen Affecten mehr
Confuſion als Vortheil bringe. (g)

38. So muß man auch ferner einen Unter-
ſcheid unter dem Wort Zorn und dem Wort
zuͤrnen machen/ weil dieſes/ ob es gleich der
Grammatic nach mit dem Zorn eine Verwand-
ſchafft hat/ doch in der Sitten-Lehre ſeiner
Bedeutung nach von dem Zorn entſchieden iſt.
Zorn iſt die Begierde ſich zu raͤchen. Das Auß-
uͤben oder ausbrechen dieſer Begierde heiſſet
zornig ſeyn. Zuͤrnen aber heiſt nicht den Zorn
außuͤben/ auch nicht einmahl ein Ubel ſuchen vom
Halſe loß zu werden/ ſondern einen Schmertz o-

der
(f) Pater. d. Tab. 4. & 9. & ibi annot. 20. & 44.
(g) cap. 4. n. 5. & 6.
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[427/0439] daß er nie indifferent ſey. nun zu ehren/ haben unſere Gelehrte ſich ange- wehnet/ die Begierde das Boͤſe loß zu werden/ Zorn zu nennen/ da doch Ariſtoteles ſelbſt den Zorn zu der begierigen Krafft der ſinnlichen Nei- gung die der zornigen entgegen geſetzet iſt/ ge- bracht/ (f) und alſo ſelbſt gleich ſam eingeraͤumet/ daß die zornige Krafft in uneigentlichen Ver- ſtande genommen werde. Zu geſchweigen/ daß wir ſchon oben erwieſen/ daß die Eintheilung de- rer Gemuͤths-Neigungen/ nach dem Verlangen gegen das Gute oder Boͤſe/ oder nach dieſen zwey- en Kraͤften in der Lehre von denen Affecten mehr Confuſion als Vortheil bringe. (g) 38. So muß man auch ferner einen Unter- ſcheid unter dem Wort Zorn und dem Wort zuͤrnen machen/ weil dieſes/ ob es gleich der Grammatic nach mit dem Zorn eine Verwand- ſchafft hat/ doch in der Sitten-Lehre ſeiner Bedeutung nach von dem Zorn entſchieden iſt. Zorn iſt die Begierde ſich zu raͤchen. Das Auß- uͤben oder ausbrechen dieſer Begierde heiſſet zornig ſeyn. Zuͤrnen aber heiſt nicht den Zorn außuͤben/ auch nicht einmahl ein Ubel ſuchen vom Halſe loß zu werden/ ſondern einen Schmertz o- der (f) Pater. d. Tab. 4. & 9. & ibi annot. 20. & 44. (g) cap. 4. n. 5. & 6.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/439>, abgerufen am 28.11.2024.