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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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des Müßiggangs.
gehet müßig. Der Tantz-Meister der Lectio-
nes
giebt/ und der Scholar der Lectiones in tan-
tzen nimmt/ sich in diesen exercitio zu perfectio-
ni
ren/ oder selbige durch tantzen exerciret/ sind
eigentlich keine Müßiggänger/ aber der da tantzt
sich zu belustigen/ oder die Zeit zu vertreiben/ geht
müßig. Wer da Kegel schiebet oder den Ball
spielet daß z. e. ein Schweiß-Pulver daß ihm der
Medicus verordnet/ desto besser operiren könne/
oder durch den Schweiß eine befahrte Kranck-
heit hintertrieben werde/ gehet nicht müßig/ aber
wer seine Lust in Ballenspielen suchet/ gehet müs-
sig u. s. w.

21. Dieweil dannenhero unter dem Thun
und Lassen des Menschen etliches so beschaffen/
das ausser der Lust und Zeitvertreib gar
nichts nutzet/
etliches aber mehrentheils von
denen Menschen zur Lust grbraucht wird/ ob es
schon auch zum Nutzen und Erhaltung der
Menschlichen Güter kan angewendet werden/
etliches aber von denen Menschen mehrentheils
zur Nutzbarkeit
gebraucht wird/ ob es schon
auch dann und wann zu blosser Lust geschiehet;
So muß man auch in Beurtheilung des Mensch-
lichen Thun und Lassens/ ob solches zum Müßig-
gang gehöre oder nicht/ behutsam damit verfah-
ren/ daß man nicht alleine die erste Classe zum
Müßiggang rechne/ sondern auch die andre/ so
ferne man nicht auff diesen oder jenen Menschen
sein Absehen richtet/ sondern nur überhaupt fra-

get/

des Muͤßiggangs.
gehet muͤßig. Der Tantz-Meiſter der Lectio-
nes
giebt/ und der Scholar der Lectiones in tan-
tzen nimmt/ ſich in dieſen exercitio zu perfectio-
ni
ren/ oder ſelbige durch tantzen exerciret/ ſind
eigentlich keine Muͤßiggaͤnger/ aber der da tantzt
ſich zu beluſtigen/ oder die Zeit zu vertreiben/ geht
muͤßig. Wer da Kegel ſchiebet oder den Ball
ſpielet daß z. e. ein Schweiß-Pulver daß ihm der
Medicus verordnet/ deſto beſſer operiren koͤnne/
oder durch den Schweiß eine befahrte Kranck-
heit hintertrieben werde/ gehet nicht muͤßig/ aber
wer ſeine Luſt in Ballenſpielen ſuchet/ gehet muͤſ-
ſig u. ſ. w.

21. Dieweil dannenhero unter dem Thun
und Laſſen des Menſchen etliches ſo beſchaffen/
das auſſer der Luſt und Zeitvertreib gar
nichts nutzet/
etliches aber mehrentheils von
denen Menſchen zur Luſt grbraucht wird/ ob es
ſchon auch zum Nutzen und Erhaltung der
Menſchlichen Guͤter kan angewendet werden/
etliches aber von denen Menſchen mehrentheils
zur Nutzbarkeit
gebraucht wird/ ob es ſchon
auch dann und wann zu bloſſer Luſt geſchiehet;
So muß man auch in Beurtheilung des Menſch-
lichen Thun und Laſſens/ ob ſolches zum Muͤßig-
gang gehoͤre oder nicht/ behutſam damit verfah-
ren/ daß man nicht alleine die erſte Claſſe zum
Muͤßiggang rechne/ ſondern auch die andre/ ſo
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ſein Abſehen richtet/ ſondern nur uͤberhaupt fra-

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[411/0423] des Muͤßiggangs. gehet muͤßig. Der Tantz-Meiſter der Lectio- nes giebt/ und der Scholar der Lectiones in tan- tzen nimmt/ ſich in dieſen exercitio zu perfectio- niren/ oder ſelbige durch tantzen exerciret/ ſind eigentlich keine Muͤßiggaͤnger/ aber der da tantzt ſich zu beluſtigen/ oder die Zeit zu vertreiben/ geht muͤßig. Wer da Kegel ſchiebet oder den Ball ſpielet daß z. e. ein Schweiß-Pulver daß ihm der Medicus verordnet/ deſto beſſer operiren koͤnne/ oder durch den Schweiß eine befahrte Kranck- heit hintertrieben werde/ gehet nicht muͤßig/ aber wer ſeine Luſt in Ballenſpielen ſuchet/ gehet muͤſ- ſig u. ſ. w. 21. Dieweil dannenhero unter dem Thun und Laſſen des Menſchen etliches ſo beſchaffen/ das auſſer der Luſt und Zeitvertreib gar nichts nutzet/ etliches aber mehrentheils von denen Menſchen zur Luſt grbraucht wird/ ob es ſchon auch zum Nutzen und Erhaltung der Menſchlichen Guͤter kan angewendet werden/ etliches aber von denen Menſchen mehrentheils zur Nutzbarkeit gebraucht wird/ ob es ſchon auch dann und wann zu bloſſer Luſt geſchiehet; So muß man auch in Beurtheilung des Menſch- lichen Thun und Laſſens/ ob ſolches zum Muͤßig- gang gehoͤre oder nicht/ behutſam damit verfah- ren/ daß man nicht alleine die erſte Claſſe zum Muͤßiggang rechne/ ſondern auch die andre/ ſo ferne man nicht auff dieſen oder jenen Menſchen ſein Abſehen richtet/ ſondern nur uͤberhaupt fra- get/

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/423>, abgerufen am 26.11.2024.