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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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der drey Hauptlaster.
anziehen desselbigen umgebenden Glases entwe-
der die darine enthaltene oder selbiges von aussen
umgebende Geistigkeit/ heraus oder an sich zu zie-
hen trachten/ da es dann leicht geschehen kan/ daß
dieses lang anhaltende oder allzustraffe anziehen
solche Cörper zerbricht/ wie man z. e. sehen kan/
wenn man aus einen metallenen Becher/ dem man
an statt des Bodens eine runde aber flache Glaß-
scheibe mit Wachse angemacht hat/ die Lufft
pumpet: indem die zurück gebliebene wenige Luft
die umbgebende Cörper so starck anziehet/ daß
das Glaß zerbricht. Nun ist aber unter allen
Creaturen keine so sehr verdorben/ daß die
denenselben beywohnende
Geistigkeit sich
mit
ruin des ihr zu egebenen Cörpers zuver-
mehren trachten solte/ als die Thiere/ und
unter den Thieren der Mensch.
Ein Thier
wird sich zwar auch zuweilen überfressen daß es
platzen möchte. Aber ein Mensch thut fast
nichts als daß er durch tägliche
Vermeh-
rung der Geister seiner Ehrsucht/ Wohllust
und
Geldgeitzes seinen Leib verzehre/ schwä-
che und abnütze/
und also durch seine Begierden
in sein Wesen hinein stürme/ und die ihm von Gott
erlaubte Dauerung verkürtze/ daß also bey dieser
Bewandnüß nicht mehr so sehr zu verwundern/
wie es komme/ daß der Mensch die edleste Crea-
tur/ und die Thiere ein kürtzeres Leben und Daue-
rung haben/ als die Bäume/ Steine u. s. w (a)

58. Aus
(a) Besiehe das 8. H. des ersten Theils n. 4.
Bb

der drey Hauptlaſter.
anziehen deſſelbigen umgebenden Glaſes entwe-
der die darine enthaltene oder ſelbiges von auſſen
umgebende Geiſtigkeit/ heraus oder an ſich zu zie-
hen trachten/ da es dann leicht geſchehen kan/ daß
dieſes lang anhaltende oder allzuſtraffe anziehen
ſolche Coͤrper zerbricht/ wie man z. e. ſehen kan/
weñ man aus einen metallenen Becher/ dem man
an ſtatt des Bodens eine runde aber flache Glaß-
ſcheibe mit Wachſe angemacht hat/ die Lufft
pumpet: indem die zuruͤck gebliebene wenige Luft
die umbgebende Coͤrper ſo ſtarck anziehet/ daß
das Glaß zerbricht. Nun iſt aber unter allen
Creaturen keine ſo ſehr verdorben/ daß die
denenſelben beywohnende
Geiſtigkeit ſich
mit
ruin des ihr zu egebenen Coͤrpers zuver-
mehren trachten ſolte/ als die Thiere/ und
unter den Thieren der Menſch.
Ein Thier
wird ſich zwar auch zuweilen uͤberfreſſen daß es
platzen moͤchte. Aber ein Menſch thut faſt
nichts als daß er durch taͤgliche
Vermeh-
rung der Geiſter ſeiner Ehrſucht/ Wohlluſt
und
Geldgeitzes ſeinen Leib verzehre/ ſchwaͤ-
che und abnuͤtze/
und alſo durch ſeine Begierden
in ſein Weſen hinein ſtuͤꝛme/ und die ihm von Gott
erlaubte Dauerung verkuͤrtze/ daß alſo bey dieſer
Bewandnuͤß nicht mehr ſo ſehr zu verwundern/
wie es komme/ daß der Menſch die edleſte Crea-
tur/ und die Thiere ein kuͤrtzeres Leben und Daue-
rung haben/ als die Baͤume/ Steine u. ſ. w (a)

58. Aus
(a) Beſiehe das 8. H. des erſten Theils n. 4.
Bb
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[385/0397] der drey Hauptlaſter. anziehen deſſelbigen umgebenden Glaſes entwe- der die darine enthaltene oder ſelbiges von auſſen umgebende Geiſtigkeit/ heraus oder an ſich zu zie- hen trachten/ da es dann leicht geſchehen kan/ daß dieſes lang anhaltende oder allzuſtraffe anziehen ſolche Coͤrper zerbricht/ wie man z. e. ſehen kan/ weñ man aus einen metallenen Becher/ dem man an ſtatt des Bodens eine runde aber flache Glaß- ſcheibe mit Wachſe angemacht hat/ die Lufft pumpet: indem die zuruͤck gebliebene wenige Luft die umbgebende Coͤrper ſo ſtarck anziehet/ daß das Glaß zerbricht. Nun iſt aber unter allen Creaturen keine ſo ſehr verdorben/ daß die denenſelben beywohnende Geiſtigkeit ſich mit ruin des ihr zu egebenen Coͤrpers zuver- mehren trachten ſolte/ als die Thiere/ und unter den Thieren der Menſch. Ein Thier wird ſich zwar auch zuweilen uͤberfreſſen daß es platzen moͤchte. Aber ein Menſch thut faſt nichts als daß er durch taͤgliche Vermeh- rung der Geiſter ſeiner Ehrſucht/ Wohlluſt und Geldgeitzes ſeinen Leib verzehre/ ſchwaͤ- che und abnuͤtze/ und alſo durch ſeine Begierden in ſein Weſen hinein ſtuͤꝛme/ und die ihm von Gott erlaubte Dauerung verkuͤrtze/ daß alſo bey dieſer Bewandnuͤß nicht mehr ſo ſehr zu verwundern/ wie es komme/ daß der Menſch die edleſte Crea- tur/ und die Thiere ein kuͤrtzeres Leben und Daue- rung haben/ als die Baͤume/ Steine u. ſ. w (a) 58. Aus (a) Beſiehe das 8. H. des erſten Theils n. 4. Bb

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/397>, abgerufen am 24.11.2024.