Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 12. H. Von der Vermischung
ben wird. Sind es aber gleiche Geistigkeiten/
die sich mit einander zu vereinigen trachten/ wird
zwar die gleiche Krafft bey beyden Cörpern die
Verschlingung der einen von der andern so lange
verhindern biß gleichfalls eine vor der andern ei-
ne stärckere Krafft bekommen; aber sie werden
nichts destoweniger durch wechsels-weise Auß-
hauchungen und Anziehung beyde Cörper/ zu-
mahl wenn diese gleiche Krafft lange dauren sol-
te/ mercklich abzehren/ nicht anders/ als wenn
z. e. zwey in einander verliebte Ehrgeitzige Ge-
müther/ derer keines dem andern nachgeben will/
und doch beyderseits durch allerhand Griffe ein-
ander zur Liebe reitzen/ ihre Cörper so lange ab-
zehren/ biß eines über das andere die Oberhand
behält.

54. Ob nun wohl die Betrachtung aller
Geschöpffe/ wenn sie ohne praejudiciis geschiehet/
die Wahrheit obiger Lehrsätze sattsam bezeiget/
und dergleichen Vereinigungen und Streitt g-
keiten in allen Cörpern/ sie seyn nun feurig/ wäs-
sericht/ lufftig oder irrdisch/ gnungsam angemer-
cket/ auch durch unzehliche experimenta so wohl
mechanica als chymica und zwar viel besser
und deutlicher/ als durch die hypotheses Carte-
sianas, Gassendisticas,
oder Peripateticas (de-
nen es allen an einer wahrhafften oder deutlichen
Erkäntniß des der Materie entgegen gesetzten
geistigen Wesens mangelt/ und die dannenhero
nothwendig sich vieler absurden und einander

selbst

Das 12. H. Von der Vermiſchung
ben wird. Sind es aber gleiche Geiſtigkeiten/
die ſich mit einander zu vereinigen trachten/ wird
zwar die gleiche Krafft bey beyden Coͤrpern die
Verſchlingung der einen von der andern ſo lange
verhindern biß gleichfalls eine vor der andern ei-
ne ſtaͤrckere Krafft bekommen; aber ſie werden
nichts deſtoweniger durch wechſels-weiſe Auß-
hauchungen und Anziehung beyde Coͤrper/ zu-
mahl wenn dieſe gleiche Krafft lange dauren ſol-
te/ mercklich abzehren/ nicht anders/ als wenn
z. e. zwey in einander verliebte Ehrgeitzige Ge-
muͤther/ derer keines dem andern nachgeben will/
und doch beyderſeits durch allerhand Griffe ein-
ander zur Liebe reitzen/ ihre Coͤrper ſo lange ab-
zehren/ biß eines uͤber das andere die Oberhand
behaͤlt.

54. Ob nun wohl die Betrachtung aller
Geſchoͤpffe/ wenn ſie ohne præjudiciis geſchiehet/
die Wahrheit obiger Lehrſaͤtze ſattſam bezeiget/
und dergleichen Vereinigungen und Streitt g-
keiten in allen Coͤrpern/ ſie ſeyn nun feurig/ waͤſ-
ſericht/ lufftig oder irrdiſch/ gnungſam angemer-
cket/ auch durch unzehliche experimenta ſo wohl
mechanica als chymica und zwar viel beſſer
und deutlicher/ als durch die hypotheſes Carte-
ſianas, Gaſſendiſticas,
oder Peripateticas (de-
nen es allen an einer wahrhafften oder deutlichen
Erkaͤntniß des der Materie entgegen geſetzten
geiſtigen Weſens mangelt/ und die dannenhero
nothwendig ſich vieler abſurden und einander

ſelbſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0392" n="380"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 12. H. Von der Vermi&#x017F;chung</hi></fw><lb/>
ben wird. Sind es aber gleiche Gei&#x017F;tigkeiten/<lb/>
die &#x017F;ich mit einander zu vereinigen trachten/ wird<lb/>
zwar die gleiche Krafft bey beyden Co&#x0364;rpern die<lb/>
Ver&#x017F;chlingung der einen von der andern &#x017F;o lange<lb/>
verhindern biß gleichfalls eine vor der andern ei-<lb/>
ne &#x017F;ta&#x0364;rckere Krafft bekommen; aber &#x017F;ie werden<lb/>
nichts de&#x017F;toweniger durch wech&#x017F;els-wei&#x017F;e Auß-<lb/>
hauchungen und Anziehung beyde Co&#x0364;rper/ zu-<lb/>
mahl wenn die&#x017F;e gleiche Krafft lange dauren &#x017F;ol-<lb/>
te/ mercklich abzehren/ nicht anders/ als wenn<lb/>
z. e. zwey in einander verliebte Ehrgeitzige Ge-<lb/>
mu&#x0364;ther/ derer keines dem andern nachgeben will/<lb/>
und doch beyder&#x017F;eits durch allerhand Griffe ein-<lb/>
ander zur Liebe reitzen/ ihre Co&#x0364;rper &#x017F;o lange ab-<lb/>
zehren/ biß eines u&#x0364;ber das andere die Oberhand<lb/>
beha&#x0364;lt.</p><lb/>
        <p>54. Ob nun wohl die Betrachtung aller<lb/>
Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe/ wenn &#x017F;ie ohne <hi rendition="#aq">præjudiciis</hi> ge&#x017F;chiehet/<lb/>
die Wahrheit obiger Lehr&#x017F;a&#x0364;tze &#x017F;att&#x017F;am bezeiget/<lb/>
und dergleichen Vereinigungen und Streitt g-<lb/>
keiten in allen Co&#x0364;rpern/ &#x017F;ie &#x017F;eyn nun feurig/ wa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ericht/ lufftig oder irrdi&#x017F;ch/ gnung&#x017F;am angemer-<lb/>
cket/ auch durch unzehliche <hi rendition="#aq">experimenta</hi> &#x017F;o wohl<lb/><hi rendition="#aq">mechanica</hi> als <hi rendition="#aq">chymica</hi> und zwar viel be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und deutlicher/ als durch die <hi rendition="#aq">hypothe&#x017F;es Carte-<lb/>
&#x017F;ianas, Ga&#x017F;&#x017F;endi&#x017F;ticas,</hi> oder <hi rendition="#aq">Peripateticas</hi> (de-<lb/>
nen es allen an einer wahrhafften oder deutlichen<lb/>
Erka&#x0364;ntniß des der <hi rendition="#aq">Materie</hi> entgegen ge&#x017F;etzten<lb/>
gei&#x017F;tigen We&#x017F;ens mangelt/ und die dannenhero<lb/>
nothwendig &#x017F;ich vieler <hi rendition="#aq">ab&#x017F;ur</hi>den und einander<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elb&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0392] Das 12. H. Von der Vermiſchung ben wird. Sind es aber gleiche Geiſtigkeiten/ die ſich mit einander zu vereinigen trachten/ wird zwar die gleiche Krafft bey beyden Coͤrpern die Verſchlingung der einen von der andern ſo lange verhindern biß gleichfalls eine vor der andern ei- ne ſtaͤrckere Krafft bekommen; aber ſie werden nichts deſtoweniger durch wechſels-weiſe Auß- hauchungen und Anziehung beyde Coͤrper/ zu- mahl wenn dieſe gleiche Krafft lange dauren ſol- te/ mercklich abzehren/ nicht anders/ als wenn z. e. zwey in einander verliebte Ehrgeitzige Ge- muͤther/ derer keines dem andern nachgeben will/ und doch beyderſeits durch allerhand Griffe ein- ander zur Liebe reitzen/ ihre Coͤrper ſo lange ab- zehren/ biß eines uͤber das andere die Oberhand behaͤlt. 54. Ob nun wohl die Betrachtung aller Geſchoͤpffe/ wenn ſie ohne præjudiciis geſchiehet/ die Wahrheit obiger Lehrſaͤtze ſattſam bezeiget/ und dergleichen Vereinigungen und Streitt g- keiten in allen Coͤrpern/ ſie ſeyn nun feurig/ waͤſ- ſericht/ lufftig oder irrdiſch/ gnungſam angemer- cket/ auch durch unzehliche experimenta ſo wohl mechanica als chymica und zwar viel beſſer und deutlicher/ als durch die hypotheſes Carte- ſianas, Gaſſendiſticas, oder Peripateticas (de- nen es allen an einer wahrhafften oder deutlichen Erkaͤntniß des der Materie entgegen geſetzten geiſtigen Weſens mangelt/ und die dannenhero nothwendig ſich vieler abſurden und einander ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/392
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/392>, abgerufen am 24.11.2024.