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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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der drey Hauptlaster.

53. Ehe wir dieses Hauptstücke endigen/
erfordert die Nothdurfft/ daß wir noch mit we-
nigen Worten beweisen: Daß das jenige/ was
wir hierinnen offte erwehnet/ man solte ja nicht
meinen als ob bey einen Menschen die Ordnung
seiner einmahl erlangeten natürlichen
pas-
sio
nen/ durch das Alter/ Gelegenheit/ Glück/ o-
der sonsten sich enderte/ sondern vielmehr dafür
halten/ daß sie natürlicher Weise stetswäh-
rend in einer Ordnung verbleibe/
nicht an-
ders seyn könne/ sondern eine so gewisse und un-
streitige Warheit sey/ als das zwey mahl dreye
fechse sind. Dieses zu verstehen ist zu wissen/ daß
alle Begierden so wohl zum guten als bösen et-
was thätliches sind/ derer Wesen an und für
sich selbst in lauter Thun besiehet/ die die Materie
des Leibes antreiben/ so und so etwas zu verrich-
ten/ die derselben so zu sagen nach ihren Willen
sich gebrauchen/ und die also/ weil der Materie
Wesen in lauter Leiden bestehet/ sie aber der Ma-
terie
schnur stracks ihren Wesen nach entgegen
gesetzet sind/ nothwendig etwas geistliches seyn
müssen/ die über die Materie des Leibes herr-
schen/ mit welcher sie in dem Leibe durch eine zwar
empfindliche und gewisse aber dem Verstande
nach unbegreifliche Weise vereiniget sind. Die-
se Vereinigung der Geistigkeiten mit der
Materie, machet daß diese jenen ihr Leiden und
jene dieser ihre Thätligkeiten mittheilen oder
vielmehr beydes von den gantzen Cörpern gesagt

wird/
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der drey Hauptlaſter.

53. Ehe wir dieſes Hauptſtuͤcke endigen/
erfordert die Nothdurfft/ daß wir noch mit we-
nigen Worten beweiſen: Daß das jenige/ was
wir hierinnen offte erwehnet/ man ſolte ja nicht
meinen als ob bey einen Menſchen die Ordnung
ſeiner einmahl erlangeten natuͤrlichen
paſ-
ſio
nen/ durch das Alter/ Gelegenheit/ Gluͤck/ o-
der ſonſten ſich enderte/ ſondern vielmehr dafuͤr
halten/ daß ſie natuͤrlicher Weiſe ſtetswaͤh-
rend in einer Ordnung verbleibe/
nicht an-
ders ſeyn koͤnne/ ſondern eine ſo gewiſſe und un-
ſtreitige Warheit ſey/ als das zwey mahl dreye
fechſe ſind. Dieſes zu verſtehen iſt zu wiſſen/ daß
alle Begierden ſo wohl zum guten als boͤſen et-
was thaͤtliches ſind/ derer Weſen an und fuͤr
ſich ſelbſt in lauter Thun beſiehet/ die die Materie
des Leibes antreiben/ ſo und ſo etwas zu verrich-
ten/ die derſelben ſo zu ſagen nach ihren Willen
ſich gebrauchen/ und die alſo/ weil der Materie
Weſen in lauter Leiden beſtehet/ ſie aber der Ma-
terie
ſchnur ſtracks ihren Weſen nach entgegen
geſetzet ſind/ nothwendig etwas geiſtliches ſeyn
muͤſſen/ die uͤber die Materie des Leibes herr-
ſchen/ mit welcher ſie in dem Leibe durch eine zwar
empfindliche und gewiſſe aber dem Verſtande
nach unbegreifliche Weiſe vereiniget ſind. Die-
ſe Vereinigung der Geiſtigkeiten mit der
Materie, machet daß dieſe jenen ihr Leiden und
jene dieſer ihre Thaͤtligkeiten mittheilen oder
vielmehr beydes von den gantzen Coͤrpern geſagt

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[377/0389] der drey Hauptlaſter. 53. Ehe wir dieſes Hauptſtuͤcke endigen/ erfordert die Nothdurfft/ daß wir noch mit we- nigen Worten beweiſen: Daß das jenige/ was wir hierinnen offte erwehnet/ man ſolte ja nicht meinen als ob bey einen Menſchen die Ordnung ſeiner einmahl erlangeten natuͤrlichen paſ- ſionen/ durch das Alter/ Gelegenheit/ Gluͤck/ o- der ſonſten ſich enderte/ ſondern vielmehr dafuͤr halten/ daß ſie natuͤrlicher Weiſe ſtetswaͤh- rend in einer Ordnung verbleibe/ nicht an- ders ſeyn koͤnne/ ſondern eine ſo gewiſſe und un- ſtreitige Warheit ſey/ als das zwey mahl dreye fechſe ſind. Dieſes zu verſtehen iſt zu wiſſen/ daß alle Begierden ſo wohl zum guten als boͤſen et- was thaͤtliches ſind/ derer Weſen an und fuͤr ſich ſelbſt in lauter Thun beſiehet/ die die Materie des Leibes antreiben/ ſo und ſo etwas zu verrich- ten/ die derſelben ſo zu ſagen nach ihren Willen ſich gebrauchen/ und die alſo/ weil der Materie Weſen in lauter Leiden beſtehet/ ſie aber der Ma- terie ſchnur ſtracks ihren Weſen nach entgegen geſetzet ſind/ nothwendig etwas geiſtliches ſeyn muͤſſen/ die uͤber die Materie des Leibes herr- ſchen/ mit welcher ſie in dem Leibe durch eine zwar empfindliche und gewiſſe aber dem Verſtande nach unbegreifliche Weiſe vereiniget ſind. Die- ſe Vereinigung der Geiſtigkeiten mit der Materie, machet daß dieſe jenen ihr Leiden und jene dieſer ihre Thaͤtligkeiten mittheilen oder vielmehr beydes von den gantzen Coͤrpern geſagt wird/ Aa 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/389>, abgerufen am 24.11.2024.