Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.der drey Haupt-Laster. ten/ vorstellet. Die unbedachtsame Klätsche-rey eines Wohllüstigen ist gar zu offenher- tzig/ und die hartnäckigte Stöckischheit ei- nes Ehr-Geitzigen gar zu verschwiegen. Wenn aber Wohllust und Ehr-Geitz miteinander ver- mischet werden/ wird die wohllüstige Klät- scherey von der Ehr-geitzigen Stöckischheit und diese von jener hinwiederum gedämpffet/ daß sie der verschwiegenen Offenhertzigkeit der vernünfftigen Liebe ähnlich wird. Die lie- derliche und eitele Verschwendung der Wohl- lust und des Ehr-Geitzes/ sind zwar beyde von der Frepgebigkeit vernünfftiger Liebe in all zu vielen Geben entfernet/ jedoch ist die Freyge- bigkeit auch der Verschwendung näher/ als der Filtzigkeit/ und ist nur darinnen noch ein Unterschied/ daß die Freygebigkeit und Gut- thätigkeit auf alle Menschen gehet/ da hinge- gen die Wohllüstige Verschwendung mehren- theils auf liederliche/ die Ehr-geitzige aber auf Ehr-geitzige Leute gewendet wird. Wenn aber Wohllust und Ehr-Geitz gemischet sind/ so kommen sie der gutthäthigen Freygebig- keit ziemlich nahe/ weil so dann die Ver- schwendung etwas klüger/ und nicht so in Tag hinein/ auch nach der Welt Stilo auff honnetter Frauen-Zimmer/ auf vornehmere Gesellschafft/ ingleichen mehr auff dürffti- ge und nothleidende gewendet wird. Die Knech- U 4
der drey Haupt-Laſter. ten/ vorſtellet. Die unbedachtſame Klaͤtſche-rey eines Wohlluͤſtigen iſt gar zu offenher- tzig/ und die hartnaͤckigte Stoͤckiſchheit ei- nes Ehr-Geitzigen gar zu verſchwiegen. Wenn aber Wohlluſt und Ehr-Geitz miteinander ver- miſchet werden/ wird die wohlluͤſtige Klaͤt- ſcherey von der Ehr-geitzigen Stoͤckiſchheit und dieſe von jener hinwiederum gedaͤmpffet/ daß ſie der verſchwiegenen Offenhertzigkeit der vernuͤnfftigen Liebe aͤhnlich wird. Die lie- derliche und eitele Verſchwendung der Wohl- luſt und des Ehr-Geitzes/ ſind zwar beyde von der Frepgebigkeit vernuͤnfftiger Liebe in all zu vielen Geben entfernet/ jedoch iſt die Freyge- bigkeit auch der Verſchwendung naͤher/ als der Filtzigkeit/ und iſt nur darinnen noch ein Unterſchied/ daß die Freygebigkeit und Gut- thaͤtigkeit auf alle Menſchen gehet/ da hinge- gen die Wohlluͤſtige Verſchwendung mehren- theils auf liederliche/ die Ehr-geitzige aber auf Ehr-geitzige Leute gewendet wird. Wenn aber Wohlluſt und Ehr-Geitz gemiſchet ſind/ ſo kommen ſie der gutthaͤthigen Freygebig- keit ziemlich nahe/ weil ſo dann die Ver- ſchwendung etwas kluͤger/ und nicht ſo in Tag hinein/ auch nach der Welt Stilo auff honnetter Frauen-Zimmer/ auf vornehmere Geſellſchafft/ ingleichen mehr auff duͤrffti- ge und nothleidende gewendet wird. Die Knech- U 4
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der drey Haupt-Laſter.
ten/ vorſtellet. Die unbedachtſame Klaͤtſche-
rey eines Wohlluͤſtigen iſt gar zu offenher-
tzig/ und die hartnaͤckigte Stoͤckiſchheit ei-
nes Ehr-Geitzigen gar zu verſchwiegen. Wenn
aber Wohlluſt und Ehr-Geitz miteinander ver-
miſchet werden/ wird die wohlluͤſtige Klaͤt-
ſcherey von der Ehr-geitzigen Stoͤckiſchheit und
dieſe von jener hinwiederum gedaͤmpffet/ daß
ſie der verſchwiegenen Offenhertzigkeit
der vernuͤnfftigen Liebe aͤhnlich wird. Die lie-
derliche und eitele Verſchwendung der Wohl-
luſt und des Ehr-Geitzes/ ſind zwar beyde von
der Frepgebigkeit vernuͤnfftiger Liebe in all zu
vielen Geben entfernet/ jedoch iſt die Freyge-
bigkeit auch der Verſchwendung naͤher/ als
der Filtzigkeit/ und iſt nur darinnen noch ein
Unterſchied/ daß die Freygebigkeit und Gut-
thaͤtigkeit auf alle Menſchen gehet/ da hinge-
gen die Wohlluͤſtige Verſchwendung mehren-
theils auf liederliche/ die Ehr-geitzige aber auf
Ehr-geitzige Leute gewendet wird. Wenn
aber Wohlluſt und Ehr-Geitz gemiſchet ſind/
ſo kommen ſie der gutthaͤthigen Freygebig-
keit ziemlich nahe/ weil ſo dann die Ver-
ſchwendung etwas kluͤger/ und nicht ſo in
Tag hinein/ auch nach der Welt Stilo auff
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ge und nothleidende gewendet wird. Die
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