Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
mit sich herum/ oder theilte sich in so viel Theile/
als er Güter hätte/ daß er allenthalben seyn kön-
te. Weil es aber nicht möglich ist/ so drückt er
sich dererselben Summe/ Beschaffenheiten
und Ordnung feste in sein Gedächtnüs.
Was
sein Geld betrifft/ ist sein Kopff ein lebendig Re-
chenbuch/ darinnen er weiß/ was er in diesem
Sacke für species und Summen hat/ wie viel
er diesem/ wie viel ihm jener schuldig sey/ daß
es also schwer ist/ ihn um einen Dreyer zu besteh-
len/ oder zu vervortheilen/ daß er es nicht mer-
cken solle. Wegen seiner unbeweglichen Gü-
ter
weiß er perfect, wie viel Gemächer/ ja wie
viel Löcher und Winckel in seinem Hause
seyn. Sein Kopff ist ein lebendig inventa-
rium,
es sey nun fundi instructi, oder cum
instrumento:
Es sind keine Mobilien so
geringe/ kein Buch so klein/ das er in seinem
Hause oder Bibliotheque nicht wissen solle. Und
damit sein Gedächtnüs nicht turbiret werde/ muß
alles von solchen Dingen in seiner Ordnung
stehen oder liegen/ und wenn man es gebraucht/
(wiewohl dieses selten geschicht/) gantz accurat
wieder hingebracht werden. Er weiß alle Ru-
ten Landes
von seinem Acker/ alle Gräntzen/
alle seine Schaffe/ Lämmer/ und ander Vieh:
Und weil dieses so ordentlich nicht immer bleiben
kan/ als die Dinge/ die sich nicht selbst bewe-
gen/ so drückt er sich die Dinge/ durch welche
er sie von andern unterscheiden kan/ feste in sein

Ge-

Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
mit ſich herum/ oder theilte ſich in ſo viel Theile/
als er Guͤter haͤtte/ daß er allenthalben ſeyn koͤn-
te. Weil es aber nicht moͤglich iſt/ ſo druͤckt er
ſich dererſelben Summe/ Beſchaffenheiten
und Ordnung feſte in ſein Gedaͤchtnuͤs.
Was
ſein Geld betrifft/ iſt ſein Kopff ein lebendig Re-
chenbuch/ darinnen er weiß/ was er in dieſem
Sacke fuͤr ſpecies und Summen hat/ wie viel
er dieſem/ wie viel ihm jener ſchuldig ſey/ daß
es alſo ſchwer iſt/ ihn um einen Dreyer zu beſteh-
len/ oder zu vervortheilen/ daß er es nicht mer-
cken ſolle. Wegen ſeiner unbeweglichen Guͤ-
ter
weiß er perfect, wie viel Gemaͤcher/ ja wie
viel Loͤcher und Winckel in ſeinem Hauſe
ſeyn. Sein Kopff iſt ein lebendig inventa-
rium,
es ſey nun fundi inſtructi, oder cum
inſtrumento:
Es ſind keine Mobilien ſo
geringe/ kein Buch ſo klein/ das er in ſeinem
Hauſe oder Bibliotheque nicht wiſſen ſolle. Und
damit ſein Gedaͤchtnuͤs nicht turbiret werde/ muß
alles von ſolchen Dingen in ſeiner Ordnung
ſtehen oder liegen/ und wenn man es gebraucht/
(wiewohl dieſes ſelten geſchicht/) gantz accurat
wieder hingebracht werden. Er weiß alle Ru-
ten Landes
von ſeinem Acker/ alle Graͤntzen/
alle ſeine Schaffe/ Laͤmmer/ und ander Vieh:
Und weil dieſes ſo ordentlich nicht immer bleiben
kan/ als die Dinge/ die ſich nicht ſelbſt bewe-
gen/ ſo druͤckt er ſich die Dinge/ durch welche
er ſie von andern unterſcheiden kan/ feſte in ſein

Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0296" n="284"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 11. H. von dem Geld-Geitz/</hi></fw><lb/>
mit &#x017F;ich herum/ oder theilte &#x017F;ich in &#x017F;o viel Theile/<lb/>
als er Gu&#x0364;ter ha&#x0364;tte/ daß er allenthalben &#x017F;eyn ko&#x0364;n-<lb/>
te. Weil es aber nicht mo&#x0364;glich i&#x017F;t/ <hi rendition="#fr">&#x017F;o dru&#x0364;ckt er<lb/>
&#x017F;ich derer&#x017F;elben Summe/ Be&#x017F;chaffenheiten<lb/>
und Ordnung fe&#x017F;te in &#x017F;ein Geda&#x0364;chtnu&#x0364;s.</hi> Was<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ein</hi> Geld betrifft/ i&#x017F;t &#x017F;ein Kopff ein lebendig Re-<lb/>
chenbuch/ darinnen er weiß/ was er in die&#x017F;em<lb/>
Sacke fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">&#x017F;pecies</hi> und Summen hat/ wie viel<lb/>
er die&#x017F;em/ wie viel ihm jener &#x017F;chuldig &#x017F;ey/ daß<lb/>
es al&#x017F;o &#x017F;chwer i&#x017F;t/ ihn um einen Dreyer zu be&#x017F;teh-<lb/>
len/ oder zu vervortheilen/ daß er es nicht mer-<lb/>
cken &#x017F;olle. Wegen <hi rendition="#fr">&#x017F;einer unbeweglichen Gu&#x0364;-<lb/>
ter</hi> weiß er <hi rendition="#aq">perfect,</hi> wie viel Gema&#x0364;cher/ ja wie<lb/>
viel Lo&#x0364;cher und Winckel in &#x017F;einem Hau&#x017F;e<lb/>
&#x017F;eyn. Sein Kopff i&#x017F;t ein lebendig <hi rendition="#aq">inventa-<lb/>
rium,</hi> es &#x017F;ey nun <hi rendition="#aq">fundi in&#x017F;tructi,</hi> oder <hi rendition="#aq">cum<lb/>
in&#x017F;trumento:</hi> Es &#x017F;ind <hi rendition="#fr">keine</hi> <hi rendition="#aq">Mobili</hi><hi rendition="#fr">en</hi> &#x017F;o<lb/>
geringe/ <hi rendition="#fr">kein Buch</hi> &#x017F;o klein/ das er in &#x017F;einem<lb/>
Hau&#x017F;e oder <hi rendition="#aq">Bibliotheque</hi> nicht wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olle. Und<lb/>
damit &#x017F;ein Geda&#x0364;chtnu&#x0364;s nicht <hi rendition="#aq">turbir</hi>et werde/ muß<lb/>
alles von &#x017F;olchen Dingen <hi rendition="#fr">in &#x017F;einer Ordnung</hi><lb/>
&#x017F;tehen oder liegen/ und wenn man es gebraucht/<lb/>
(wiewohl die&#x017F;es &#x017F;elten ge&#x017F;chicht/) gantz <hi rendition="#aq">accurat</hi><lb/>
wieder hingebracht werden. Er weiß alle <hi rendition="#fr">Ru-<lb/>
ten Landes</hi> von &#x017F;einem Acker/ alle <hi rendition="#fr">Gra&#x0364;ntzen/</hi><lb/>
alle &#x017F;eine <hi rendition="#fr">Schaffe/ La&#x0364;mmer/</hi> und ander Vieh:<lb/>
Und weil die&#x017F;es &#x017F;o ordentlich nicht immer bleiben<lb/>
kan/ als die Dinge/ die &#x017F;ich nicht &#x017F;elb&#x017F;t bewe-<lb/>
gen/ &#x017F;o dru&#x0364;ckt er &#x017F;ich die Dinge/ durch welche<lb/>
er &#x017F;ie von andern unter&#x017F;cheiden kan/ fe&#x017F;te in &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0296] Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ mit ſich herum/ oder theilte ſich in ſo viel Theile/ als er Guͤter haͤtte/ daß er allenthalben ſeyn koͤn- te. Weil es aber nicht moͤglich iſt/ ſo druͤckt er ſich dererſelben Summe/ Beſchaffenheiten und Ordnung feſte in ſein Gedaͤchtnuͤs. Was ſein Geld betrifft/ iſt ſein Kopff ein lebendig Re- chenbuch/ darinnen er weiß/ was er in dieſem Sacke fuͤr ſpecies und Summen hat/ wie viel er dieſem/ wie viel ihm jener ſchuldig ſey/ daß es alſo ſchwer iſt/ ihn um einen Dreyer zu beſteh- len/ oder zu vervortheilen/ daß er es nicht mer- cken ſolle. Wegen ſeiner unbeweglichen Guͤ- ter weiß er perfect, wie viel Gemaͤcher/ ja wie viel Loͤcher und Winckel in ſeinem Hauſe ſeyn. Sein Kopff iſt ein lebendig inventa- rium, es ſey nun fundi inſtructi, oder cum inſtrumento: Es ſind keine Mobilien ſo geringe/ kein Buch ſo klein/ das er in ſeinem Hauſe oder Bibliotheque nicht wiſſen ſolle. Und damit ſein Gedaͤchtnuͤs nicht turbiret werde/ muß alles von ſolchen Dingen in ſeiner Ordnung ſtehen oder liegen/ und wenn man es gebraucht/ (wiewohl dieſes ſelten geſchicht/) gantz accurat wieder hingebracht werden. Er weiß alle Ru- ten Landes von ſeinem Acker/ alle Graͤntzen/ alle ſeine Schaffe/ Laͤmmer/ und ander Vieh: Und weil dieſes ſo ordentlich nicht immer bleiben kan/ als die Dinge/ die ſich nicht ſelbſt bewe- gen/ ſo druͤckt er ſich die Dinge/ durch welche er ſie von andern unterſcheiden kan/ feſte in ſein Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/296
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/296>, abgerufen am 25.11.2024.