Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.und denen daher rührenden Untugenden. bloß auf das leidige Geld erpicht sind/ das-selbige bewahren/ und dabey Frost/ Hunger und Durst ausstehen/ und von andern Gütern entblösset seyn. Wo aber kein Geld ist/ und wo man des Tauschens an Statt des Kauffens und Verkauffens sich bedienet/ da fället wohl das Hertze eines Geitzigen auf die Erde/ daraus das Gold genommen ist/ und was man zu deren Gebrauch vonnöthen hat/ nemlich auf den Ackerbau und Vieh-Zucht. Wiewohl ich die Natur des Goldes und Silbers nicht so ge- nau verstehe/ daß ich darinnen etwas gewisses sagen solte; Ob nicht das Gemüth eines Geld- Geitzigen von Natur auf Gold und Silber mehr als auf andere Creaturen/ oder auch als auf ander Metall oder Materialien/ als Leder/ Baum-Rinden u. s. w. derer man sich an Statt Goldes und Silbers ehedessen und anderswo bedienet hat/ und noch bedienet/ fal- len solte; So viel ist gewiß/ daß ein Mensch/ er habe nun so wenig Geitz als er wolle/ dennoch Müntze von feinem Silber und Golde lieber ha- be/ als andere: Und daß ein klein Kind/ das auf andere Art die bey-affecten des Geld-Geitzes spüren läst/ bey Ansehung Goldes und Silbers für Freuden zappeln werde; Aber ich kan doch nicht gewiß sagen/ ob dieses nicht dem Glantz und polirten Schein dieses Metalls mehr zuzuschreiben sey/ als einen natür- lichen S 3
und denen daher ruͤhrenden Untugenden. bloß auf das leidige Geld erpicht ſind/ daſ-ſelbige bewahren/ und dabey Froſt/ Hunger und Durſt ausſtehen/ und von andern Guͤtern entbloͤſſet ſeyn. Wo aber kein Geld iſt/ und wo man des Tauſchens an Statt des Kauffens und Verkauffens ſich bedienet/ da faͤllet wohl das Hertze eines Geitzigen auf die Erde/ daraus das Gold genommen iſt/ und was man zu deren Gebrauch vonnoͤthen hat/ nemlich auf den Ackerbau und Vieh-Zucht. Wiewohl ich die Natur des Goldes und Silbers nicht ſo ge- nau verſtehe/ daß ich darinnen etwas gewiſſes ſagen ſolte; Ob nicht das Gemuͤth eines Geld- Geitzigen von Natur auf Gold und Silber mehr als auf andere Creaturen/ oder auch als auf ander Metall oder Materialien/ als Leder/ Baum-Rinden u. ſ. w. derer man ſich an Statt Goldes und Silbers ehedeſſen und anderswo bedienet hat/ und noch bedienet/ fal- len ſolte; So viel iſt gewiß/ daß ein Menſch/ er habe nun ſo wenig Geitz als er wolle/ dennoch Muͤntze von feinem Silber und Golde lieber ha- be/ als andere: Und daß ein klein Kind/ das auf andere Art die bey-affecten des Geld-Geitzes ſpuͤren laͤſt/ bey Anſehung Goldes und Silbers fuͤr Freuden zappeln werde; Aber ich kan doch nicht gewiß ſagen/ ob dieſes nicht dem Glantz und polirten Schein dieſes Metalls mehr zuzuſchreiben ſey/ als einen natuͤr- lichen S 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0289" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und denen daher ruͤhrenden Untugenden.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">bloß auf das leidige Geld</hi> erpicht ſind/ daſ-<lb/> ſelbige bewahren/ und dabey Froſt/ Hunger<lb/> und Durſt ausſtehen/ und von andern Guͤtern<lb/> entbloͤſſet ſeyn. Wo aber <hi rendition="#fr">kein Geld iſt/</hi> und<lb/> wo man des Tauſchens an Statt des Kauffens<lb/> und Verkauffens ſich bedienet/ da faͤllet wohl<lb/> das Hertze eines Geitzigen auf die Erde/ daraus<lb/> das Gold genommen iſt/ und was man zu deren<lb/> Gebrauch vonnoͤthen hat/ nemlich auf <hi rendition="#fr">den<lb/> Ackerbau und Vieh-Zucht.</hi> Wiewohl ich<lb/> die Natur des Goldes und Silbers nicht ſo ge-<lb/> nau verſtehe/ daß ich darinnen etwas gewiſſes<lb/> ſagen ſolte; <hi rendition="#fr">Ob nicht das Gemuͤth eines Geld-<lb/> Geitzigen von Natur auf Gold und Silber<lb/> mehr als auf andere Creaturen/ oder auch<lb/> als auf ander Metall</hi> oder Materialien/ als<lb/> Leder/ Baum-Rinden u. ſ. w. derer man ſich<lb/> an Statt Goldes und Silbers ehedeſſen und<lb/> anderswo bedienet hat/ und noch bedienet/ <hi rendition="#fr">fal-<lb/> len ſolte;</hi> So viel iſt gewiß/ daß ein Menſch/<lb/> er habe nun ſo wenig Geitz als er wolle/ dennoch<lb/> Muͤntze von feinem Silber und Golde lieber ha-<lb/> be/ als andere: Und daß ein klein Kind/ das auf<lb/> andere Art die bey-<hi rendition="#aq">affect</hi>en des Geld-Geitzes<lb/> ſpuͤren laͤſt/ bey Anſehung Goldes und Silbers<lb/> fuͤr Freuden zappeln werde; Aber ich kan<lb/> doch nicht gewiß ſagen/ ob dieſes nicht dem<lb/> Glantz und <hi rendition="#aq">polirt</hi>en Schein dieſes Metalls<lb/> mehr zuzuſchreiben ſey/ als einen natuͤr-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [277/0289]
und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
bloß auf das leidige Geld erpicht ſind/ daſ-
ſelbige bewahren/ und dabey Froſt/ Hunger
und Durſt ausſtehen/ und von andern Guͤtern
entbloͤſſet ſeyn. Wo aber kein Geld iſt/ und
wo man des Tauſchens an Statt des Kauffens
und Verkauffens ſich bedienet/ da faͤllet wohl
das Hertze eines Geitzigen auf die Erde/ daraus
das Gold genommen iſt/ und was man zu deren
Gebrauch vonnoͤthen hat/ nemlich auf den
Ackerbau und Vieh-Zucht. Wiewohl ich
die Natur des Goldes und Silbers nicht ſo ge-
nau verſtehe/ daß ich darinnen etwas gewiſſes
ſagen ſolte; Ob nicht das Gemuͤth eines Geld-
Geitzigen von Natur auf Gold und Silber
mehr als auf andere Creaturen/ oder auch
als auf ander Metall oder Materialien/ als
Leder/ Baum-Rinden u. ſ. w. derer man ſich
an Statt Goldes und Silbers ehedeſſen und
anderswo bedienet hat/ und noch bedienet/ fal-
len ſolte; So viel iſt gewiß/ daß ein Menſch/
er habe nun ſo wenig Geitz als er wolle/ dennoch
Muͤntze von feinem Silber und Golde lieber ha-
be/ als andere: Und daß ein klein Kind/ das auf
andere Art die bey-affecten des Geld-Geitzes
ſpuͤren laͤſt/ bey Anſehung Goldes und Silbers
fuͤr Freuden zappeln werde; Aber ich kan
doch nicht gewiß ſagen/ ob dieſes nicht dem
Glantz und polirten Schein dieſes Metalls
mehr zuzuſchreiben ſey/ als einen natuͤr-
lichen
S 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/289 |
Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/289>, abgerufen am 24.07.2024. |