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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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und denen daher rührenden Unt.
sein gröstes Vergnügen darinnen/ daß er andern
Leuten befehlen möge/ und ist ihm zuwider wenn
er andern was zu gefallen thun soll. Jch weiß
ja wohl/ daß ein Ehrgeitziger denen Leuten die über
ihn sind viel Dinge zu gefallen thut/ und man
mehr mit ihm als mit Wohllüstigen und Geld-
geitzigen ausrichten kan; Aber es gehet diese
Dienstleistung nicht von Hertzen/ wie bey einem
Tugendhafften/ sondern sie ist allemahl interessi-
ret/ und ein Ehrgeitziger trachtet allemahl darnach
durch solche Dienstleistungen entweder eine sol-
che Beförderung zu erlangen/ daß er andern
Leuten befehlen kan/ oder aber das Hertz des
jenigen selbst/ den er Dienste leistet zu übermei-
stern/ daß er hernach selbiges desto enger in sei-
nen Befehlen erhalten möge.

21. Es ist zwar die Freyheit/ wenn man
nach der sich selbst gelassenen Vernunfft davon
reden wil/ ein Gut das nicht zu verachten/ son-
dern in seinen Werth zu lassen ist/ und ist zum
wenigsten kein Zweiffel/ daß/ wenn ein weiser
Mann die Wahl hat zur Freyheit oder Knecht-
schafft zu greiffen/ er nicht lieber zu jener greiffen
werde; weil er andere Ursachen zu geschweigen/
in der Freyheit meherer Proben seiner venünff-
tigen Liebe durch ungezwungene Thaten erwei-
sen kan als in dem er in gehorsam stehet/ und man
also nicht allemahl sehen kan/ ob er ein Ding
freywillig oder aus Gehorsam und Furcht ge-
than. Und pflegen sich offte Ehrgeitzige Leute

damit
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und denen daher ruͤhrenden Unt.
ſein groͤſtes Vergnuͤgen darinnen/ daß er andern
Leuten befehlen moͤge/ und iſt ihm zuwider wenn
er andern was zu gefallen thun ſoll. Jch weiß
ja wohl/ daß ein Ehrgeitziger denen Leuten die uͤber
ihn ſind viel Dinge zu gefallen thut/ und man
mehr mit ihm als mit Wohlluͤſtigen und Geld-
geitzigen ausrichten kan; Aber es gehet dieſe
Dienſtleiſtung nicht von Hertzen/ wie bey einem
Tugendhafften/ ſondern ſie iſt allemahl interesſi-
ret/ und ein Ehrgeitziger trachtet allemahl darnach
durch ſolche Dienſtleiſtungen entweder eine ſol-
che Befoͤrderung zu erlangen/ daß er andern
Leuten befehlen kan/ oder aber das Hertz des
jenigen ſelbſt/ den er Dienſte leiſtet zu uͤbermei-
ſtern/ daß er hernach ſelbiges deſto enger in ſei-
nen Befehlen erhalten moͤge.

21. Es iſt zwar die Freyheit/ wenn man
nach der ſich ſelbſt gelaſſenen Vernunfft davon
reden wil/ ein Gut das nicht zu verachten/ ſon-
dern in ſeinen Werth zu laſſen iſt/ und iſt zum
wenigſten kein Zweiffel/ daß/ wenn ein weiſer
Mann die Wahl hat zur Freyheit oder Knecht-
ſchafft zu greiffen/ er nicht lieber zu jener greiffen
werde; weil er andere Urſachen zu geſchweigen/
in der Freyheit meherer Proben ſeiner venuͤnff-
tigen Liebe durch ungezwungene Thaten erwei-
ſen kan als in dem er in gehorſam ſtehet/ und man
alſo nicht allemahl ſehen kan/ ob er ein Ding
freywillig oder aus Gehorſam und Furcht ge-
than. Und pflegen ſich offte Ehrgeitzige Leute

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[233/0245] und denen daher ruͤhrenden Unt. ſein groͤſtes Vergnuͤgen darinnen/ daß er andern Leuten befehlen moͤge/ und iſt ihm zuwider wenn er andern was zu gefallen thun ſoll. Jch weiß ja wohl/ daß ein Ehrgeitziger denen Leuten die uͤber ihn ſind viel Dinge zu gefallen thut/ und man mehr mit ihm als mit Wohlluͤſtigen und Geld- geitzigen ausrichten kan; Aber es gehet dieſe Dienſtleiſtung nicht von Hertzen/ wie bey einem Tugendhafften/ ſondern ſie iſt allemahl interesſi- ret/ und ein Ehrgeitziger trachtet allemahl darnach durch ſolche Dienſtleiſtungen entweder eine ſol- che Befoͤrderung zu erlangen/ daß er andern Leuten befehlen kan/ oder aber das Hertz des jenigen ſelbſt/ den er Dienſte leiſtet zu uͤbermei- ſtern/ daß er hernach ſelbiges deſto enger in ſei- nen Befehlen erhalten moͤge. 21. Es iſt zwar die Freyheit/ wenn man nach der ſich ſelbſt gelaſſenen Vernunfft davon reden wil/ ein Gut das nicht zu verachten/ ſon- dern in ſeinen Werth zu laſſen iſt/ und iſt zum wenigſten kein Zweiffel/ daß/ wenn ein weiſer Mann die Wahl hat zur Freyheit oder Knecht- ſchafft zu greiffen/ er nicht lieber zu jener greiffen werde; weil er andere Urſachen zu geſchweigen/ in der Freyheit meherer Proben ſeiner venuͤnff- tigen Liebe durch ungezwungene Thaten erwei- ſen kan als in dem er in gehorſam ſtehet/ und man alſo nicht allemahl ſehen kan/ ob er ein Ding freywillig oder aus Gehorſam und Furcht ge- than. Und pflegen ſich offte Ehrgeitzige Leute damit P 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/245>, abgerufen am 25.11.2024.