Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 9. H. Von der Wollust ten/ daß hieran die Lehrer guten theils schul-dig seyn/ indem sie die Kinder oder Auditores mit auswendig lernen solcher Dinge/ die diese nicht verstehen/ placken/ (da doch hierinnen keine Ge- lahrheit bestehet) und dadurch/ so wol auch durch ihre Unfreundlichkeit/ auch manchmahl Feindse- ligkeit diesen einen Haß gegen das studiren erwe- cken/ welches alles nicht würde geschehen seyn/ wenn man die Sache mit Freundligkeit tractire- te/ ex Ludo Literario nicht Carnificinam mach- te/ und an statt des auswendig lernen und ver- drüßlichen Worte (zu der sich die Ungedult wohl- lüstiger Leute nicht schickt/) mit einer anmuthigen Conversation realia tractirte. 42. Hiernechst ist zwar an dem/ daß weil ein 43. So hat demnach das studiren eines daß
Das 9. H. Von der Wolluſt ten/ daß hieran die Lehrer guten theils ſchul-dig ſeyn/ indem ſie die Kinder oder Auditores mit auswendig lernen ſolcher Dinge/ die dieſe nicht verſtehen/ placken/ (da doch hierinnen keine Ge- lahrheit beſtehet) und dadurch/ ſo wol auch durch ihre Unfreundlichkeit/ auch manchmahl Feindſe- ligkeit dieſen einen Haß gegen das ſtudiren erwe- cken/ welches alles nicht wuͤrde geſchehen ſeyn/ wenn man die Sache mit Freundligkeit tractire- te/ ex Ludo Literario nicht Carnificinam mach- te/ und an ſtatt des auswendig lernen und ver- druͤßlichen Worte (zu der ſich die Ungedult wohl- luͤſtiger Leute nicht ſchickt/) mit einer anmuthigen Converſation realia tractirte. 42. Hiernechſt iſt zwar an dem/ daß weil ein 43. So hat demnach das ſtudiren eines daß
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Das 9. H. Von der Wolluſt
ten/ daß hieran die Lehrer guten theils ſchul-
dig ſeyn/ indem ſie die Kinder oder Auditores mit
auswendig lernen ſolcher Dinge/ die dieſe nicht
verſtehen/ placken/ (da doch hierinnen keine Ge-
lahrheit beſtehet) und dadurch/ ſo wol auch durch
ihre Unfreundlichkeit/ auch manchmahl Feindſe-
ligkeit dieſen einen Haß gegen das ſtudiren erwe-
cken/ welches alles nicht wuͤrde geſchehen ſeyn/
wenn man die Sache mit Freundligkeit tractire-
te/ ex Ludo Literario nicht Carnificinam mach-
te/ und an ſtatt des auswendig lernen und ver-
druͤßlichen Worte (zu der ſich die Ungedult wohl-
luͤſtiger Leute nicht ſchickt/) mit einer anmuthigen
Converſation realia tractirte.
42. Hiernechſt iſt zwar an dem/ daß weil ein
Wohlluͤſtiger wegen ſeiner Ungedult und Nach-
laͤßigkeit nicht leichte an eine Ordnung ſich
bindet/ freylich kein Menſche geneigter ſey hinter
die Schule zu gehen/ Collegia zu verſaͤumen/ o-
der (wenn es ein Lehrer iſt) nicht zu abſolviren/ und
offters propter pocula auszuſetzen/ als ein Wol-
luͤſtiger. Aber deswegen folget nicht/ daß er
nicht Luſt koͤnne haben etwas zu lernen. Das
ſtudiren iſt eben nicht an eine gewiſſe und ordent-
liche Stunde gebunden.
43. So hat demnach das ſtudiren eines
Wohlluͤſtigen dieſe Beſchaffenhet/ daß es nicht
mit viel Kopffbrechen und ſubtilen abſtrahiren zu
thun habe/ ſondern auff Dinge falle/ die mit aͤu-
ſerlichen Sinnen leichte begriffen werden;
daß
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/220>, abgerufen am 23.07.2024. |