Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 1. Hauptst. von denen Ursachen Hochachtung zum Grunde praesupponire/ daßaus dieser eine sorgfältige Gefälligkeit/ aus der Gefälligkeit eine vertrauliche Gut- thätigkeit/ und endlich wenn die Liebe vollkom- men sey/ eine völlige Gemeinschafft alles Ver- mögens/ und alles vernünfftigen Thun und Las- sens erwachse. Wir haben ferner gewiesen/ daß der Mensch umb der vernünfftigen Liebe willen durch Mäßigkeit/ Reinligkeit/ Ar- beitsamkeit und Tapfferkeit sein Leben zu er- halten bemühet seyn/ und endlich in allen Vier allgemeinen Gesellschafften des Menschli- chen Geschlechts die vernünfftige Liebe zum Grunde setzen solle. 2. Wenn man nun erweget/ daß kein Men- 3. Gleichwohl aber wenn wir mit unparteyi- lig-
Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen Hochachtung zum Grunde præſupponire/ daßaus dieſer eine ſorgfaͤltige Gefaͤlligkeit/ aus der Gefaͤlligkeit eine vertrauliche Gut- thaͤtigkeit/ und endlich wenn die Liebe vollkom- men ſey/ eine voͤllige Gemeinſchafft alles Ver- moͤgens/ und alles vernuͤnfftigen Thun und Laſ- ſens erwachſe. Wir haben ferner gewieſen/ daß der Menſch umb der vernuͤnfftigen Liebe willen durch Maͤßigkeit/ Reinligkeit/ Ar- beitſamkeit und Tapfferkeit ſein Leben zu er- halten bemuͤhet ſeyn/ und endlich in allen Vier allgemeinen Geſellſchafften des Menſchli- chen Geſchlechts die vernuͤnfftige Liebe zum Grunde ſetzen ſolle. 2. Wenn man nun erweget/ daß kein Men- 3. Gleichwohl aber wenn wir mit unparteyi- lig-
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Das 1. Hauptſt. von denen Urſachen
Hochachtung zum Grunde præſupponire/ daß
aus dieſer eine ſorgfaͤltige Gefaͤlligkeit/
aus der Gefaͤlligkeit eine vertrauliche Gut-
thaͤtigkeit/ und endlich wenn die Liebe vollkom-
men ſey/ eine voͤllige Gemeinſchafft alles Ver-
moͤgens/ und alles vernuͤnfftigen Thun und Laſ-
ſens erwachſe. Wir haben ferner gewieſen/
daß der Menſch umb der vernuͤnfftigen Liebe
willen durch Maͤßigkeit/ Reinligkeit/ Ar-
beitſamkeit und Tapfferkeit ſein Leben zu er-
halten bemuͤhet ſeyn/ und endlich in allen Vier
allgemeinen Geſellſchafften des Menſchli-
chen Geſchlechts die vernuͤnfftige Liebe zum
Grunde ſetzen ſolle.
2. Wenn man nun erweget/ daß kein Men-
ſche in der Welt iſt/ dem GOtt nicht ſeine Ver-
nunfft verliehen habe/ und der nicht alleine ſich
wuͤndſchet/ ſondern auch in allen ſeinen Thun
und Laſſen ſein vornehmſtes Abſehen dahin rich-
tet/ wie Er ſich gluͤckſeelig machen moͤge; ſo ſol-
te man gar bald meynen/ es koͤnne nicht fehlen/
es muͤſten auch/ wo nicht alle/ doch der groͤßte
Theil der Menſchen in einem gluͤckſeeligen
Zuſtande leben.
3. Gleichwohl aber wenn wir mit unparteyi-
ſchen Augen uns ſelbſt/ andere Menſchen umb
und neben uns/ ja das gantze Menſchliche Ge-
ſchlecht/ ſo weit daſſelbe uns bekant iſt/ betrach-
ten/ ſo finden wir leider in der That/ daß wir/
andere/ ja faſt alle Menſchen die ungluͤckſee-
lig-
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