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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 3. H. wie die Gemüths Neig.
des durch die Endschafft desselben entstandenen
gegenwärtigen Guten Freude/ und im Gegentheil
erwecken die Gedancken des vergangenen Guten/
und des durch dessen Endigung erfolgten gegen-
wärtigen übels Betrübniß; oder aber er stellet sich
das vergangene als wiederumb zukünfftig vor/
so dann entstehen erstlich Gemüths-Bewegun-
gen/ die sich nach diesen zukünfftigen oder von
demselben neigen/ nemlich nach Gelegenheit der
Umbstände Hoffnung/ Furcht/ Verlangen/ Ver-
zweiffelung/ u. s. w.

40. Eine fast gleiche Bewandniß hat es mit
dem zukünfftigen. Denn so ferne der Mensch
solches als zukünfftig betrachtet/ werden da-
durch jetzt besagte Gemüths-Bewegungen rege
gemacht; Wenn er aber das Zukünfftige sich als
allbereit gegenwärtig
vorstellet/ ruhet die See-
le gleichsam darinnen/ und freuet sich oder ist be-
trübet.

41. Woltestu nun gleich sagen/ daß man
gleichwohl an der Verzweiffelung ein Exempel
eines Affects geben könte/ der nicht gegen das
zukünftige
sich bewegte/ weil ich in der Verzweif-
felung mir zuweilen ein vergangenes und verlohr-
nes gute vorstellete/ daß ich nimmer wieder kriegen
kan; So ist doch dieses leicht zu beantworten. Du
betriegest dich. Die Verzweiffelung ist allezeit
ein Verlangen das übel loß zu werden/ das al-
lezeit künftig zu seyn geglaubet wird;
und wenn
schon im besagten Fall durch die Betrachtung des

ver-

Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig.
des durch die Endſchafft deſſelben entſtandenen
gegenwaͤrtigen Guten Freude/ und im Gegentheil
erwecken die Gedancken des vergangenen Guten/
und des durch deſſen Endigung erfolgten gegen-
waͤrtigen uͤbels Betruͤbniß; oder aber er ſtellet ſich
das vergangene als wiederumb zukuͤnfftig vor/
ſo dann entſtehen erſtlich Gemuͤths-Bewegun-
gen/ die ſich nach dieſen zukuͤnfftigen oder von
demſelben neigen/ nemlich nach Gelegenheit der
Umbſtaͤnde Hoffnung/ Furcht/ Verlangen/ Ver-
zweiffelung/ u. ſ. w.

40. Eine faſt gleiche Bewandniß hat es mit
dem zukuͤnfftigen. Denn ſo ferne der Menſch
ſolches als zukuͤnfftig betrachtet/ werden da-
durch jetzt beſagte Gemuͤths-Bewegungen rege
gemacht; Wenn er aber das Zukuͤnfftige ſich als
allbereit gegenwaͤrtig
vorſtellet/ ruhet die See-
le gleichſam darinnen/ und freuet ſich oder iſt be-
truͤbet.

41. Wolteſtu nun gleich ſagen/ daß man
gleichwohl an der Verzweiffelung ein Exempel
eines Affects geben koͤnte/ der nicht gegen das
zukuͤnftige
ſich bewegte/ weil ich in der Verzweif-
felung mir zuweilen ein vergangenes und verlohr-
nes gute vorſtellete/ daß ich nim̃er wieder kriegen
kan; So iſt doch dieſes leicht zu beantworten. Du
betriegeſt dich. Die Verzweiffelung iſt allezeit
ein Verlangen das uͤbel loß zu werden/ das al-
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ſchon im beſagten Fall durch die Betrachtung des

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[90/0102] Das 3. H. wie die Gemuͤths Neig. des durch die Endſchafft deſſelben entſtandenen gegenwaͤrtigen Guten Freude/ und im Gegentheil erwecken die Gedancken des vergangenen Guten/ und des durch deſſen Endigung erfolgten gegen- waͤrtigen uͤbels Betruͤbniß; oder aber er ſtellet ſich das vergangene als wiederumb zukuͤnfftig vor/ ſo dann entſtehen erſtlich Gemuͤths-Bewegun- gen/ die ſich nach dieſen zukuͤnfftigen oder von demſelben neigen/ nemlich nach Gelegenheit der Umbſtaͤnde Hoffnung/ Furcht/ Verlangen/ Ver- zweiffelung/ u. ſ. w. 40. Eine faſt gleiche Bewandniß hat es mit dem zukuͤnfftigen. Denn ſo ferne der Menſch ſolches als zukuͤnfftig betrachtet/ werden da- durch jetzt beſagte Gemuͤths-Bewegungen rege gemacht; Wenn er aber das Zukuͤnfftige ſich als allbereit gegenwaͤrtig vorſtellet/ ruhet die See- le gleichſam darinnen/ und freuet ſich oder iſt be- truͤbet. 41. Wolteſtu nun gleich ſagen/ daß man gleichwohl an der Verzweiffelung ein Exempel eines Affects geben koͤnte/ der nicht gegen das zukuͤnftige ſich bewegte/ weil ich in der Verzweif- felung mir zuweilen ein vergangenes und verlohr- nes gute vorſtellete/ daß ich nim̃er wieder kriegen kan; So iſt doch dieſes leicht zu beantworten. Du betriegeſt dich. Die Verzweiffelung iſt allezeit ein Verlangen das uͤbel loß zu werden/ das al- lezeit kuͤnftig zu ſeyn geglaubet wird; und weñ ſchon im beſagten Fall durch die Betrachtung des ver-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/102>, abgerufen am 22.11.2024.