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Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.

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Unser Herr
&q;ists möglich: so gehe dieser Kelch von mir vor-
&q;über, doch nicht, wie ich will: sondern, wie du
&q;willt," so betete der Gottmensch, wie die,
ihm ganz fremde Empfindung des Todes durch
alle seine Adern drang, und Todesschweiß ihm
abnöthigte. Und so zeigte er sich hier, auch in
seiner tiefsten Erniedrigung, als den Erhabnen,
der die Menschen mit dem Erhabensten reden, der
uns beten gelehrt hat.

Das ist das innerlich Göttliche des Se-
lenleidens Jesu: doch auch im Aeusserlichen
offenbarte sich das übermenschlich Hohe seiner,
izt aufs tiefste erniedrigten, Person. Nach sei-
nem andren Gebet erschien ihm ein Engel vom
Himmel, und stärkte ihn. Er hatte nicht die
Erscheinung eines Engels; Er fühlte sich nicht
durch diese Einbildung gestärkt; das konnte
wohl überall nicht, und hier am wenigsten der
Fall bei ihm sein, sondern ein Engel erschien
ihm, und brachte ihm Stärkung vom Himmel,
wie und wodurch? das bleibt wohl uns irdischen
Menschen ein Geheimnis, und es sei es so lange,
bis wir gleich sind den Engeln. Ein Engel ver-
kündigte der Mutter Jesu, und ihrem Verlobten
die Geburt des Herrn, Engel feierten die Mensch-
werdung des Sohnes Gottes, Engel traten zu
ihm und dienten ihm, wie ihn, nach vierzigtägi-
gem Fasten, und eiuer dreimaligen Versuchung,
Satan auf der Höh eines Berges verließ, und
ein Engel stärkte ihn, wie er am Fuße des Oel-
bergs mit dem Tode rang. Und nun ist er, der
Schöpfer des Himmels, und der Herr aller Heere

dessel-

Unſer Herr
&q;iſts möglich: ſo gehe dieſer Kelch von mir vor-
&q;über, doch nicht, wie ich will: ſondern, wie du
&q;willt,” ſo betete der Gottmenſch, wie die,
ihm ganz fremde Empfindung des Todes durch
alle ſeine Adern drang, und Todesſchweiß ihm
abnöthigte. Und ſo zeigte er ſich hier, auch in
ſeiner tiefſten Erniedrigung, als den Erhabnen,
der die Menſchen mit dem Erhabenſten reden, der
uns beten gelehrt hat.

Das iſt das innerlich Göttliche des Se-
lenleidens Jeſu: doch auch im Aeuſſerlichen
offenbarte ſich das übermenſchlich Hohe ſeiner,
izt aufs tiefſte erniedrigten, Perſon. Nach ſei-
nem andren Gebet erſchien ihm ein Engel vom
Himmel, und ſtärkte ihn. Er hatte nicht die
Erſcheinung eines Engels; Er fühlte ſich nicht
durch dieſe Einbildung geſtärkt; das konnte
wohl überall nicht, und hier am wenigſten der
Fall bei ihm ſein, ſondern ein Engel erſchien
ihm, und brachte ihm Stärkung vom Himmel,
wie und wodurch? das bleibt wohl uns irdiſchen
Menſchen ein Geheimnis, und es ſei es ſo lange,
bis wir gleich ſind den Engeln. Ein Engel ver-
kündigte der Mutter Jeſu, und ihrem Verlobten
die Geburt des Herrn, Engel feierten die Menſch-
werdung des Sohnes Gottes, Engel traten zu
ihm und dienten ihm, wie ihn, nach vierzigtägi-
gem Faſten, und eiuer dreimaligen Verſuchung,
Satan auf der Höh eines Berges verließ, und
ein Engel ſtärkte ihn, wie er am Fuße des Oel-
bergs mit dem Tode rang. Und nun iſt er, der
Schöpfer des Himmels, und der Herr aller Heere

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[44/0058] Unſer Herr &q;iſts möglich: ſo gehe dieſer Kelch von mir vor- &q;über, doch nicht, wie ich will: ſondern, wie du &q;willt,” ſo betete der Gottmenſch, wie die, ihm ganz fremde Empfindung des Todes durch alle ſeine Adern drang, und Todesſchweiß ihm abnöthigte. Und ſo zeigte er ſich hier, auch in ſeiner tiefſten Erniedrigung, als den Erhabnen, der die Menſchen mit dem Erhabenſten reden, der uns beten gelehrt hat. Das iſt das innerlich Göttliche des Se- lenleidens Jeſu: doch auch im Aeuſſerlichen offenbarte ſich das übermenſchlich Hohe ſeiner, izt aufs tiefſte erniedrigten, Perſon. Nach ſei- nem andren Gebet erſchien ihm ein Engel vom Himmel, und ſtärkte ihn. Er hatte nicht die Erſcheinung eines Engels; Er fühlte ſich nicht durch dieſe Einbildung geſtärkt; das konnte wohl überall nicht, und hier am wenigſten der Fall bei ihm ſein, ſondern ein Engel erſchien ihm, und brachte ihm Stärkung vom Himmel, wie und wodurch? das bleibt wohl uns irdiſchen Menſchen ein Geheimnis, und es ſei es ſo lange, bis wir gleich ſind den Engeln. Ein Engel ver- kündigte der Mutter Jeſu, und ihrem Verlobten die Geburt des Herrn, Engel feierten die Menſch- werdung des Sohnes Gottes, Engel traten zu ihm und dienten ihm, wie ihn, nach vierzigtägi- gem Faſten, und eiuer dreimaligen Verſuchung, Satan auf der Höh eines Berges verließ, und ein Engel ſtärkte ihn, wie er am Fuße des Oel- bergs mit dem Tode rang. Und nun iſt er, der Schöpfer des Himmels, und der Herr aller Heere deſſel-

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Zitationshilfe: Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/58>, abgerufen am 24.11.2024.