Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.am Abend seines Auferstehungstags. Grab, was fürcht ich dann dein Grauen, Tod, was bist du schreklich mir, gern will ich mich dir vertrauen, nur den Leib vertrau ich dir, und auch den wird Christus wekken, Er, der selbst des Todes Schrekken, und des Lebens Lust empfand, Er, der starb, und auferstand! Nein, nun fürcht ich nicht dein Grauen, Tod, du bist nicht schreklich mir. Meine Seel wird dich nicht schauen, nur den Leib vertrau ich dir, und auch den wird Christus wekken, also kannst du mich nicht schrekken, Bote, mir von Gott gesandt, willig reich ich dir die Hand! Nein, ich fühle nicht dein Grauen, du bist nicht mehr schreklich mir, ich gelang durch dich zum Schauen, nur im Dunkeln tapp ich hier, ahnde noch im Kinderstande, schmachte im Gefühl der Bande, und die Bande lösest du, und bringst meinen Geist zur Ruh. Stille
am Abend ſeines Auferſtehungstags. Grab, was fürcht ich dann dein Grauen, Tod, was biſt du ſchreklich mir, gern will ich mich dir vertrauen, nur den Leib vertrau ich dir, und auch den wird Chriſtus wekken, Er, der ſelbſt des Todes Schrekken, und des Lebens Luſt empfand, Er, der ſtarb, und auferſtand! Nein, nun fürcht ich nicht dein Grauen, Tod, du biſt nicht ſchreklich mir. Meine Seel wird dich nicht ſchauen, nur den Leib vertrau ich dir, und auch den wird Chriſtus wekken, alſo kannſt du mich nicht ſchrekken, Bote, mir von Gott geſandt, willig reich ich dir die Hand! Nein, ich fühle nicht dein Grauen, du biſt nicht mehr ſchreklich mir, ich gelang durch dich zum Schauen, nur im Dunkeln tapp ich hier, ahnde noch im Kinderſtande, ſchmachte im Gefühl der Bande, und die Bande löſeſt du, und bringſt meinen Geiſt zur Ruh. Stille
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am Abend ſeines Auferſtehungstags.
Grab, was fürcht ich dann dein Grauen,
Tod, was biſt du ſchreklich mir,
gern will ich mich dir vertrauen,
nur den Leib vertrau ich dir,
und auch den wird Chriſtus wekken,
Er, der ſelbſt des Todes Schrekken,
und des Lebens Luſt empfand,
Er, der ſtarb, und auferſtand!
Nein, nun fürcht ich nicht dein Grauen,
Tod, du biſt nicht ſchreklich mir.
Meine Seel wird dich nicht ſchauen,
nur den Leib vertrau ich dir,
und auch den wird Chriſtus wekken,
alſo kannſt du mich nicht ſchrekken,
Bote, mir von Gott geſandt,
willig reich ich dir die Hand!
Nein, ich fühle nicht dein Grauen,
du biſt nicht mehr ſchreklich mir,
ich gelang durch dich zum Schauen,
nur im Dunkeln tapp ich hier,
ahnde noch im Kinderſtande,
ſchmachte im Gefühl der Bande,
und die Bande löſeſt du,
und bringſt meinen Geiſt zur Ruh.
Stille
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Zitationshilfe: | Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/173>, abgerufen am 22.07.2024. |