Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.im Grabe und in der Hölle. und der Liebe, in den Blikken, womit sie sich ein-ander begegneten, in der Thräne, die in diesem Blik herabhing, auf der, in stummer Andacht erröthenden, Wange, über welche diese Thräne herabschlich! O daß nur Ein solches Auge über meinem Grabe wachte; o daß nur Eine solche Thräne an ihm verweint würde! Wie wollt ich auch dafür dein, Vater des Lichts! im finstern Thale des Todes gedenken; wie wollt ich auch dafür dir im stillen Grabe danken! Am andern Morgen versammelten sich Ober- Grab H 4
im Grabe und in der Hölle. und der Liebe, in den Blikken, womit ſie ſich ein-ander begegneten, in der Thräne, die in dieſem Blik herabhing, auf der, in ſtummer Andacht erröthenden, Wange, über welche dieſe Thräne herabſchlich! O daß nur Ein ſolches Auge über meinem Grabe wachte; o daß nur Eine ſolche Thräne an ihm verweint würde! Wie wollt ich auch dafür dein, Vater des Lichts! im finſtern Thale des Todes gedenken; wie wollt ich auch dafür dir im ſtillen Grabe danken! Am andern Morgen verſammelten ſich Ober- Grab H 4
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im Grabe und in der Hölle.
und der Liebe, in den Blikken, womit ſie ſich ein-
ander begegneten, in der Thräne, die in dieſem
Blik herabhing, auf der, in ſtummer Andacht
erröthenden, Wange, über welche dieſe Thräne
herabſchlich! O daß nur Ein ſolches Auge über
meinem Grabe wachte; o daß nur Eine ſolche
Thräne an ihm verweint würde! Wie wollt ich
auch dafür dein, Vater des Lichts! im finſtern
Thale des Todes gedenken; wie wollt ich auch
dafür dir im ſtillen Grabe danken!
Am andern Morgen verſammelten ſich Ober-
prieſter und Phariſäer wieder bei dem Statthal-
ter. Sie hatten ſo lange mit einander gerath-
ſchlagt, bis ſie Jeſum ums Leben, und zwar auf
die ſchreklichſte, pein- und ſchmachvollſte Art ums
Leben gebracht hatten. Noch war ihres Rath-
ſchlagens über ihn kein Ende, auch im Grabe
hatte Jeſus vor ihnen keine Ruhe, auch ſein Grab,
oder vielmehr das Grab ſeines Freundes, und
ihres Amtsgenoſſen, das ſelbſt der Statthalter
ſeinem Leichname eingeräumt hatte, konnten und
und wollten ſie nicht ruhen, nicht den Joſeph, nicht
den Statthalter darüber zufrieden laſſen. Dem
Joſeph wollten ſie ſein Eigenthum ſo beeinträch-
tigen, daß es ihm nicht härter fallen könnte,
wenns ihm wäre geraubt worden; von dem
Statthalter wollten ſie ſich eine Erlaubnis aus-
würken, die ſo gut wäre, wie ein förmlicher Wi-
derruf deſſen, was er dem Joſeph eingeräumt
hatte. Alle, dem Leichnam Jeſu von ſeinen Freun-
den noch zugedachten, Ehrenbezeugungen wollten
ſie vereiteln. Bewacht ſollte ſein Leichnam, ſein
Grab
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