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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben
derische Hand hat uns den unerschrockensten Ver-
theidiger der Nation genommen, der ganz für
die Sache der Freiheit lebte. Unsre Blicke su-
chen ihn noch hier unter Euch, Repräsentanten
des Volks. O! schrecklicher Anblick! er liegt auf
einer Bahre. Wo bist du, David? Du hast der
Nachwelt das Bild Lepelletiers übergeben, der
für das Vaterland starb. Es bleibt Dir noch
ein Gemälde übrig --"

"Ja, ich werde es liefern," sprach David
mit gerührter Stimme.

Der Convent erklärte hierauf, daß alle
Mitglieder der Leiche Marats beiwohnen sollten,
und David wurde zum Commissair ernannt, um
das Leichenbegängniß anzuordnen.

Den 17ten Juli sagte er zur Versamm-
lung:

"Kraft Eures Decrets soll die sterbliche
Hülle Marats heute Abend um fünf Uhr, un-
ter den Bäumen, wo er seine Mitbürger zu un-
terweisen pflegte, bestattet werden. Einfach soll
sein Grabmal seyn, wie es sich für einen unbe-
stechlichen Republicaner ziemt, der in einer eh-
renvollen Dürftigkeit starb. Aus einem Keller-

Leben
deriſche Hand hat uns den unerſchrockenſten Ver-
theidiger der Nation genommen, der ganz fuͤr
die Sache der Freiheit lebte. Unſre Blicke ſu-
chen ihn noch hier unter Euch, Repraͤſentanten
des Volks. O! ſchrecklicher Anblick! er liegt auf
einer Bahre. Wo biſt du, David? Du haſt der
Nachwelt das Bild Lepelletiers uͤbergeben, der
fuͤr das Vaterland ſtarb. Es bleibt Dir noch
ein Gemaͤlde uͤbrig —“

„Ja, ich werde es liefern,“ ſprach David
mit geruͤhrter Stimme.

Der Convent erklaͤrte hierauf, daß alle
Mitglieder der Leiche Marats beiwohnen ſollten,
und David wurde zum Commiſſair ernannt, um
das Leichenbegaͤngniß anzuordnen.

Den 17ten Juli ſagte er zur Verſamm-
lung:

„Kraft Eures Decrets ſoll die ſterbliche
Huͤlle Marats heute Abend um fuͤnf Uhr, un-
ter den Baͤumen, wo er ſeine Mitbuͤrger zu un-
terweiſen pflegte, beſtattet werden. Einfach ſoll
ſein Grabmal ſeyn, wie es ſich fuͤr einen unbe-
ſtechlichen Republicaner ziemt, der in einer eh-
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[70/0084] Leben deriſche Hand hat uns den unerſchrockenſten Ver- theidiger der Nation genommen, der ganz fuͤr die Sache der Freiheit lebte. Unſre Blicke ſu- chen ihn noch hier unter Euch, Repraͤſentanten des Volks. O! ſchrecklicher Anblick! er liegt auf einer Bahre. Wo biſt du, David? Du haſt der Nachwelt das Bild Lepelletiers uͤbergeben, der fuͤr das Vaterland ſtarb. Es bleibt Dir noch ein Gemaͤlde uͤbrig —“ „Ja, ich werde es liefern,“ ſprach David mit geruͤhrter Stimme. Der Convent erklaͤrte hierauf, daß alle Mitglieder der Leiche Marats beiwohnen ſollten, und David wurde zum Commiſſair ernannt, um das Leichenbegaͤngniß anzuordnen. Den 17ten Juli ſagte er zur Verſamm- lung: „Kraft Eures Decrets ſoll die ſterbliche Huͤlle Marats heute Abend um fuͤnf Uhr, un- ter den Baͤumen, wo er ſeine Mitbuͤrger zu un- terweiſen pflegte, beſtattet werden. Einfach ſoll ſein Grabmal ſeyn, wie es ſich fuͤr einen unbe- ſtechlichen Republicaner ziemt, der in einer eh- renvollen Duͤrftigkeit ſtarb. Aus einem Keller-

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/84>, abgerufen am 24.11.2024.