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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben
den, der uns so lange unterdrückte, zum Tode
zu verurtheilen; denn bei der geringsten Erschüt-
terung, wenn dieses Haar zerriß, wurden sie
alle hingerichtet. Seht ihr diese tiefe Wunde?
-- Jhr weint, meine Kinder, ihr wendet eure
Blicke ab? Aber betrachtet auch diesen Kranz,
es ist der Kranz der Unsterblichkeit. Das Va-
terland bewahrt ihn für jeden seiner Söhne auf.
Sucht ihn zu verdienen, die Gelegenheit dazu
kann großen Seelen nicht fehlen. Wenn der-
einst ein Ehrgeiziger nach der Dictatur, dem Tri-
bunat oder sonstiger Gewalt strebt, so kämpft
und fallt, wie Michael Lepelletier, ehe ihr darein
williget, dann wird der Kranz der Unsterblich-
keit euer Lohn seyn."

"Jch bitte daher den Convent, die Huldi-
gung meines schwachen Talents anzunehmen,
und ich werde mich überschwenglich belohnt ach-
ten, wenn es dieselbe nicht verschmäht."

Lauter Beifall ertönte auf diese Rede und
Davids Geschenk wurde angenommen.

Der Bürger Sergent trug darauf an, die-
ses Gemälde zur Vertheilung an die Völker,
welche den Schutz und die Bruderliebe der fran-

Leben
den, der uns ſo lange unterdruͤckte, zum Tode
zu verurtheilen; denn bei der geringſten Erſchuͤt-
terung, wenn dieſes Haar zerriß, wurden ſie
alle hingerichtet. Seht ihr dieſe tiefe Wunde?
— Jhr weint, meine Kinder, ihr wendet eure
Blicke ab? Aber betrachtet auch dieſen Kranz,
es iſt der Kranz der Unſterblichkeit. Das Va-
terland bewahrt ihn fuͤr jeden ſeiner Soͤhne auf.
Sucht ihn zu verdienen, die Gelegenheit dazu
kann großen Seelen nicht fehlen. Wenn der-
einſt ein Ehrgeiziger nach der Dictatur, dem Tri-
bunat oder ſonſtiger Gewalt ſtrebt, ſo kaͤmpft
und fallt, wie Michael Lepelletier, ehe ihr darein
williget, dann wird der Kranz der Unſterblich-
keit euer Lohn ſeyn.“

„Jch bitte daher den Convent, die Huldi-
gung meines ſchwachen Talents anzunehmen,
und ich werde mich uͤberſchwenglich belohnt ach-
ten, wenn es dieſelbe nicht verſchmaͤht.“

Lauter Beifall ertoͤnte auf dieſe Rede und
Davids Geſchenk wurde angenommen.

Der Buͤrger Sergent trug darauf an, die-
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[60/0074] Leben den, der uns ſo lange unterdruͤckte, zum Tode zu verurtheilen; denn bei der geringſten Erſchuͤt- terung, wenn dieſes Haar zerriß, wurden ſie alle hingerichtet. Seht ihr dieſe tiefe Wunde? — Jhr weint, meine Kinder, ihr wendet eure Blicke ab? Aber betrachtet auch dieſen Kranz, es iſt der Kranz der Unſterblichkeit. Das Va- terland bewahrt ihn fuͤr jeden ſeiner Soͤhne auf. Sucht ihn zu verdienen, die Gelegenheit dazu kann großen Seelen nicht fehlen. Wenn der- einſt ein Ehrgeiziger nach der Dictatur, dem Tri- bunat oder ſonſtiger Gewalt ſtrebt, ſo kaͤmpft und fallt, wie Michael Lepelletier, ehe ihr darein williget, dann wird der Kranz der Unſterblich- keit euer Lohn ſeyn.“ „Jch bitte daher den Convent, die Huldi- gung meines ſchwachen Talents anzunehmen, und ich werde mich uͤberſchwenglich belohnt ach- ten, wenn es dieſelbe nicht verſchmaͤht.“ Lauter Beifall ertoͤnte auf dieſe Rede und Davids Geſchenk wurde angenommen. Der Buͤrger Sergent trug darauf an, die- ſes Gemaͤlde zur Vertheilung an die Voͤlker, welche den Schutz und die Bruderliebe der fran-

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/74>, abgerufen am 24.11.2024.