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Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827.

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Leben

Es ist bekannt, daß Napoleon, nachdem
er sich ein Jahr lang in seinem kleinen Reiche,
der Jnsel Elba, aufgehalten hatte, im Jahre
1815 nach Frankreich zurückkam, und seine
Krone wieder erlangte. Als er in Paris ange-
kommen war, wünschte er das Gemälde des
"Leonidas zu Thermopylä," wovon er viel
gehört, zu sehen, wiewohl er den Gegenstand
getadelt hatte. Er ging daher zu David.

"Jch kenne es, ohne es gesehn zu haben,"
sagte er zu ihm, "denn ich habe sehr viel Rüh-
mens davon machen hören."

Er erwartete den Angriff der Perser und
die Vertheidigung der stolzen Republicaner Lace-
dämons dargestellt zu sehen; aber dies Gemälde
enthielt nur die Vorbereitungsscene zum Kampf.
Napoleon suchte, von seiner ersten Jdee erfüllt,
das Schlachtgewühl selbst, aber vergebens. Da-
vid ließ sich nun auf die Entwickelung seines
Gegenstandes ein. Napoleon bezeigte seine Zu-
friedenheit darüber und sagte vor dem Weg-
gehen:

"David! Fahren Sie fort, Frankreich durch
Jhre Werke zu verherrlichen. Jch hoffe, daß

Leben

Es iſt bekannt, daß Napoleon, nachdem
er ſich ein Jahr lang in ſeinem kleinen Reiche,
der Jnſel Elba, aufgehalten hatte, im Jahre
1815 nach Frankreich zuruͤckkam, und ſeine
Krone wieder erlangte. Als er in Paris ange-
kommen war, wuͤnſchte er das Gemaͤlde des
Leonidas zu Thermopylaͤ,“ wovon er viel
gehoͤrt, zu ſehen, wiewohl er den Gegenſtand
getadelt hatte. Er ging daher zu David.

„Jch kenne es, ohne es geſehn zu haben,“
ſagte er zu ihm, „denn ich habe ſehr viel Ruͤh-
mens davon machen hoͤren.“

Er erwartete den Angriff der Perſer und
die Vertheidigung der ſtolzen Republicaner Lace-
daͤmons dargeſtellt zu ſehen; aber dies Gemaͤlde
enthielt nur die Vorbereitungsſcene zum Kampf.
Napoleon ſuchte, von ſeiner erſten Jdee erfuͤllt,
das Schlachtgewuͤhl ſelbſt, aber vergebens. Da-
vid ließ ſich nun auf die Entwickelung ſeines
Gegenſtandes ein. Napoleon bezeigte ſeine Zu-
friedenheit daruͤber und ſagte vor dem Weg-
gehen:

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Jhre Werke zu verherrlichen. Jch hoffe, daß

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[144/0158] Leben Es iſt bekannt, daß Napoleon, nachdem er ſich ein Jahr lang in ſeinem kleinen Reiche, der Jnſel Elba, aufgehalten hatte, im Jahre 1815 nach Frankreich zuruͤckkam, und ſeine Krone wieder erlangte. Als er in Paris ange- kommen war, wuͤnſchte er das Gemaͤlde des „Leonidas zu Thermopylaͤ,“ wovon er viel gehoͤrt, zu ſehen, wiewohl er den Gegenſtand getadelt hatte. Er ging daher zu David. „Jch kenne es, ohne es geſehn zu haben,“ ſagte er zu ihm, „denn ich habe ſehr viel Ruͤh- mens davon machen hoͤren.“ Er erwartete den Angriff der Perſer und die Vertheidigung der ſtolzen Republicaner Lace- daͤmons dargeſtellt zu ſehen; aber dies Gemaͤlde enthielt nur die Vorbereitungsſcene zum Kampf. Napoleon ſuchte, von ſeiner erſten Jdee erfuͤllt, das Schlachtgewuͤhl ſelbſt, aber vergebens. Da- vid ließ ſich nun auf die Entwickelung ſeines Gegenſtandes ein. Napoleon bezeigte ſeine Zu- friedenheit daruͤber und ſagte vor dem Weg- gehen: „David! Fahren Sie fort, Frankreich durch Jhre Werke zu verherrlichen. Jch hoffe, daß

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Zitationshilfe: Thomé de Gamond, Louis-Joseph-Aimé: Leben Davids, ersten Malers Napoleons. Übers. v. E. S. Leipzig u. a., 1827, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiers_david_1827/158>, abgerufen am 26.11.2024.