bei den jetzigen Verhältnissen unseres Staats weit weniger darauf an, daß von einer Ackerflä- che ein größeres Produkt gewonnen werde, als darauf, daß dieselben arbeitenden Kräfte ein grö- ßeres hervorbringen. Ein Landbau, wie in Bra- bant, in einigen andern Rheingegenden, in der Pfalz, dem Würtenbergischen, ist nicht der, wel- cher vorerst für uns paßt. Denn wenn in den Marken, Preußen und Pommern, ein Morgen nach Brabantischer Weise angebauet werden sollte, so müssen 10 bis 20 Morgen dafür wüst liegen, weil jener diesen Arbeit und Kapital entzöge. Daher ist uns, wenn wir zum höhern Landbau übergehen wollen, der englische weit ehe erreich- bar wie der Brabantische. Denn der Englische erfordert zur Erzielung desselben Produkts die wenigste Arbeit von allen; wie daraus erhellet, daß in England nur ein Drittheil der erwachse- nen Menschen mit dem Ackerbau beschäftigt ist, also Einer für Drei Lebensmittel hervorbringt; wogegen in andern Ländern vier Fünftheil und mehr sich mit dem Ackerbau beschäftigen. Ein Arbeit-ersparendes Ackersystem -- keinesweges ein durch hohe aber theuer erkaufte Produktion glänzendes -- ist also die Aufgabe, die eine Mu- sterwirthschaft für unsere Verhältnisse zu lösen
bei den jetzigen Verhaͤltniſſen unſeres Staats weit weniger darauf an, daß von einer Ackerflaͤ- che ein groͤßeres Produkt gewonnen werde, als darauf, daß dieſelben arbeitenden Kraͤfte ein groͤ- ßeres hervorbringen. Ein Landbau, wie in Bra- bant, in einigen andern Rheingegenden, in der Pfalz, dem Wuͤrtenbergiſchen, iſt nicht der, wel- cher vorerſt fuͤr uns paßt. Denn wenn in den Marken, Preußen und Pommern, ein Morgen nach Brabantiſcher Weiſe angebauet werden ſollte, ſo muͤſſen 10 bis 20 Morgen dafuͤr wuͤſt liegen, weil jener dieſen Arbeit und Kapital entzoͤge. Daher iſt uns, wenn wir zum hoͤhern Landbau uͤbergehen wollen, der engliſche weit ehe erreich- bar wie der Brabantiſche. Denn der Engliſche erfordert zur Erzielung deſſelben Produkts die wenigſte Arbeit von allen; wie daraus erhellet, daß in England nur ein Drittheil der erwachſe- nen Menſchen mit dem Ackerbau beſchaͤftigt iſt, alſo Einer fuͤr Drei Lebensmittel hervorbringt; wogegen in andern Laͤndern vier Fuͤnftheil und mehr ſich mit dem Ackerbau beſchaͤftigen. Ein Arbeit-erſparendes Ackerſyſtem — keinesweges ein durch hohe aber theuer erkaufte Produktion glaͤnzendes — iſt alſo die Aufgabe, die eine Mu- ſterwirthſchaft fuͤr unſere Verhaͤltniſſe zu loͤſen
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bei den jetzigen Verhaͤltniſſen unſeres Staats
weit weniger darauf an, daß von einer Ackerflaͤ-
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darauf, daß dieſelben arbeitenden Kraͤfte ein groͤ-
ßeres hervorbringen. Ein Landbau, wie in Bra-
bant, in einigen andern Rheingegenden, in der
Pfalz, dem Wuͤrtenbergiſchen, iſt nicht der, wel-
cher vorerſt fuͤr uns paßt. Denn wenn in den
Marken, Preußen und Pommern, ein Morgen
nach Brabantiſcher Weiſe angebauet werden ſollte,
ſo muͤſſen 10 bis 20 Morgen dafuͤr wuͤſt liegen,
weil jener dieſen Arbeit und Kapital entzoͤge.
Daher iſt uns, wenn wir zum hoͤhern Landbau
uͤbergehen wollen, der engliſche weit ehe erreich-
bar wie der Brabantiſche. Denn der Engliſche
erfordert zur Erzielung deſſelben Produkts die
wenigſte Arbeit von allen; wie daraus erhellet,
daß in England nur ein Drittheil der erwachſe-
nen Menſchen mit dem Ackerbau beſchaͤftigt iſt,
alſo Einer fuͤr Drei Lebensmittel hervorbringt;
wogegen in andern Laͤndern vier Fuͤnftheil und
mehr ſich mit dem Ackerbau beſchaͤftigen. Ein
Arbeit-erſparendes Ackerſyſtem — keinesweges
ein durch hohe aber theuer erkaufte Produktion
glaͤnzendes — iſt alſo die Aufgabe, die eine Mu-
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Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_moeglin_1815/59>, abgerufen am 04.12.2024.
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