Dazu kommt, ich muß es gestehen, daß ich eine Abneigung gegen Branntwein aus meinem medizinischen Stande mit herüber gebracht habe, und ich kann noch keine Branntwein-Brennerei sehen, ohne einen gewissen Schauder zu empfin- den; ohnerachtet ich mich überzeugt habe, daß es mit dem Branntwein nicht so schlimm sey, und daß er auch sein Gutes habe; daß auf al- len Fall der einzelne Branntwein-Brenner sich keinen Vorwurf über das Unheil zu machen brau- che, was dadurch angerichtet wird.
Auch hätte es leicht seyn können, daß ich dem dringenden Wunsche meines sel. Freundes Einhof nachgegeben hätte, der alle die neueren, nachher bewährt gefundenen Verbesserungen, be- sonders hinsichtlich der Kartoffeln-Brennerei, schon erkannte und lehrte, und sie hier praktisch ins Werk zu richten und somit für die Kunst zu wirken strebte; wenn nicht die damalige Beschrän- kung des Absatzes ein Gegengrund gewesen wäre. Ich hätte den Branntwein nur in die Städte mittelst Zahlung der Thoraccise verkaufen kön- nen. Nachdem dieses Hinderniß durch die proclamirte Gewerbe-Freiheit gehoben war, lebte Einhof nicht mehr, auch waren nun die Verbesserungen bekannter und in mehreren berlinischen Brannt-
Dazu kommt, ich muß es geſtehen, daß ich eine Abneigung gegen Branntwein aus meinem mediziniſchen Stande mit heruͤber gebracht habe, und ich kann noch keine Branntwein-Brennerei ſehen, ohne einen gewiſſen Schauder zu empfin- den; ohnerachtet ich mich uͤberzeugt habe, daß es mit dem Branntwein nicht ſo ſchlimm ſey, und daß er auch ſein Gutes habe; daß auf al- len Fall der einzelne Branntwein-Brenner ſich keinen Vorwurf uͤber das Unheil zu machen brau- che, was dadurch angerichtet wird.
Auch haͤtte es leicht ſeyn koͤnnen, daß ich dem dringenden Wunſche meines ſel. Freundes Einhof nachgegeben haͤtte, der alle die neueren, nachher bewaͤhrt gefundenen Verbeſſerungen, be- ſonders hinſichtlich der Kartoffeln-Brennerei, ſchon erkannte und lehrte, und ſie hier praktiſch ins Werk zu richten und ſomit fuͤr die Kunſt zu wirken ſtrebte; wenn nicht die damalige Beſchraͤn- kung des Abſatzes ein Gegengrund geweſen waͤre. Ich haͤtte den Branntwein nur in die Staͤdte mittelſt Zahlung der Thoracciſe verkaufen koͤn- nen. Nachdem dieſes Hinderniß durch die proclamirte Gewerbe-Freiheit gehoben war, lebte Einhof nicht mehr, auch waren nun die Verbeſſerungen bekannter und in mehreren berliniſchen Brannt-
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Dazu kommt, ich muß es geſtehen, daß ich
eine Abneigung gegen Branntwein aus meinem
mediziniſchen Stande mit heruͤber gebracht habe,
und ich kann noch keine Branntwein-Brennerei
ſehen, ohne einen gewiſſen Schauder zu empfin-
den; ohnerachtet ich mich uͤberzeugt habe, daß
es mit dem Branntwein nicht ſo ſchlimm ſey,
und daß er auch ſein Gutes habe; daß auf al-
len Fall der einzelne Branntwein-Brenner ſich
keinen Vorwurf uͤber das Unheil zu machen brau-
che, was dadurch angerichtet wird.
Auch haͤtte es leicht ſeyn koͤnnen, daß ich
dem dringenden Wunſche meines ſel. Freundes
Einhof nachgegeben haͤtte, der alle die neueren,
nachher bewaͤhrt gefundenen Verbeſſerungen, be-
ſonders hinſichtlich der Kartoffeln-Brennerei,
ſchon erkannte und lehrte, und ſie hier praktiſch
ins Werk zu richten und ſomit fuͤr die Kunſt zu
wirken ſtrebte; wenn nicht die damalige Beſchraͤn-
kung des Abſatzes ein Gegengrund geweſen waͤre.
Ich haͤtte den Branntwein nur in die Staͤdte
mittelſt Zahlung der Thoracciſe verkaufen koͤn-
nen. Nachdem dieſes Hinderniß durch die proclamirte
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nicht mehr, auch waren nun die Verbeſſerungen
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Thaer, Albrecht: Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglin. Berlin, 1815, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_moeglin_1815/350>, abgerufen am 24.11.2024.
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